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Antike

Bar-Kochba

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Bar-Kochba

Bar-Kochba, das bekannte Haupt eines jüdischen Aufstandes unter dem römischen Kaiser Hadrian. Nachdem die Versuche der Juden, für die Zerstörung ihres Tempels und ihrer Selbständigkeit Rache zu nehmen, unter Trajan blutig zurückgewiesen waren, glaubten sie unter dem wohlwollenden und in Selbsttäuschung befangenen Hadrian die günstige Gelegenheit gefunden zu haben, um ihre bürgerliche und religiöse Selbständigkeit wieder zu gewinnen.

Anführer des jüdischen Aufstandes gegen die Römer

Während der arglose Kaiser noch an der Wiederherstellung Jerusalems arbeitete, ward die Fahne des Aufruhrs um 132 n. Chr. in den klüftereichen Bergen Judäas erhoben, wo die Juden im Stillen längst sich befestigt und durch unterirdische Gänge eine Verbindung zwischen den Hauptpunkten hergestellt hatten. An die Spitze der Empörung trat ein bis dahin ganz unbekannter Mann, dessen Namen die jüdischen Quellen nur in der Form Bar-Kosiba kennen (Grätz, Gesch. der Juden, 2. Aufl., IV, 150; wohl s. v. a. von Cesib, wie mehrere Orte hießen).

Es war eine gewaltige Gestalt von mächtiger Körperkraft und Energie, die sich unwiderstehlich zum Mittelpunkt der Empörung aufwarf, und deren Erscheinung den einflussreichen Rabbi Akiba, als er ihrer zuerst ansichtig wurde, zu dem Wort hinriss: „Dies ist der König Messias, der Stern, der über Jakob aufgegangen“ (Num. 24, 17). (Siehe den Beitrag: Bar-Kochbas und der Rabbi Akiba)

So hieß er nun Bar-Kochba, der Sternensohn; aber als seine und Akibas Erwartung vereitelt war, blieb ihm der Name seiner Heimat als ominöses Appellativ: der Lügensohn. Schon von Anfang an glaubten weitersehende Männer, wie Rabbi Jochanan ben Torti, freilich nicht an seine übernatürliche Sendung; doch fand seine ausdauernde Tatkraft allgemeine Anerkennung und erweckte unter seinen Landsleuten weitgehende Hoffnungen.

Dass er Feuer (angezündetes Werg) gespien (Hieron, Apol. II. Adv. Rufin) zur Betörung der wundersüchtigen Menge, mögen wir bei der Glut der Begeisterung des Mannes, der all sein Streben, zuletzt sein Leben an die Verwirklichung eines Ideals setzte und eines ärmlichen Strohfeuers entbehren konnte, kaum glauben.

Der Erfolg der jüdischen Rebellion

Von den jüdischen Rebellen unter Bar-Kochba gehaltene Gebiete in blau.

Die allgemeine Bewegung, in welche selbst die stets feindlichen Samaritaner jetzt hineingerissen wurden, zu welcher aus allen Länder Juden herbeieilten (L. Jos. Samarit. c. 48; D. Cass. 69, 13) und der selbst zahlreiche des römischen Joches müde Heiden sich anschlossen, war wohl schon gegen Ende 132 im besten Gang, nachdem sie, durch geteilte Bestrebungen einzelner Bandenführer im Gebirge eingeleitet, gleich einer stetig wachsenden Überschwemmung immer weiteres Terrain gewonnen hatte.

Die Zahl der Streiter geben jüdische Quellen (Grätz a.a.O., 451) auf 400.000, der Heide Dio Cassius, eine Hauptquelle für jene Periode des Kaiserreiches, auf 580.000 an. Jüdische Symbolik bezeichnete die Strenge Bar-Kochbas in Auswahl und Prüfung seiner Krieger dadurch, dass sie sich erst hätten einen Finger zur Probe ihres Mutes abhauen müssen.

Der römische Statthalter Rufus zog sich mit seinen ungleichen Kräften zurück und ließ Judäa, das Mittelland und wohl den größten Teil von Galiläa ungedeckt, so dass die Aufständischen (D: Cass. 69, 14) bis 133 gegen 50 feste Plätze und beinahe 1000 Ortschaften in ihrer Gewalt hatten. Der Kaiser fühlte sich auf die ersten Nachrichten wenig beunruhigt, sandte dann aber Truppen auf Truppen und Führer auf Führer, um den Niederlagen zu wehren. Allein alles blieb ohne Erfolg, so dass er sich genötigt sah, seinen besten Feldherrn, Julius Severus, 134 aus dem fernen Britannien zu berufen.

Die Hoffnungen der siegreichen Juden auf Unabhängigkeit

Inzwischen stiegen die Hoffnungen des siegreichen Israel, das seine Zeit endlich gekommen glaubte. Bar-Kochba selbst soll im Übermut gebetet haben: Herr, wenn du uns nicht helfen willst, so hilf doch auch den Feinden nicht; alsdann werden wir nicht unterliegen.“

Münzprägung des Bar-Kochba-Aufstands

Münzprägung des Bar-Kochba-Aufstands, Vorderseite: Weintrauben, Inschrift: Jahr 1 der Erlösung Israels. Rückseite: Dattelpalme, Inschrift: El‘azar der Priester

Er ließ, als ob das Volk seine Unabhängigkeit wieder gewonnen hätte, jüdische Münzen prägen. Meist waren es ältere Kaisermünzen, auf deren römische Gepräge nun der jüdische Stempel kam; dieser zeigte in den sog. Phönizischen Buchstaben die Worte: „Simon“ (der Makkabäer) und „Zur Freiheit Jerusalems“ (lecherut Jerusch.) und als Emblem von Land und Volk eine Weintraube oder einen Palmzweig, auch zwei Trompeten (das Priestertum) oder eine Lyra, Loblieder auf Gott ausdrückend. Erst Bar-Kochba-Münzen genannt, hießen sie später im Talmud Rebellions-Münzen (Abbildungen derselben s. bei Levy, Gesch. der jüdischen Münzen, Breslau 1862, 105ff.)

Bar-Kochba Silber Zuz/Denarius Münze

Bar Kochba Silber Zuz/Denarius. Vorderseite: Trompeten umgeben von „Für die Freiheit Jerusalems“. Rückseite: ein Kinnor[13] umgeben von „Jahr zwei für die Freiheit Israels“.

Bar-Kochba verfolgte die Judenchristen

Die Quellen schweigen diesmal davon, dass gegen gefangene Römer grausam verfahren worden sei. Dagegen verfolgte Bar-Kochba die Judenchristen, weil sie natürlich ihre Teilnahme am Nationalkrieg versagten und den Juden als Verräter und Gotteslästerer galten. Justin berichtet (Apolog. I, 31), dass Bar-Kochba die Christen zur Verleugnung und Lästerung Jesu aufgefordert und diejenigen, welche sich dessen weigerten, hart bestraft habe; desgleichen meldet Eusebius (Chron. z. 17. Jahr Hadr.): Chochebas plurimos Christianos diversis suppliciis affecit, eo quod noluissent proficisci cum illo pugnatum contra Romanos. Demnach wird man schwerlich mit Grätz (a.a.O.) das Vorgehen gegen dieselben auf Geißelhiebe beschränken können.

Nach den eigenen Worten dieses Historikers hatte sich gegen die Judenchristen „im Herzen der Juden ein vielleicht noch größerer Ingrimm gesammelt, als gegen die Römer, weil man sie als abtrünnige Gotteslästerer und besonders als Angeber und Spione betrachtete“; und der Hass gegen sie war durch ihre Weigerung des Felddienstes noch gesteigert worden.

Bar-Kochba trat als politisch-nationaler Führer auf

Nur dass, was auch nirgends berichtet wird, die Christen gezwungen worden wären, Bar-Kochba als neuen Christus anzuerkennen und an ihn als Messias zu glauben, wird man (mit Berufung auf Eusebius, a.a.O.) in Abrede zu stellen haben, weil Bar-Kochba durchweg nicht als religiöser Fanatiker, sondern als politisch-nationaler Kämpfer sich auftat, der die Messiasidee zu patriotischen Tendenzen verwertete und den Glauben an seinen messianischen Charakter als stärksten Hebel für die Entflammung des Volksgemütes gebrauchte. –

Die Niederschlagung der jüdischen Rebellion

Als Severus nach Palästina kam, erkannte er rasch die bedenkliche Lage und handelte wie Fabius gegen Hannibal. Statt das Ungetüm vorne zu packen und vielleicht in einer Hauptschlacht niederzuwerfen, unterband er durch geteilte kleinere Kämpfe, Entziehung von Lebensmitteln, Zerreißung der Verbindungsfäden dem Aufstand mehr und mehr die Lebensadern und drängte ihn gegen das mittelländische Meer hin in seinen Mittelpunkt Betar (Bither) zusammen.

Dies war eine feste Stadt zwischen Antipatris und Cäsarea (Reland, Pal. 417. 419f.), von der noch Trümmer vorhanden sind. Neben diesem Zentrum des Aufstandes, das mit seinen Befestigungswerken eine glückliche Rivalin des geknickten und für den neuen Aufstand bedeutungslosen Jerusalem geworden war, hatte Bar-Kochba auch eine Festungslinie gegen Norden, vom Karmel an bis nach Magdala am Tiberiassee, gegen den Einbruch der römischen Heere von Syrien herzuziehen unternommen.

Im Gebirge Ephraim, damals Königsgebirge genannt, hatte der verzettelte Aufstand an der Hauptfestung Tur Simon, wo er auch in Folge der Störung einer festlichen Hochzeit durch römische Soldaten seinen Anfang genommen haben soll (Talm. Gitt. 57), seinen Sammel- und Stützpunkt bekommen. Doch durch alle Zurüstung und Gegenwehr konnte der Aufstand nur in die Länge gezogen werden und wurde endlich, nachdem von den 50 festen Plätzen der Juden nur noch Betar ihnen verblieben war, hier im Blut von Tausenden seiner verzweifelten Verteidiger nach vierhalbjähriger Dauer im Juli 135 erstickt.

Die Belagerung dauerte kaum weniger als ein Jahr; über ihre Wechselfälle und den endlichen fall der Stadt hat man aber fast nur Sagen und Legenden, nach welchen verräterische List von Samaritanern ihren Untergang herbeigeführt hätte. Die maßlos übertreibenden jüdischen Berichte späterer Zeit scheint der wohl unterrichtete Dio Cassius zu ermäßigen, wenn er (69, 14) erzählt, dass, außer den durch Hunger und Brand Umgekommenen über 500.000 Mann auf jüdischer Seite gefallen seien. Auch die Römer hatten schwer gelitten; Hadrian enthielt sich im Schreiben an den Senat der üblichen Formel: „Ich und das Heer sind wohl“; er hielt auch keinen Triumphzug; dagegen schlug man eine Münze für das Heer als „exercitus Judaicus“.

Betreten Jerusalems bei Todesstrafe für Juden verboten

Palästina war nach dem Aufstand eine Wüste; Israeliten wurden in Massen als Sklaven zu geringstem Preis verkauft; es fehlte an Zeugen für die Frauen, welche vor Gericht den Tod ihrer erschlagenen Männer bezeugen sollten; Flüchtlinge wie das Wild in den Bergklüften gehetzt, fristeten von Leichen ein stumpfsinniges Dasein; Gefangene wurden schonungslos niedergemacht.

Aelia-Capitolina-Münze. Vorderseite: Kopf Hadrians; Rückseite: Ochsengespann

Aelia-Capitolina-Münze. Vorderseite: Kopf Hadrians nach rechts. Rückseite: Ochsengespann nach rechts, mit einer symbolischen Furche (sulcus primigenius) wurden die Koloniegrenzen markiert. Umschrift: COL(onia) AEL(ia) KAPIT(olina) COND(ita), Auf die Gründung der Kolonie Aelia Capitolina

Israel war aufs Haupt getroffen worden und erholte sich nie mehr zu größerer Bedeutung, wenn auch die Diaspora in Babylonien sich mehrte und in Südarabien und Spanien, wohin der Spanier Hadrian viele ausgezeichnete Juden schickte, den Grund zu späterer Blüte legte. Nach Eroberung und Zerstörung Jerusalems aber, dessen Betreten er den Juden bei Todesstrafe verbot, ließ Hadrian an der Stelle des Jehova-Tempels einen solchen für den Jupiter Capitolinus bauen, dem er die jetzt Aelia Capitolina genannte Stadt weihte. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 1, 1882, Sp. 1991 – Sp.  1994

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