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Irrlehren

Bibelforscher

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Bibelforscher

Bibelforscher, Ernste, chiliastische Sekte, gegründet von dem amerikanischen Kaufmann Charles T. Russel (* 1852, † 1916), der im Calvinismus erzogen, in der Reaktion gegen dessen Prädestinationslehre ins Extrem geriet, die Hölle leugnete und das Millenium für eine 2. Prüfungszeit der in der Sünde Verstorbenen hielt. Durch die Adventisten beeinflusst, nahm er das Jahr 1874 als Jahr der Wiederkunft Christi an, die er als geistige, unsichtbare deutete, und kam durch willkürliches Bibelforschen zur Erkenntnis des dreistufigen Heilsplans Gottes mit der Menschheit: 1. die damalige Welt (Schöpfung und Sintflut); 2. die gegenwärtige Welt in 3 Zeiten: a) die patrirachalische (Sintflut bis Jakob), b) die jüdische (Jakob bis Christus), c) die christliche (Christus bis Beginn des Milleniums i. J. 1914, davon 1874 bis 1914 die Zeit der Ernte); 3. die zukünftige: a) 1914 bis 2914 das Millenium, b) von 2914 der neue Himmel und die neue Erde.

Verbreitung der Sekte bis 1919

Aus dem 1872 gegründeten Bibelkränzchen der Russelianer entstand durch Russels ungeheure schriftstellerische (1879 Gründung der Zeitschrift „Watch Tower and Herald of Christ`s Presence“, 1909 der Zeitschrift „Peoples Pulpit“, viele Werke und „Photodrama der Schöpfung“), organisatorische (Gründung der „Watch Tower Bible and Tract Society“ und eines „Kontors für Vorträge“) und rednerische Tätigkeit (Weltreisen) die Sekte der Bibelforscher. Seit 1913 offizieller Name „Internationale Vereinigung E. r. B.“ (I. U. E. B.)

Unter Russels Nachfolger Rutherford begünstigten Zeitumstände das Wachstum trotz der offensichtlichen prophetischen Misserfolge. Die Gesamtzahl der „Gedäntnismahl-Teilnehmer“ war 1927: 88544. Die Sekte scheint trotz außerordentlicher Propaganda durch Wort und Schrift, Kino und Radio (sie besitzt eigene Sendestationen) in den letzten Jahren wieder zurückzugehen. (*)

(*) Siehe den gegenteiligen Trend seit 1945: Die Sekte der Zeugen Jehovas

In Deutschland gegründet 1903. Zentrale Elberfeld, dann Barmen, seit 1923 Magdeburg mit eigenem Verlag… Seit 1924 eigener Pressedienst in Freiburg i. Br. Stand: 24135 „Gedächtnismahl-Teilnehmer“ (meist aus Arbeiterstand und Handelsgewerbe) in ca. 395 Gemeinden. Zeitschriften: „Wachtturm“, „Das goldene Zeitalter“ u.a.

Die Sektenlehre der Bibelforscher

Gott gilt des Bibelforschern als geist-stoffliches Wesen. Dreifaltigkeit, wesenhafte Gottheit Christi, natürliche Unsterblichkeit der Seele und die Hölle werden geleugnet. Im Millenium, in dem Satans Macht gebunden ist, stehen nacheinander auf: die 144000 Gerechten des Neuen Bundes, die „Herauswahl“ (Lohn: Verleihung der göttlichen Natur), dann die Heiligen des Alten Bundes (Lohn: Paradieses-Zustand), dann alle in Sünden Verstorbenen zu neuer Prüfung (Lohn: ewiges Glück auf einer neuen Erde). Die wenigen endgültig Bösen werden vernichtet.

Sympathisch wirkt die starke Erlösungs-Sehnsucht, abstoßend vor allem die leichtfertige Bibelforschung, welche die Fundamente des Christentums zerstört. Die Sekte stellt ein betrübendes Zerrbild des wahren Christentums dar. Bei allem menschlichem Edelsinn und ehrlichen rreligiösen Suchen seitens des Gründers der Bewegung, bei allem guten Glauben, der vielen Mitgliedern zuzuerkennen ist, handelt es sich doch um eine unsympathische, unbelehrbare, aufdringliche, kirchen- und priesterfeindliche Sekte, deren religiöser Eifer in blinden Fanatismus entartet. Man vermisst bei ihr auch die sozial-karitative Betätigung. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. II, 1931, Sp. 279 – Sp. 280

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