Das moderne talmudische Judentum – Entwürdigung des Namens Gottes
Der Gott beider Testamente ist einer, aber das alttestamentliche Gesetz ist die Lebensordnung eines Volkes auf einer noch niedrigen Stufe; das Prinzip der Liebe ist schon da, aber wie Gold im Blei (August., Quaest. in Exod. 93); die allumfassende Humanität kündet sich schon an, aber sie ist noch eingeschlossen in die Exklusivität des Volkstums. Die Gesetzgebung der Bergpredigt schält aus dem mosaischen Gesetz den wahren Gotteswillen heraus und erhebt das der Stellung eines Volkes als solchen und der Kulturstufe des damaligen Israel entsprechende Gesetz zum absoluten, d. h. der sittlichen Idee vollkommen entsprechenden, und zum universellen, d. h. für die ganze Menschheit ohne Unterschied des Volkes gültigen; sie reißt nicht bloß die Schranke nieder, sondern vertieft auch dessen Inhalt. Nur durch das Christentum ist die Religion Israels eine Weltreligion geworden; ohne dieses wird es nur, in der Richtung der naturalistischen Reform, eine Religion dieser Welt, die nicht bloß die Überlieferungen des Talmud verwirft, sondern auch von den Vorschriften des Mosaismus sich frei macht, die Hoffnung auf den Messias daran gibt und so der geistlosen Öde des Rationalismus vulgaris verfällt, der alles höhere religiöse Leben verflacht bis auf den Rest eines matten, unbestimmten Glaubens an Gott, Humanität und Fortschritt.
Im nachchristlichen Judentum ist an die Stelle der heiligen Schrift der Talmud (140-500 n. Chr.) getreten. „Die Thora“, heißt es daher, „ist Wasser, die Mischna Wein, die Gemara Würzwein.“ (Tr. Soferim) Des Rabbi Wort ist darum höher zu schätzen als der Propheten Wort (Berach.). Das göttliche Gericht selbst muss den Gerichtshof des Sanhedrin um Rat fragen (Pesicta). Daher „ist es erlaubt, einen, der den Talmud nicht kennt und nach seinen Geboten sich nicht richtet (Amhaarez), zu zerreißen wie einen Fisch“ (Pesachim). Der Talmud hat aber diese Würde, weil er ganz von Gott schon am Sinai geoffenbart wurde (Berach).
Die religiösen Lehren des Talmud sind eine Entwürdigung des Namens Gottes. Alle Völker außer den Juden sind verdammt (Aboda Sarah Schabbath); die Schöpfungsidee (Adam, Leviathan, Behemoth) ist verunreinigt (Baba Bathra); ebenso die Engellehre (Berach); die Vorsehung ist fast geleugnet; das göttliche Leben selbst, in vier Abschnitte des Tages (Gesetzstudium, Weltgericht, Welternährung, Spielen mit dem Leviathan) (Aboda Sarah) und drei Nachtwachen (Berach) geteilt (in denen Gott bereut, daß er die Juden in die Gefangenschaft geschickt hat), ist ganz anthropomorphistisch in niedrigster Weise aufgefaßt. Gegen die Geschlechtssünden ist der Talmud sehr nachsichtig. Der Jude kann sich dem „Jezer“ hingeben, nur soll er den Namen Gottes nicht öffentlich entweihen (Moed Katon 17a; Kidduschin 40a). Ebenso hinsichtlich des Eides. Um pekuniären Schaden abzuwenden, kann man, wenn es sich um einen Sklaven handelt, einen Meineid schwören (Schebuoth). Wenn einer am Vorabend des großen Versöhnungs-Tages das Kol nidre (Alle meine Gelübde und Schwüre sollen nichtig sein) betet, so sind alle während des Jahres ausgesprochenen nichtig, wenn er dessen eingedenk ist (Nedarim). Durch die Feier des großen Versöhnungs-Tages wird er von jeder Sünde außer Ehebruch und Beschimpfung des Nächsten frei (Baba mezia). Auch kann der Rabbiner ihn seines Eides entbinden (Maimonides in Jad chasaka). Nach R. Joseph Albo (In seinem Buch Ikkarim) gehört auf Grund des Talmud alles Vermögen und selbst das Leben der Gojim dem Juden, mit Bezugnahme auf Dt. 20, 16: Du sollst keine Seele leben lassen. Wohl enthält der Talmud gute Lehren über Nächstenliebe, aber der Gij ist dem Juden kein Nächster. Ein Goj ist jeder Unbeschnittene (Berachot. Ebenso Maimonides in seinem Buch Jad chasaka: „Seinem Nächsten heißt es (Ex. 22, 9), aber nicht dem Heiden.“). Darum wird jeder Verkehr des Juden mit dem Nichtjuden verboten, weil das heilige Volk befleckend (Aboda Sarah), und wenn doch, so geschieht es „um des Friedens willen“ (Maimonides in Jad chasaka), weswegen man auch Werke der Barmherzigkeit ihm erzeigen darf. Von einem Heiden kann man Wucher nehmen (Gemar. Baba mezia); Gott hat das Vermögen der Heiden den Juden gegeben, weil jene die noahidischen Gebote nicht hielten (Gemar. Baba Kama). Wenn man sich neuestens auf Lv. 15, 16 berief: Ein Gesetz soll sein, auch für den Fremdling, der unter euch wohnt, so ist dies nicht Rechtsgleichheit, sondern Unterwerfung des Fremden unter das jüdische Gesetz, ohne dessen Wohltat zu genießen, wie das eben Gesagte beweist.
Der Haß gegen das Christentum geht durch den gesamten Talmud; ein Beschluss des obersten Gerichtshofes in Polen (Kahal) i. J. 1650 gebot, die betreffenden Stellen leer zu lassen. Edom ist im Talmud der Name für Rom und das Christentum. Die absurden und blasphemischen Erzählungen von Christus kennt schon der Talmud.
Der Talmudismus ist der Bildung der Zeit gegenüber nicht mehr haltbar; seit Moses Mendelsohn, den Lessing im „Nathan“ verherrlicht hat, ist diese auch unter die Juden gedrungen. Das Judentum, wie es vordem war, stagnierend unter dem Joch seiner in geistlosen, spitzfindigen, unfruchtbaren Disputationen über die Kasuistik des Talmud ausschließlich sich bewegenden Rabbinen, seinem aus Zeremonien und peinlichen Beobachtungen und Bräuchen bestehenden Gottesdienst und religiösen Leben, aber zusammen gehalten durch die gemeinsame Hoffnung unter tausendjährigem Druck, mit dem Blick nach Jerusalem gewandt, ist auf immer dahin. Der moderne Gottesdienst der Juden – mit Predigt, Gemeindegesang und Orgelbegleitung, Konfirmation – ist dem christlichen Kultus nachgebildet. Wie der Islam erträgt auch er nicht den frischen Hauch des Geisteslebens; darum nehmen hier wie dort zugleich mit der Aufklärung auch Unglaube und Abfall überhand. Wer steht dem Christentum näher: jene, die sich durch die Mauer talmudistisch-rabbinischer Satzungen vor ihm abschließen, oder die sog. Reformpartei, die den Glauben selbst preisgab? – Die Antwort ist schwer.
Aber die christliche Bildung muss den, der voll Ernst nach ihrem wahren Wesen und tieferen Gehalt und nicht bloß nach dem äußeren Schein derselben verlangt, hinführen zu dem, von dem allein sie ausgegangen, zu Christus. Und so dürfte auch die bürgerliche und politische Emanzipation der Juden – in der Gegenwart vielfach angestrebt, nicht aus Liebe zum Judentum, sondern aus Abneigung gegen das Christentum und den positiven Glauben überhaupt – in dem Ratschluss Gottes eines der Wege werden, auf denen Israel dereinst wieder zurück kehren wird zu seinem Herrn und Gott (Röm. 11, 25). Denn „wenn die Fülle der Heiden eingegangen ist“ in das Reich Gottes auf Erden, dann wird auch Israel gerettet werden (Röm. 11, 25). Ein großer Teil dieses Volkes wird, was er jetzt schon ist, dem Antichristentum gänzlich und für immer verfallen, und den Kampf der Bosheit kämpfen, bis die letzte Entscheidung kommt. Aber der bessere Teil wird gerettet werden… Viele Tage sitzen sie, wie der Prophet (Os. 3, 4) es geweissagt, ohne König und ohne Fürst und ohne Opfer und ohne Altar und ohne Ephod und ohne Teraphim. Dann aber werden sie sich bekehren und suchen den Herrn, ihren Gott – am jüngsten Tage. –
aus: Franz Hettinger, Apologie des Christentums, Fünfter Band, 1908, S. 525-530
siehe auch den Beitrag: Das neue Judentum nach der Zerstreuung
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