Papst Pius IX der Papst des Herzens Jesu
Seit den Tagen, wo durch die sel. Margaretha Alacoque die Andacht zum göttlichen Herzen Jesu neuen Aufschwung genommen, haben mehrere Päpste dieselbe wiederholt gut geheißen, verteidigt, und durch verschiedene Ablässe und Privilegien zu verbreiten gesucht, aber keiner in so hervorragender Weise wie der hochselige Papst Pius IX. Er hatte in der unversiegbaren Liebe, in der unerschöpflichen Allmacht, in der unwandelbaren Treue des Herzens Jesu das einzige und das wirksamste Heilmittel gegen die tausendfachen Krankheiten gefunden, an denen die Menschheit gegenwärtig darnieder liegt. Selbst ein inniger Verehrer des heil. Herzens Jesu, war er eifrig bemüht, die katholische Welt zu diesem Herzen hinzuführen, und sie mit Glauben, mit Vertrauen und Liebe gegen dasselbe zu erfüllen. In dieser Hinsicht hat er so viel getan, daß ihn einer der ausgezeichnetsten Bischöfe von Frankreich „den Papst des Herzens Jesu“ genannt hat.
Im Jahre 1850 hatten sich die französischen Bischöfe in sieben Provinzial-Konzilien begeistert über die Andacht zum Herzen Jesu ausgesprochen und ihre Bistümer dem göttlichen Herzen geweiht. So war also gerade in dem Land, wo die Verehrung dieses Herzens so lange hindurch verspottet, bekämpft und mit Gewalt war nieder gehalten worden, dem göttlichen Herzen ein glänzender Triumph bereitet worden. Von hier aus sollte ihm ein neuer, noch glänzenderer verschafft werden. Von heiligem Eifer begeistert, stellten dieselben Bischöfe an den heiligen Vater Pius IX. die Bitte, er möge das „dem Herzen des gläubigen Volkes“ so teure Fest des göttlichen Herzens als allgemeines Kirchenfest vorschreiben. Der Papst willfahrte der Bitte mit Freude am 26. August 1865, um, (wie er sich ausdrückt) „den Gläubigen neue Antriebe zu geben, das Herz dessen, der uns geliebt und in seinem Blute uns von unseren Sünden gereinigt hat, zu lieben und mit Gegenliebe zu ehren.“ So war also die Feier des Festes nicht bloß eine öffentliche, sondern auch eine allgemeine in der Kirche geworden; damit ward nun auch dem Wunsch und Verlangen des Heilandes, das er vor zweihundert Jahren nach Einführung eines Festes zu Ehren seines Herzens der seligen Marg. Alacoque mitgeteilt hatte, auf das vollkommenste entsprochen.
Einen neuen Glanz und außerordentlichen Aufschwung verlieh der große Papst der Andacht zum göttlichen Herzen durch die Seligsprechung der ehrwürdigen Margaretha Alacoque. Diese Seligsprechung war eine unwiderlegbare Bürgschaft für die Wahrheit und Echtheit der Tugenden und Offenbarungen der Seligen, und somit eine neue und feierliche Verkündigung und Bestätigung der Andacht zum Herzen Jesu, ein glänzendes Zeugnis ihrer segensreichen Erfolge und Wirkungen, und endlich ein bleibendes Denkmal des Eifers und der Liebe, womit Pius IX. diese schöne Andacht umfaßte und beförderte, wie er dies in dem Seligsprechungs-Breve selbst feierlich ausspricht.
Seit dem Jahre 1720, wo der Bischof von Marseille sein Bistum dem göttlichen Herzen geweiht hatte, waren viele Bischöfe dem Beispiel gefolgt, und hatten dieselbe Weihe vollzogen. Die segensvollen Früchte, welche man allenthalben von dieser Weihe für die Verehrung des göttlichen Herzens erwartete und ersehnte, legten den Gedanken nahe, die ganze Kirche dem Herzen ihres Bräutigams zu weihen. Als daher im Jahre 1870 die große Kirchenversammlung in Rom gehalten wurde, richtete die Mehrzahl der versammelten Väter an den Papst das Bittgesuch, er selbst möge diese Weihe vollziehen. Der heilige Vater übergab zunächst das Bittgesuch einem Rat von Kardinälen zur Begutachtung, sprach sich aber wiederholt dahin aus, er sei zur Weihe bereit, wenn auch das gläubige Volk darum bitten würde, und drückte seine Freude aus, als ihm am 10. Februar 1875 eine Bittschrift mit mehr als drei Millionen Unterschriften überreicht wurde. Nun glaubte Seine Heiligkeit, die Gewährung nicht länger verzögern zu sollen. Als er aber die Angelegenheit reiflicher erwog, beschloß er, nicht selbst in Person die ganze Welt dem Herzen Jesu zu weihen, sondern zu veranlassen, daß die einzelnen Gläubigen für sich dieselbe vollziehen. „Auf diese Weise“, äußerte er, „werden in der Tat alle Christgläubigen, welche sich einmütig dem göttlichen Herzen weihen, die Einheit der hl. Kirche klarer ausdrücken; sie werden in diesem Herzen den sichersten Zufluchtsort vor den drohenden Seelen-Gefahren, Geduld in den Leiden, von welchen in Gegenwart die Kirche Christi bedrückt wird, und endlich die feste Hoffnung und Trost in allen Bedrängnissen finden.“
Diese Weihe der Gläubigen sollte am 16. Juni, als am Fest des göttlichen Herzens, stattfinden. Ein eigenes Weihegebet wurde vom Papst gut geheißen und mit Ablässen bereichert. Als er an diesem Tage eben sehr am Fuße litt, sagte er lächelnd: „Ich bin glücklich, dies kleine Leiden dem heiligsten Herzen aufzuopfern, das aus Liebe zu uns die schmerzlichste Todesangst erlitten hat.“
Am selben Tage hielt er an eine große Zahl Fremder, unter denen auch mehrere Protestanten waren, eine warme Ansprache, in welcher er sie belehrte, daß das Herz Jesu unsere Hilfe sei zum Siege über die Feinde; auch die Protestanten ermahnte er, das göttliche Herz anzurufen, um besser die Wahrheit zu erkennen.
Es war ein großer, denkwürdiger Tag – jener 16. Juni. In der ganzen Welt lagen Millionen treuer, gläubiger, liebender Christen auf ihren Knien vor dem Heiland im heiligsten Sakrament und sprachen die Worte der Weihe:
„Hingeworfen zu deinen Füßen, in Gegenwart der seligsten Jungfrau Maria und des ganzen himmlischen Hofes erkläre ich feierlich, daß ich nach jedem Titel der Gerechtigkeit und der vollen Dankbarkeit ganz und ausschließlich dir angehöre, mein Heiland und Erlöser Jesus Christus, du einzige Quelle aller meiner geistigen und leiblichen Güter. Vereint mit der Willensmeinung des hl. Vaters weihe ich mich selbst und Alles, was ich habe, deinem heiligsten Herzen, das allein ich lieben, dem allein ich aus meiner ganzen Seele, aus meinem ganzen Herzen, mit allen meinen Kräften dienen will, indem ich deinen Willen zu meinem mache und alle meine Wünsche mit den deinigen vereine.“ –
Großartiger ist wohl nie ein Fest in der ganzen katholischen Kirche gefeiert worden, als damals das Fest des heiligsten Herzens, der dreißigste Jahrestag der Wahl Pius IX. zum Papst. Mit vollem Recht konnte Se. Heiligkeit am 10. Oktober den Pilgern aus dem Bistum Besançon sagen, daß das göttliche Herz durch diesen öffentlichen Akt des Glaubens und der Liebe gerührt und bewogen werde, uns geistig und zeitlich zu trösten.- aus: Franz Hattler SJ, Das große Herz-Jesu-Buch für die christliche Familie, 1897, S. 718-721