Mariä Reinigung Mariä Lichtmess Mariä Begegnung
Das heutige Muttergottes-Fest hat drei Namen: Mariä Reinigung, Mariä Lichtmess, Mariä Begegnung. Es heißt Mariä Reinigung. Zur Heidenzeit wurden an diesem Tage und im ganzen Monat Februar Reinigungen und Sühnungen abgehalten; die Heiden hatten wohl das Bewusstsein der Schuld, deshalb fühlten sie aber auch das Bedürfnis der Reinigung, und deshalb haben sie nicht bloß einen Tag, sondern einen ganzen Monat der Reinigung geweiht. Unsere heilige Kirche aber ging darauf aus, die heidnischen Gebräuche nicht zu unterdrücken, sondern zu weihen, zu heiligen, und daher wandelte sie das Fest in ein christliches Fest um und gab ihm den Namen: Mariä Reinigung. Kaiser Justinian dehnte es auf das ganze griechische Kaisertum aus. An Maria ist aber nichts rein zu machen: an ihr ist alles rein und makellos, ihre Empfängnis ist rein, ihre Geburt ist rein, ihr Herz ist rein, ihr Mund ist rein, ihr Leben ist rein. Dadurch aber ist sie ein Vorbild für uns, wie wir sein, wie wir leben sollen. Also lernen wir von Maria, der lieben Gottesmutter, dafür zu sorgen, daß rein sei unser Herz, rein unser Mund, rein unsere Meinung, rein unsere Gedanken, rein unsere Worte, rein unsere Werke, rein unser ganzes Leben sei. Es gibt ein altes Volkslied, das man aber jetzt nicht mehr singen hört, das also lautet:
Wellen rauschen, Wellen fliehen,
Stunden kommen, Stunden ziehen,
Scherz und Freude gehen vorüber,
Drum bewahre rein dein Herz.
In des Lebens bangen Stürmen
Kann ein reines Herze noch schirmen,
Sicher dich hinüber leiten.
Drum bewahre rein dein Herz.
An diese Pflicht aber, unser Herz in allen Fällen, unter allen Umständen rein zu bewahren, rein von Schuld, rein von Unlauterkeit, rein von Todsünden usw., mahnt uns das heutige Fest: Mariä Reinigung. Laßt uns also heute besonders eingedenk sein der Worte des Dichters: Das Leben ist der Güter höchstes nicht, der Übel größtes aber ist die Schuld, und beten: cor mundum crea in me, Deus, erschaff in mir, o Gott, ein reines Herz.
Das Fest heißt Mariä Lichtmess: Nach der Vorschrift der Kirche soll an diesem Tage vor der heiligen Messe eine Prozession stattfinden, und sollen dabei alle, die daran teilnehmen, eine brennende Kerze tragen und sollen sie während der ganzen heiligen Messe in der Hand halten zum Andenken an denjenigen, der da ist das Licht der Menschen, das in diese Welt kam, um alle Menschen zu erleuchten. Welche Wohltat ist das Licht im Reiche der Natur! Ohne Licht ist alles finster, kalt und starr; wie leicht geht man irre und kommt vom rechten Wege ab. Aber noch größer ist die Wohltat im Reiche der Gnade: wie schrecklich kann man sich da verirren! Im Reiche des Geistes, im sittlichen Bereich, da gilt der Spruch: Üb` immer usw. Aber nach diesem Spruch richtet man sich heut zu Tage vielfach nicht mehr, zum Schaden der unsterblichen Seele. Gehören wir doch zu denjenigen, welche dankbar die Erleuchtungen annehmen, die ihnen zuströmen vom Licht der Welt, Christus, und die danach ihr Leben einrichten.
Die geweihte Kerze am Mariä-Lichtmess-Tag soll uns aber erinnern zuerst an die Kerze am Tage unserer Taufe. Damals wurde uns eine Kerze überreicht mit den Worten: Accipe lampadem ardentem etc., empfange die brennende Lampe. Seit diesem Tag sind wir alle Kinder des Lichtes, Kinder des Tages, nicht Kinder der Nacht und der Finsternis. Die brennende Kerze am Tage der Taufe aber bedeutet den Glauben, das Licht brennt und bedeutet die Liebe, die Kerze leuchtet und brennt nur schön, wenn sie auch recht gehalten wird, und das bedeutet die Hoffnung. Die Kerze an Mariä Lichtmess erinnert uns also an unser Leben, das wachsen und sich entfalten soll im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, … sie soll uns mahnen, für Öl zu sorgen, daß wir nicht den törichten Jungfrauen gleichen und unser Licht ausgehen, erlöschen lassen, um dann am Himmelstor das schreckliche Wort zu hören: Nescio vos, ich kenne euch nicht.
Die Lichter an Mariä Lichtmess sollen uns erinnern an die Sterbekerze. Nach der Vorschrift der Kirche soll dem sterbenden Christen eine Kerze in die Hand gegeben werden; es soll dieselbe sein, die er am Tag der Taufe gehalten, es soll dieselbe sein, die er am Weißen Sonntag getragen; diese Kerze also soll bedeuten, daß er im Christentum, in der Gnade Gottes, im Glauben, in der Hoffnung und Liebe nicht bloß leben, sondern auch sterben will. Ein solcher Tod aber wird zum glückseligen Tod: einem solchen Sterbenden wird die Sterbekerze zum Sinnbild des ewigen Lichtes, das ihm leuchtet. Der Graf von Kappenberg entsagte seiner reichen Grafschaft und trat in den Prämonstratenserorden: da war es ihm vor allem darum zu tun, sterben zu lernen. Daher legte er, sogar, wenn er auf der Reise war und ein wenig ausruhte, seine Arme und Füße so, wie man die Glieder eines Gestorbenen in den Sarg legt, und sagte: O, daß doch Gott mir die Gnade gebe, mich meiner Todesstunde anzupassen und auf dieselbe vorzubereiten! Das war ihm denn auch gegönnt: als er ans Sterben kam, sagte er seinem Bruder, der ihm ins Kloster nachgefolgt war und trauernd an seinem Sterbelager stand: Mein Bruder, es ist mir, als höre ich seine Stimme sprechen: Geht ihm entgegen! Und es ist mir, als sähe ich Engel kommen, um mich abzuholen. Daher rief er aus: Willkommen seien mir die Boten Gottes, meines Schöpfers. Am besten aber vermögen wir uns der Sterbestunde anzupassen durch das Licht des Glaubens, durch das Feuer der Liebe. Darum mahnt uns die Kerze, zu leben aus dem Glauben, im Gebet, im Gottesdienst, in Ausdauer und Geduld. Darum seien uns die Lichter von Mariä Lichtmess eine Mahnung an die Sterbekerze!
Endlich heißt das heutige Fest: Mariä Begegnung. Maria traf im Tempel zwei heilige Personen: Simeon und Anna: sie hatten die Verheißung, sie sollten den Tod nicht sehen, ohne den Erlöser der Welt geschaut zu haben. Was war doch das eine glückliche Stunde, als Maria im Tempel diesen beiden begegnete und ihnen das Jesuskind auf die Arme legte! Begreiflich also, daß der greise Simeon ausrief und das Nachtgebet seines Lebens sang: Nun entlässest du usw. Das soll aber der Christ niemals vergessen, sein Nachtgebet, er soll es gut und andächtig verrichten, damit er das Nachtgebet des Lebens auch gut zu beten weiß. Darum hat unsere Kirche das Lied des greisen Simeon beibehalten und läßt alle ihre Priester Tag für Tag dieses Nachtgebet beten. Was aber diese Begegnung dem greisen Simeon so froh und glücklich machte, war das Heil Gottes, war der Heiland der Welt, den ihm Maria geboten! Wie dankbar also müssen Simeon und Anna Maria gewesen sein! Aber Maria ist es, durch die auch uns das Heil kommt, die deshalb heißt: Pforte des Himmels. An sie also ergehe heute unsere Bitte: Und nach dieser Verbannung zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes… –
aus: Philipp Hammer, Marien-Predigten, 1909, S. 60 – S. 63