Gemeinden ohne katholische Seelsorger
Sechster Teil
Scheut keine Beschwernis oder Widerwärtigkeit
V. „So lange Ihr dann, liebe Diözesanen, Gelegenheit habt, bei einem rechtmäßigen Priester die heilige Messe zu hören und die heiligen Sakramente zu empfangen, so tut es um so eifriger und scheut keine Beschwernis und Widerwärtigkeit!“
Die Kirchengebote verpflichten so lange, als ihre Erfüllung nicht physisch oder moralisch unmöglich wird. Wenn also eine Gemeinde verwaiset ist, in der Nachbarschaft aber noch Priester weilen, so müssen jene Gläubigen, soweit keine rechtliche Verhinderung vorliegt, dort des Sonntags die hl. Messe hören, die hl. Sakramente der Buße und des Altars namentlich um die österliche Zeit empfangen, ihre Ehen abschließen, ihre Kinder taufen lassen. Ist der Weg weit und beschwerlich, dann wird auch der Lohn um so größer sein.
Wenn in der Nähe kein rechtmäßiger Priester sich mehr aufhält, dann macht es vielleicht die Post oder Eisenbahn möglich, wenn auch nicht allsonntäglich, so doch auf höheren Festen eine entferntere katholische Kirche zu besuchen, dort das Osterfest zu halten, eine Ehe einsegnen zu lassen. Ein Geldopfer für eine so große Sache darf nicht gescheut werden; der mit zeitlichen Gütern Gesegnete möge seinen durstigen Mitbruder eine Beihilfe nicht versagen.
Ähnlich wie unsere Oberhirten spricht sich die für die Schweizer Katholiken erlassene Kirchen-Verordnung aus: „In den Grenzgemeinden (das Jura-Gebiet grenzt an Frankreich) hat das Volk den katholischen Gottesdienst im Nachbarland zu besuchen und die Seelsorge der dortigen Geistlichen möglichst zu benutzen.“
Gemeinden ohne Seelsorger, Der Tod ohne Priester. Die vollkommene Reue. Ein Lehr- und Trostbüchlein für römisch-katholische Christen, Mit kirchlicher Approbation, 2. Auflage, 1874, S. 10 – S. 11