Sünde wider den Heiligen Geist
aus dem Großen Katechismus von Petrus Canisius SJ
Welche Vermessenheit macht eine Sünde gegen den Heiligen Geist aus?
Die, welche macht, daß der Mensch auf die Barmherzigkeit Gottes allein sich verlasse, und zum Sündigen kühn macht, nachdem er nämlich alle Rücksicht auf Gerechtigkeit und Furcht Gottes bei Seite gesetzt und verworfen hat.
So sündigen heute wahrlich heut zu Tage sehr viele, die einzig mit dem Glauben an Christus sich schmeicheln, oder sogar mitten im Unflat der Sünden, wie die Tiere verfaulen (Joel 1, 17.) und welche sich erkühnen, nicht nur sich selbst, sondern auch Anderen Sicherheit zu versprechen, wenn sie nur auf die Verdienste Christi und die Gnade Gottes vertrauen, und sie mit dem Glauben ergreifen, ob sie schon dabei Früchte der Buße zu wirken unterlassen.
Einem jeden von diesen aber ruft der Völkerlehrer Paulus in Glaube und Wahrheit zu, da er spricht: Verachtest du wohl den Reichtum der Güte Gottes, und seiner Geduld und Langmut? Weißt du nicht, daß die Güte Gottes dich zur Buße leitet?
Deshalb will der nämliche heilige Paulus an einem andern Ort nicht, daß man des Glaubens allein (1. Kor. 13, 1-3) so sehr sich rühme, daß er auch alle diejenigen, welche glauben, mit Furcht und Zittern ihr Heil wirken heißt (Phil. 2, 12), und er empfiehlt einen Glauben, der nicht tot und müßig, wie Jakobus ihn heißt (Jak. 2, 14-26), sondern der lebendig ist und tätig, welcher durch die Liebe rechtschaffen wirkt. (Gal. 5, 6)
Wider diese ungemeine große Sünde schreit Jesus Sirach so: Wegen einer schon gebüßten Sünde sollst du ja nicht ohne Furcht sein, noch eine Sünde über die andere häufen. Auch sollst du nicht sagen: Die Barmherzigkeit des Herrn ist groß, er wird sich der Menge meiner Sünden erbarmen. Denn seine Barmherzigkeit und Zorn nahen sich bald, und sein Zorn sieht auf die Sünder. (Eccli. 5, 5-7) Wohl spricht daher der Prophet: Von Barmherzigkeit und Gericht will ich dir singen, o Herr. (Ps. 100) Und an einem andern Ort: Die Herrlichkeit des Königs hat das Gericht lieb. (Ps. 98, 3)
Wie sündigt man gegen den Heiligen Geist durch Verzweiflung?
Wenn zu der Vermessenheit, davon gesagt worden ist, das ganz entgegengesetzte Laster tritt, daß der Mensch alle Hoffnung, bei Gott Verzeihung und das ewige Heil zu erlangen, aufgibt.
Auf diese Weise hat Kain durch Verzweiflung gesündigt, wie er es mit seiner Stimme selbst bezeugt, da er spricht: Meine Sünde ist größer, als daß ich Gnade verdiene. (Gen 4, 10-14) Desgleichen hat Judas gesündigt, Christi Verräter (Matth. 27, 3-5), da er aus Verzweiflung am Heil unglückselig sich das Leben mit dem Strick nahm. Nun ist aber dem Menschen keine Buße zu spät (Ezech. 18, 21-32), wie es durch das Beispiel des Schächers bezeugt ist (Luk. 23, 39-43), der am Kreuz und in den letzten Augenblicken des Lebens Christi überreiche Gnade Christi und die Herrlichkeit des Himmels erlangt hat.
Wann sündigt derjenige wider den heiligen Geist, welcher der Wahrheit widerstrebt?
Wenn in Sachen des Glaubens und der Religion die Wahrheit nicht aus Unwissenheit, sondern aus Bosheit mit Fleiß bestritten wird, so, daß dadurch die Lauterkeit der katholischen Wahrheit verletzt wird. Dieser Sünde machten sich die Pharisäer schuldig, welche, wie wir sehen, vorzüglich sich bemühten, eben so böse als fälschlich, Christum zu lästern, die Lehre des Evangeliums zu verfolgen, das Zeugnis der Apostel zu unterdrücken (Apg. 4, 16; 5, 18) und zwar wider ihr eigenes Gewissen. Diesen sind nicht unähnlich diejenigen, von welchen der Prophet sagt, daß sie sitzen auf dem Stuhl der giftigen Spötter (Ps. 1, 2); Petrus aber, daß sie seinen falsche Lehrer , die da einführen Sekten des Verderbens (2. Petr. 2, 1-3); von Paulus endlich werden sie Ketzer genannt (Tit. 3, 10 u. 11), Menschen eines verderbten Sinnes (2. Tim. 3, 8), untüchtig zum Glauben, welche Gehör geben den Geistern des Irrtums (1. Tim. 4, 1), die verkehrt sind und durch ihr eigenes Urteil sich verdammen (Tit. 3, 11).
Diesen kann beigezählt werden der Verführer Elymas, den Paulus öffentlich schalt, und mit außerordentlicher Heftigkeit sprach: O du Kind des Teufels, voll aller List und aller Schalkheit und Feind aller Gerechtigkeit, du hörst nicht auf zu verkehren die rechten Wege des Herrn. (Apg. 13, 10)
Hierher wird auch die Lästerung des Geistes bezogen (Matth. 12, 31 u. 32), welche Sünde Christus den Juden so hoch angerechnet und für schlimmer als die übrigen erklärt. Und wollte Gott, daß nicht auch jetzt hierin gesündigt würde. Denn auch diejenigen, wie Damasus schreibt, lästern den heiligen Geist, welche wider die heiligen Kanones der Väter, die sie aus Antrieb des heiligen Geistes gegeben haben, gerne etwas entweder unverschämt tun, oder zu reden sich herausnehmen, oder denjenigen, die etwas tun wollen, freiwillig beistimmen. Denn eine solche Vermessenheit ist offenbar eine Art der Lästerungen wider den heiligen Geist. So spricht Damasus. –
aus: Petrus Canisius, Kurzer Inbegriff der christlichen Lehre oder Katechismus, 1824, S. 181 – S. 184