Pius XII. Über die ökumenische Bewegung –
Instruktion Ecclesia catholica
Instruktion über die Ökumenische Bewegung unter Pius XII., vom 20. Dezember 1949
De motione »oecumenica«
Instruktion Ecclesia catholica der Obersten Kongregation des Heiligen Offiziums an alle Bischöfe der Welt über die Ökumenische Bewegung, AAS XLII (1950) 142-147
Auszug
Die bisherigen Versuche, die verschiedentlich von Einzelpersonen wie von Gemeinschaften unternommen wurden, um die getrennten Christen mit der katholischen Kirche zu versöhnen, sind zwar von ausgezeichneten Absichten beseelt, stützen sich aber nicht immer auf die richtigen Grundsätze; und selbst wenn dies der Fall ist, lassen sich doch gewisse Gefahren nicht vermeiden, wie es die Erfahrung bereits erwiesen hat. Daher hat es diese Oberste Kongregation des Heiligen Offiziums, der die Sorge obliegt, das Glaubensgut unversehrt zu bewahren und zu schützen, für angezeigt erachtet, die folgenden Punkte in Erinnerung zu rufen und anzuordnen:
692 1. Da die oben genannte Wiedervereinigung vor allem Aufgabe und Pflicht der Kirche ist, müssen sich die Bischöfe ihrer mit besonderer Sorgfalt annehmen, da sie der Heilige Geist bestellt hat, die Kirche Gottes zu regieren (Apg. 20, 28). Sie haben daher die Pflicht, diese ganze Bewegung nicht allein sorgfältig und tatkräftig zu überwachen, sondern sie auch mit Umsicht zu fördern und zu leiten, um jenen behilflich zu sein, welch die Wahrheit und die wahre Kirche suchen, anderseits um die Gläubigen vor den Gefahren zu bewahren, die sich leicht aus dieser Bewegung ergeben …
Mit besonderer Sorgfalt werden sie die katholischen Veröffentlichungen jeder Art zu diesem Gegenstand überwachen und auf die Beobachtung der Kanones „Über die vorgängige Bücherzensur und deren Verbot“ (Can. 1384ff.) drängen. Sie werden dies ebenfalls nicht unterlassen in Bezug auf derartige Publikationen von Nichtkatholiken, insofern sie von Katholiken verlegt, gelesen oder vertrieben werden sollen.
693 2. In Bezug auf die zu befolgende Arbeitsmethode werden die Bischöfe vorschreiben, was zu tun und was zu lassen ist, und sich vergewissern, dass jedermann ihren diesbezüglichen Vorschriften nachkommt. Ferner werden sie darüber wachen, dass nicht unter dem falschen Vorwand, man müsse eher auf das achten, was uns eint, als auf das, was uns trennt, ein gefährlicher Indifferentismus gefördert werde, besonders bei jenen, die in theologischen Belangen weniger erfahren sind und deren religiöse Praxis eher schwach ist.
Denn man muss sich davor hüten, in einem Geist, den man heute „irenisch“ nennt, die katholischen Lehren, seien mit den Dogmen zusammenhängende Lehren, durch vergleichende Studien und im eitlen Bemühen einer fortschreitenden Angleichung der verschiedenen Glaubens-Bekenntnisse den Lehren der Dissidenten derart anzupassen, dass die Reinheit der katholischen Lehre darunter leidet oder ihr wahrer und sicherer Gehalt verdunkelt wird.
694 Sie werden auch jene gefährliche Ausdrucksweise bannen, aus der sich falsche Auffassungen und trügerische Hoffnungen ergeben, die niemals erfüllt werden können, so z. B. wenn man behauptet, was über die Rückkehr der Dissidenten zur Kirche, über die Verfassung der Kirche, über den mystischen Leib Christi in den päpstlichen Rundschreiben gelehrt werde, müsse nicht in übertriebenem Maße eingeschätzt werden, da ja nicht alles Glaubensvorschrift sei, oder was noch schlimmer ist, in dogmatischen Belangen besitze nicht einmal die katholische Kirche die Fülle Christi, sondern könne darin noch von anderen vervollkommnet werden.
Sie werden mit peinlicher Sorgfalt und mit größtem Nachdruck dagegen auftreten, dass in der Darstellung der Reformation und der Geschichte der Reformatoren die Fehler der Katholiken dermaßen übertrieben und die Schuld der Reformatoren so sehr vertuscht wird, oder Nebensächliches allzu sehr in den Vordergrund gerückt wird, dass man darob die Hauptsache, nämlich den Abfall vom katholischen Glauben, kaum mehr beachtet und würdigt. Endlich werden sie darüber wachen, dass man nicht durch übertriebenen und falschen äußeren Eifer oder durch unkluges und Aufsehen erregendes Vorgehen dem angestrebten Ziel mehr schadet als nützt.
695 Es muss also die ganze und ungekürzte katholische Lehre vorgetragen und dargelegt werden. Keineswegs darf man verschweigen oder mit zweideutigen Worten verschleiern, was die katholische Lehre sagt über die wahre Natur und die Stufen der Rechtfertigung, über die Verfassung der Kirche, über den Jurisdiktionsprimat des römischen Papstes, über die einzig wahre Union durch die Rückkehr der Dissidenten zur einen wahren Kirche Christi.
…
Damit aber dieses herrliche Werk der Wiedervereinigung aller Christen im einzig wahren Glauben und in der einzig wahren Kirche immer mehr ein Hauptanliegen der gesamten Seelsorge werde, und damit das ganze katholische Volk diese Rückkehr zur Einheit inständiger von Gott erflehe, wird es ohne Zweifel angebracht sein, die Gläubigen über diese Probleme und Bemühungen sowie über die diesbezüglichen Vorschriften der Kirche und die Gründe, auf die sie sich stützen, in geeigneter Weise, z. B. durch Hirtenbriefe, zu belehren.
Alle Gläubigen, besonders aber die Priester und Ordensleute, müssen dazu ermahnt und begeistert werden, dass sie durch ihr Gebet und ihre Opfer dieses Werk zu befruchten und zu fördern trachten; und alle mögen wohl bedenken, dass den im Irrtum Befangenen der Weg zur Wahrheit und zur Kirche durch nichts wirksamer gebahnt wird, als durch den Glauben der Katholiken, der sich in einem sittenreinen Lebenswandel bezeugt.
Gegeben zu Rom, am Sitz des Heiligen Offiziums, am 20. Dezember 1949.
† Franziskus, Kard. Marchetti-Selvaggiani, Sekretär
Alfred Ottaviani, Assessor
Gesamter Text der Instruktion Ecclesia catholica unter Dokumente zur ökumenischen Bewegung: Pius XII. De motione »oecumenica«
aus: Anton Rohrbasser, Heilslehre der Kirche, Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., 1953, S. 412 – S. 420
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