Das hochheilige Messopfer – Bleibende Offenbarung des göttlichen Herzens Jesu
In der heiligen Wandlung kommt Jesus Christus zu uns
Zweierlei Weisen hat Gott, mit dem Menschen zu verfahren. Muss er ihnen Furcht vor dem Bösen einjagen oder sie wegen ihrer Schlechtigkeit strafen, da macht er Lärm und mitunter gewaltig großen, daß die Menschen es wohl fühlen müssen. Um den Israeliten heilsame Furcht vor seinen Geboten einzuprägen, hat er sie ihnen unter Blitz und Donner Donner und schreckbarem Rauchen des Berges Sinai gegeben, daß die Juden gebeten haben, es möge lieber Moses an Gottesstatt zu ihnen reden. Und wenn er kommen wird zum letzten Gericht, zur endgültigen Scheidung der Bösen von den Guten, da wird solches Rauschen des Meeres, Erdbeben und Feuer sein, daß die Leute vor Schrecken verschmachten werden.
Will Gott der Herr aber den Menschen etwas Gutes und Liebes tun, da ist d er zwar auch göttlich groß, aber er tut es gerne still, sanft, geräuschlos…
Es war sechs Uhr morgens, da hat das Glöcklein vom Turme geläutet und mich in die Kirche gerufen, wo bereits einige Leute beisammen waren. Dort habe ich die priesterlichen Gewande angelegt und bin zum Altare gegangen, um die heilige Messe zu lesen. Ungefähr in der Mitte derselben habe ich im Auftrag und nach Vorschrift der Kirche einige Worte gesprochen und musste es still und leise tun. Da nun, beim Hauch dieser Worte, ist es geschehen, – ein Wunder über alle Wunder, O! So groß, so reiche, so weit hinaus wirkend, Himmel und Erde umfassend! Was ist denn geschehen?
Geheimnisvolle Erscheinung
… Wenn der Priester die Präfation vollendet und das dreimalige „Heilig“ mit gebeugtem Haupte gesprochen hat, dann richtet er sich wieder auf und spricht die Jubelworte: „Hosanna in der Höhe! Gebenedeit sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“ Hosanna – das ist so viel als: Heil, Glorie, Lob sei ihm; es ist so viel als Vivat-Hoch! Das besagt offenbar, das Jemand in die Kirche kommt, dem dieser Segensgruß dargebracht wird. Wer ist es denn, der da kommt im Namen des Herrn?
Es ist der König aller Könige, das Höchste aller Wesen, der liebenswürdigste aller Menschen – der Gottmensch Jesus Christus. Er ist es, der da kommt, und er kommt im Augenblick der Wandlung. – Ist das möglich?
Vor 1900 Jahren hat zu Nazareth in Asien drüben eine arme Jungfrau gewohnt. Als sie einmal ganz allein im frommen Gebet war, erschien ihr ein Engel und brachte ihr Gruß vom Himmel her und mit dem Gruß eine Botschaft von Gott dem Herrn. Die Botschaft lautete: Sie, die Jungfrau sollte Mutter des Sohnes Gottes werden, dieser werde in ihr Menschenwesen annehmen. Ganz erstaunt über diese unerwartete Nachricht fragt die Jungfrau, wie denn solches geschehen könne? Da gab ihr der Engel den Aufschluss: der Geist Gottes werde über sie kommen, und die Kraft des Allerhöchsten werde sie überschatten. Diese Kraft werde das Erstaunliche in ihr wirken – die Menschwerdung des Sohnes Gottes. Und so ist es auch wirklich geschehen. Als die Jungfrau die Antwort gab: Mir geschehe nach deinem Wort – da ist das ewige Wort – der Sohn Gottes Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. „Bei Gott ist nichts unmöglich“, hat der Engel gesagt.
Und nun nimm deine Sinne zusammen und merke auf! Du wirst gesehen haben, wie der Priester am Altare nach dem Offertorium des Kelches sich zuerst betend verbeugt, dann aber richtet er sich auf, erhebt Augen und Hände zum Himmel und spricht dabei: „Komm Heiligmacher, Allmächtiger, ewiger Gott und segne diese Opfergaben, die zur Verherrlichung deines Namens zubereitet sind.“ Der „Heiligmacher“, den er ruft, das ist in der Kirchensprache der allmächtige und ewige göttliche Geist selber. Diese Bitte wird nun jedesmal bei der Wandlung erfüllt.
In dem Augenblick, wo der Priester über das Brot die hochheiligen Worte Christi spricht: „Das ist mein Leib“, und über den Wein. „Das ist der Kelch meines Blutes“, da verwandelt sich das Brot in den heiligen Leib Christi und der Wein in das Blut Christi. Der gläubige Christ fragt nicht erst: „Wie soll das geschehen?“ Er weiß es wohl: Der heilige Geist hat des Priesters Gebet erhört, und kommt über das Brot und den Wein, und die Kraft des Allerhöchsten überschattet sie, und vollbringt die wunderbare Wandlung. „Denn bei Gott ist nichts unmöglich!“
Durch diese Wandlung wird also der Gottmensch Jesus Christus wahrhaft und wesentlich gegenwärtig. Ihm hat des Priesters Zuruf gegolten: „Hoch, Preis dem, der da kommt im Namen des Herrn! Ihm gilt die feierliche Stille in der Kirche; ihm beugen sich die Knie, senken sich die Augen, neigt sich das Haupt; ihm läutet das Glöcklein am Altare und die Glocke vom Turme, ihm schlagen die Herzen aller Gläubigen entgegen. Alles sagt uns: „Es ist jetzt Gott bei uns!“
Nun sieh! Der Priester sagt während der heiligen Messe öfter zum anwesenden Volke: „Der Herr sei mit euch!“ Aber nach der Präfation, wo die stille Messe anfängt, bis nach der Kommunion sagt er es nie; denn da braucht er nicht mehr den Wunsch auszusprechen, daß der Herr mit uns sei, da sagt uns ja Alles: Der Herr ist schon da und mit uns. Wohl aber spricht der Priester nach der Wandlung wie vor dem der Herr selber: „Der Friede sei mit euch auf immerdar!“
Endlich ist noch eines zu bedenken. In der Zeit, wo der Herr in der Wandlung gegenwärtig wird, sterben viele Leute auf der Welt, und werden sogleich gerichtet. Und wer sie alle richtet, das ist der dort, welcher in der Wandlung gekommen ist. Einmal, vielleicht schon nach Kurzem, hält er auch Gericht über dich. Hast du dich ordentlich aufgeführt in deinem Leben, dann spricht er zu dir das süße allbeseligende Wort: Du guter und getreuer Knecht! Gehe jetzt ein in die Freude deines Herrn.
Wenn du dies Alles bedenkst, wo du bei der Messe zugegen bist, ich meine, da könne es gar nicht fehlen, daß du die Wahrheit des Wortes fühlst: „Selig, die zwar nicht sehen, aber dennoch glauben.“
Die Wandlung ist wahrhaft eine liebevolle Heimsuchung Gottes. Er ist dort auf dem Altare mit all seiner Liebe und Milde, mit all seiner Macht und Güte, mit allen Schätzen seiner reichen Gottheit; er ist da mit demselben guten, herablassenden, erbarmungsreichsten Herzen. Ja gerade das Herz, seine Güte und Liebe ist es, welche ihn herabzieht auf den Altar. Du kannst da in voller Wahrheit in St. Paulus sagen: „Es ist erschienen die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Erlösers.“ Und er erscheint in der Wandlung deinetwegen und für dich, er sucht dich heim. Und du kannst und musst sagen, wie ehedem der heilige Johannes vom Kreuz.
Er lag einst lange hingestreckt vor dem Allerheiligsten, stand dann voll Freude und mit lautem Jubel und wie flammend im Gesicht auf. Als nun Jemand, der dieses gesehen, ihn um die Ursache dieses Jubels fragte, antwortete Johannes noch ganz trunken vor Freude: „Soll ich nicht voll Jubel sein, da ich meinen Herrn gesehen und angebetet habe?“ Dann breitete er seine Hände aus und rief: „O was für einen guten Gott haben wir doch! O wie gut er doch ist!“ –
aus: Franz Ser. Hattler, Das hochheilige Messopfer, 1902, S. 11 – S. 20