Das Fest Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel
Das Skapulierfest (16. Juli)
Im Lande Israel hatte es 3 ½ Jahre nicht mehr geregnet. Es war die Dürre groß, das Elend namenlos, und Alles seufzte nach Regen. Da bestieg Elias den Gipfel des Berges, um von Gott Regen zu erflehen. Dann sprach er zu seinem Knaben: „Geh` und schau` gegen das Meer.“ Der Knabe ging und berichtete: „Es ist nichts da.“ Und Elias sprach wieder: „Gehe hin, siebenmal.“ Und beim siebenten Mal kam ein kleines Wölklein wie eine Hand vom Meer herauf uns setzte sich am Berge Karmel an. Gleich darauf wurde finster der Himmel von Wolken, und es kam ein starker, befruchtender Regen.“ (3. Kön. 18) Diese Geschichte hatte folgende vorbildliche Bedeutung:
Die 42 Monate dauernde Dürre und die deshalb sich mehrende Trübsal ist das Bild des trostlosen Elendes, welches die Sünde über die ganze Menschheit ausgebreitet hat. Diejenigen, welche die Hoffnung auf die von Gott verheißene Erlösung festhielten, flehten sehnsüchtig: „Tauet herab ihr Himmel, und ihr Wolken, regnet den gerechten; die Erde öffne sich und bringe hervor den Erlöser!“ (Isai. 45,8) Endlich erschien über dem Meere der Trübsal das liebliche Wölklein „Maria, die Gnadenvolle“ und gebar den Sohn, durch den alle Völker gesegnet werden.
Auf diesem Berge Karmel wohnten seit dem ersten Pfingstfest in Jerusalem immer fromme Einsiedler, welche dem Gebet und der Betrachtung obliegend, vorzüglich auch die Mutter Gottes verehrten. Schon die Kaiserin Helena baute ihnen an der Stelle, wo Elias die heilbringende Wolke gesehen, eine prächtige Kirche. Als eigentlicher Gründer des Karmeliten-Ordens wird genannt der ritterliche Kreuzfahrer Berthold aus Kalabrien, welcher in einer Schlacht wider die Mohammedaner Gott und Maria gelobt hatte, auf dem Karmel als Mönch zu leben; er ließ sich daselbst mit zehn Begleitern nieder und baute eine Kapelle zur Ehre der seligsten Jungfrau. Bald mehrte sich ihre Zahl, und der Patriarch Albert von Jerusalem gab ihnen eine Ordensregel, welche Papst Honorius II. 1224 bestätigte.
Von den Mohammedanern verfolgt, wanderten diese Mönche aus nach Europa, trennten sich nach ihrer Nationalität, gründeten neue Klöster in Italien, Frankreich und England und konnten schon 1245 dort zu Aylesford das erste Generalkapitel halten. Auf diesem wählten sie zum Ordensgeneral den Engländer Simon Stock, einen Mann, der über 20 Jahre im hohlen Stamm einer Eiche nur von Wurzeln gelebt, sich ganz nur der Liebe Jesu und der Verehrung Mariä gewidmet und von Gott außerordentliche Gnaden erlangt hatte. Er leitete den Orden mit großer Weisheit, gründete viele neue Klöster und beförderte mit Eifer die Andacht zu Maria.
Lebhaft beschäftigte ihn auch der Gedanke, ein Mittel zu finden, durch seinen Orden die Verehrung der Mutter Gottes auch unter dem gläubigen Volk mehr zu beleben. Inbrünstig flehte er mit Fasten und Buße zu Maria, sie wolle sein Vorhaben unterstützen und ihm ein Zeichen geben, daß ihr dieser Plan wohl gefalle. Huldvoll erhörte Maria diese Bitte, erschien von vielen Engeln begleitet, ihrem treuen Diener und sprach, ihm ein Skapulier darreichend: „Empfange dieses Skapulier als das Ehrenkleid meiner Bruderschaft; es ist ein Zeichen des Heiles, eine Schutzwehr in Gefahren, ein Unterpfand des Friedens und ewigen Bundes; befördere die Liebe zur Herzens-Reinigkeit unter den Gläubigen; an diesem Skapulier will ich sie als meine lieben Kinder anerkennen; und wer dieses Kleid bis zum Tode würdig trägt, wird das ewige Feuer nicht zu leiden haben.“ Diese Offenbarung geschah am 16. Juli 1251 zu Cambridge in England, wurde vom apostolischen Stuhl untersucht und in Folge dessen dann die so berühmt gewordene Skapulier-Bruderschaft eingeführt; ihr Titularfest wurde auf den heutigen Tag angeordnet, zuerst von Papst Sixtus V. (1585 bis 1590) nur für den Karmeliten-Orden, später von Benedikt XIII. (1724 bis 1730) für die ganze Kirche.
Nun erfüllte sich der sehnsüchtige Wunsch des hl Simon in der großartigsten Weise: Millionen Katholiken aller Stände baten bei den Karmeliten um die Gnade, das Skapulier, das Ehrenkleid Mariens, das Zeichen des Heiles und das Unterpfand des ewigen Bundes mit der gnadenvollen Mutter Gottes, tragen zu dürfen. Der beste Beweis dafür, daß Maria auch durch diese Bruderschaft der alten Schlange den Kopf zertreten hat, ist deren wütendes Gezisch gegen dieselbe. Eingebildete Weise und sich selbst rühmende Aufgeklärte verdammten das Skapulier als einen Aberglauben, als ein kindisches Spielzeug geistloser Frömmelei, und eiferten wider diese Bruderschaft als wider ein schädliches Unkraut, das den Weizen der christlichen Vollkommenheit und echten Tugend überwuchere und vernichte. O diese Muster der Vollkommenheit, diese Eiferer für unverfälschte Tugend! Schade, die Geschichte hat es ganz übersehen, zu berichten, was sie Großes für sie Sittigung des öffentlichen und des Familienlebens getan. Dagegen hat die Geschichte es nicht übersehen, zu bezeugen, daß die größten Männer, die bewährtesten Diener Gottes und edelsten Wohltäter der Menschheit: ein hl. Eduard, ein hl. Ludwig, ein hl. Pius V., ein hl. Laurentius Justiniani, ein hl. Karl Borromäus, ein hl. Franz von Sales usw. mit frommer Ehrfurcht das Skapulier trugen, daß Unzählige aus den drohendsten Gefahren des Leibes und der Seele durch die Schutzwehr des Skapuliers wunderbar gerettet wurden.
Die Geschichte von sechshundert Jahren her weiß von keinem Einzigen, der im Leben das Skapulier mit Ehrfurcht und Andacht getragen, zu berichten, daß er auf dem Sterbebett bereut hätte, die Königin des heiligen Skapuliers verehrt zu haben; wohl aber von Tausenden, welche im Angesicht des Todes voll des freudigsten Vertrauens ihr Skapulier küßten als das Unterpfand ihres ewigen Bundes mit Maria, der Ursache unseres Heiles. Deshalb bleibt das Fest Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel ein Lieblingsfest aller Katholiken und das heilige Skapulier ein hoch geschätztes Ehrenkleid ihrer trostvollen Aufnahme unter den besondern Schutz der Mutter Gottes und ein fortwährendes wirksames Mahnzeichen, sich dieses besondern Mutter-Schutzes würdig zu machen durch Liebe, Demut und Reinigkeit. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 533- S. 535
Betreffs des „Samstagsprivileg“ siehe: Sabbatina cs. bulla