Das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens
Maria Immaculata
An uns, den Nachkommen jener alten Christen, ist es auch, daß wir in einem so schönen und löblichen Bestreben nicht zurückbleiben und jene Feste mit echt christlichem Eifer begehen. Die beste Verehrung wird es übrigens bleiben, wenn wir an diesen Festtagen die Tugenden der seligsten Jungfrau recht erwägen, und darauf bedacht sind, uns dieselben anzueignen; daneben aber auch sie anzurufen, daß sie uns durch ihre Fürbitte Gottes Hilfe zu allem Guten erflehen möge.
Die Feste aber, welche wir zu Ehren der Mutter Gottes feiern, sind folgende:
Das Fest der unbefleckten Empfängnis Mariä.
Der heil. Augustin sagt: „Davon kann um der Ehre des Herrn willen keine Rede sein, daß die heilige Jungfrau irgend eine Sünde auf sich gehabt hätte.“ Im Einklang mit diesen Worten sprach sich stets die altchristliche Überlieferung dahin aus, daß die, welche den Heiland gebären sollte, niemals, vom Augenblick ihrer Empfängnis an, auch nur durch einen Flecken der Erbsünde verunreinigt gewesen sei und der hl. Vater, Pius IX., hat unter Zustimmung der Bischöfe und zur Freude der Gläubigen diese Wahrheit als einen Glaubenssatz der katholischen Kirche feierlich verkündigt. An dem genannten Festtag nun danken wir Gott, daß er an seiner Gebärerin solche Barmherzigkeit bewiesen, und flehen zu ihm, nachdem wir mit dem Flecken der Erbsünde in die Welt eingetreten sind, durch die hl. Taufe aber von derselben gereinigt worden, er möge um der seligsten Jungfrau willen uns die Gnade verleihen, daß wir diese unsere Reinigkeit fortan bewahren. Kennt ihr die Abbildung der seligsten Jungfrau, welche man „die unbefleckte Empfängnis“ zu nennen pflegt?“ …
Die Mutter Gottes steht auf der Erdkugel, hat eine Lilie in der Hand und tritt auf die Schlange. Dabei hat sie den Mond zu ihren Füßen und einen Kranz von Sternen um das Haupt…
… die Lilie wird wohl ihre Reinheit bedeuten.
So ist es. Daß sie aber durch Gottes Gnade auch von der Erbsünde rein geblieben sei, und daß jener alte Verführer aus dem Paradiese her keine Gewalt gehabt habe, sie in seine Bande zu verstricken, das ist ausgedrückt durch die Schlange unter ihren Füßen, welcher sie den Kopf zertritt. Weil sie nun so rein und heilig ist, darum ist sie hoch erhaben über alle Menschen, und als Königin der Erde ist sie abgebildet auf dem Erdball stehend. Der Mond, welcher, in stetem Wechsel begriffen, bald zu- bald abnimmt, liegt unter ihren Füßen; das deutet an, daß sie über allen irdischen Wechsel und über alles Wanken zwischen Gut und Böse erhaben ist. Daß sie mit ihrem Sinn hoch bei Gott weilt, und mit ihm allein beschäftigt ist, das verkünden uns denn die Sterne, zu denen sie ihr Haupt erhebt, und von welchen sie wie von einer Krone um ihrer Heiligkeit willen umgeben ist…
Zwar bist du nicht von der Erbsünde frei geblieben; aber du bist doch von ihr gereinigt durch die hl. Taufe; und so ist es nunmehr auch deine Pflicht, der Schlange den Kopf zu zertreten, und dorthin keiner Versuchung des Teufels Gehör zu schenken. Die Schlange zeigt auf dem Bild jenen Apfel der Verführung in ihrem Rachen; gewöhnlich ist der Apfel noch mit einigem schönen Laub umgeben. So sucht der Teufel noch immer die Sünde auszuschmücken und in der schönsten Gestalt zu zeigen. An uns aber ist es, durch diese seine Kunstgriffe uns nicht täuschen zu lassen, und vor der Sünde dann am meisten zu fliehen, wenn sie uns am schönsten dünkt. Recht fest müssen wir die Lilie in den Händen, oder vielmehr die Reinheit und Heiligkeit in dem Herzen halten; und endlich müssen auch wir mit unseren Sinnen und Trachten uns über die Sterne hinweg zu Gott erheben, und müssen alles Irdische und Wechselnde mit Füßen treten, es für unwert halten, daß wir um seinetwillen jemals den Willen unseres himmlischen Vaters verletzen sollten. –
Weil Maria so das gerade Gegenteil von Eva geworden ist, und weil sie als Mutter des Erlösers uns Segen und Heil brachte, während Eva den Fluch Gottes auf uns lud, darum heißt es auch in dem alten schönen Kirchenlied, sie habe den Namen „Eva“ umgewendet, so daß „Ave“ (Sei gegrüßt) geworden ist.
Stern auf hohem Meere!
Mutter Gottes! Hehre
Jungfrau nun und immer,
Himmelstor voll Schimmer!
Laß dich mit dem süßen
Engels-Ave grüßen;
Sei uns Frieden spendend,
Eva`s Namen wendend!
Laß die Schuld entbinden!
Bringe Licht den Blinden!
Aller Übel Fluten
Wende uns zum Guten!
Mutter dich erzeige!
Unser Flehen steige
Durch dich auf zum Sohne,
Deiner Ehren Krone!
Die du Gott gefallen,
Jungfrau, sanft von Allen!
Schuldlos laß auf Erden
Sanft und keusch uns werden!
Spende reines Leben;
Mach den Weg uns eben,
Daß in Himmelsauen
Froh wir Jesum schauen.
Gott sei gepriesen,
Lob dem Sohn erwiesen,
Und dem Geist, dem Hehren!
Allen gleiche Ehren!
aus: Gregorius Rippel, Die Schönheit der katholischen Kirche dargestellt in ihren äußeren Gebräuchen in und außer dem Gottesdienst für das Christenvolk, 1901, S. 153 – S. 156