Der heilige Petrus der erste Papst der Kirche
Du hast wohl, freundlicher Leser, schon oft die Lebensgeschichte des hl. Petrus gelesen, soweit die vier Evangelien und die Apostelgeschichte dieselbe treuherzig unter dem Beistand des heiligen Geistes erzählen: heute betrachte und und verehre den hl. Petrus in seiner höchsten Amtswürde als das sichtbare Oberhaupt der katholischen Kirche, als ihren ersten Papst.
Schon bei der ersten Berufung der Apostel blickte Jesus den Simon an und sprach zu ihm: „Du bist Simon, der Sohn des Jona; du wirst Kephas – Petrus (Fels) – genannt werden.“ (Joh. 1,42) Diese Namengebung ist bedeutungsvoll, weil derselbe Sohn Gottes, welcher im Alten Bund den Stammvätern des auserwählten Volkes die neuen Namen: „Abraham“, „Israel“ und seinem Vorläufer den Namen „Johannes“ gegeben, und selbst als der neue Adam seinen Namen „Jesus“ vom himmlischen Vater empfangen hatte, unter allen Aposteln dem Simon allein einen neuen Namen gab. Die Erklärung dieses Namens hat Jesus zu Cäsarea Philippi ausgesprochen, wo Er die versammelten Apostel fragte: „Für wen haltet ihr Mich?“ Simon Petrus antwortete und sprach: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Jesus aber antwortete und sprach: „Selig bist du Simon, Sohn des Jona; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist. Und Ich sage dir: du bist Petrus, und auf diesen Felsen will Ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und dir will Ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Was immer du binden wirst, auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden sein: und was immer du lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gelöst sein.“ (Matth. 16)
In diesen Worten verkündet Jesus ein Dreifaches: a) Das Zeugnis des Simon über meine Person ist nicht der Ausspruch seiner und seiner Mitapostel Meinung, sondern der Ausspruch des himmlischen Vaters selbst, und deshalb ist dieser Ausspruch eine göttliche und Alle zum Glauben verpflichtende Wahrheit. So ist es heute noch: wenn der Papst über Jesus Christus, d. h. über seine Person, über seine Glaubens- und Sittenlehre Zeugnis gibt, so ist sein Ausspruch nicht seine oder seiner Mitbischöfe menschliche Meinung, sondern der Ausspruch Gottes selbst und eine Alle zum Glauben verpflichtende Wahrheit. b) Die feierliche Erklärung des dem Simon verliehenen Namens: er bedeutet „Fels“, und Petrus ist der feststehende, unentwegliche und unüberwindliche Felsen, auf dem Jesus, der weise Baumeister, der nicht auf Sand, sondern auf Felsen baut (Matth. 7,24-27), seine Kirche fortbaut bis zum Ende der Zeiten. Der bald 1900jährige Sturm, den die Pforten der Hölle wider diesen Felsen in tollem Ingrimm unternehmen, ist die augenscheinliche Probe seiner übernatürlichen Festigkeit. c) Die bestimmte Verheißung, daß Er dem Petrus, dem unüberwindlichen Felsenmann, die höchste Amtsgewalt in der neuen Kirche übergeben werde mit den Schlüsseln des Himmelreiches.
Diese dem Petrus gegebene Verheißung hat Jesus nach seiner Auferstehung von den Toten, nach dem wunderbaren Fischfang, und nach dem geheimnisvollen Mahl am See Genesareth (Joh. 21) erfüllt, indem Er zu ihm sprach: „Simon, Sohn des Jona, liebst du Mich?“ Er sprach zu Ihm: Ja Herr, Du weißt, daß ich Dich liebe.“ Er sprach zu Ihm: „Weide meine Lämmer“ …(Joh. 21) So hat Jesus in förmlichster und feierlichster Weise den Petrus an Seiner Statt zum Einen Hirten seiner Einen Herde eingesetzt. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 490
Dieses Hirtenamt verwaltete Petrus sogleich nach der Himmelfahrt Christi: als er die versammelten Apostel und Jünger ermahnte, einen andern Apostel anstatt des Verräters Judas zu erwählen; und als er am Pfingstfest nach empfangenem heiligen Geist die erste Predigt von Christus dem Herrn an die versammelten Juden mit solchem Eifer und Nachdruck hielt, daß dreitausend derselben sich auf einmal bekehrten. Er war auch der erste, der die Lehre des Evangeliums mit Wundern bekräftigte. Den Anfang machte er an einem lahmen Bettler, der täglich bei dem Eingang des Tempels um Almosen bat. Denn zu diesem sprach er: „Silber und Gold habe ich nicht, was ich aber habe, das gebe ich dir. Im Namen Jesu Christi von Nazareth stehe auf und wandle.“ Und in demselben Augenblick stand der vom Mutterleib an lahme Bettler geheilt auf. Nach diesem ersten Wunder folgten unzählbare andere und zwar so, daß die Kranken durch den bloßen Schatten des Petrus gesund wurden, wie die heilige Schrift ausdrücklich erzählt. Die Vorsteher der Juden geboten zwar dem Petrus und den andern Aposteln, nichts mehr von Jesus zu predigen; Petrus antwortete aber: „Urteilt selbst, ob es billig sei im Angesicht Gottes, daß man euch mehr gehorche, als Gott.“ Und ein anderes Mal sprach er zu ihnen „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Petrus ließ nicht nach, obwohl er deswegen in den Kerker geworfen und gegeißelt wurde. Er war auch der erste, der auf göttliche Ermahnung hin den Heiden das Evangelium predigte, wie in der Apostelgeschichte im zehnten Hauptstück ausführlich zu lesen ist.
Zuerst predigte Petrus das Evangelium den Juden und wirkte viele Wunder. Er machte den Aeneas, der acht Jahre lang gichtbrüchig war, augenblicklich gesund und erweckte Tabitha, eine fromme verstorbene Witwe, wieder zum Leben. Er begab sich später in verschiedene andere Länder, legte an allen Orten den ersten Grund zum Christentum, weihte Priester und Bischöfe, die den neu errichteten Kirchen vorstehen sollten. Zu Antiochia errichtete er seinen ersten Sitz, und verweilte dort fast sieben Jahre lang, jedoch so, daß er während dieser Zeit auch an vielen anderen Orten den Glauben Christi verkündigte. Zu Jerusalem ward er auf Befehl des Königs Herodes in den Kerker geworfen, aber von einem Engel wunderbar wieder daraus befreit. Hernach begab er sich mit einigen andern nach Rom, wo die Abgötterei ihren Hauptsitz hatte. Von Rom aus schickte er seine mit apostolischem Geist versehenen Jünger nach Spanien, Frankreich, Sizilien, Deutschland und in andere Länder zur Verkündigung des christlichen Glaubens. Er selbst aber errichtete in Rom seinen bischöflichen Sitz, predigte und bekehrte eine unzählbare Menge von Ungläubigen. Im neunten Jahr wurde er mit vielen anderen Christen aus Rom vertrieben. Da kam er nach Jerusalem, besuchte sowohl in dieser Stadt als an anderen Orten die Neubekehrten, tröstete und munterte sie auf; predigte mit größtem Eifer denen, die sich noch nicht bekehrt hatten, und reiste dann wieder nach Rom, wo er den herrlichsten Sieg über den bekannten Zauberer Simon (Simon Magus) erhielt. Dieser hatte sowohl den Kaiser Nero, als auch das römische Volk mit seiner Zauberei und falschen Lehre verblendet und viele von der Annahme des wahren Glaubens abgehalten. Petrus entdeckte den Betrug und erweckte zur Bestätigung seiner Lehre einen Toten, den Simon zwar erwecken wollte, aber nicht konnte. Dieser Zauberer bestimmte einen Tag, an welchem er zum Zeichen, daß er die Wahrheit bis zu dieser Zeit gelehrt hätte, sichtbar in den Himmel fahren wolle. Der Tag erschien, und Simon wurde durch die Hilfe der Teufel wirklich schon in die Höhe geführt. Petrus aber gebot nach verrichtetem Gebet dem Teufel, zu weichen, und sieh, da fiel der betrügerische Zauberer auf die Erde herab und brach seine Beine so, daß man ihn voll Schmerz und Schande hinweg tragen musste.
Dieses Wunder öffnete vielen Ungläubigen ihre Augen, und sie verlangten die heilige Taufe. Nero aber, der den Simon sehr liebte, ergrimmte über den heiligen Petrus und ließ ihn samt dem heiligen Paulus in den mamertinischen Kerker werfen. Die frommen Christen ersuchten den heiligen Petrus mit weinenden Augen, er möchte doch aus dem Kerker entfliehen, damit er sein Leben länger erhalten und für sie sorgen könnte. Die Liebe gegen seine Schäflein bewog Petrus, ihnen zu willfahren. Als er aber schon bis an die Stadtpforte kam, begegnete ihm Christus der Herr sichtbar und antwortete auf seine Frage, wohin er gehe: „Ich gehe nach Rom, um mich abermals kreuzigen zu lassen.“ Petrus verstand diese Worte und wurde, als er den Gläubigen dieses Gesicht erzählt hatte, verhaftet und in dem mamertinischen Kerker neun Monate gefangen gehalten. Den 29. Juni im Jahre 67 nach Christus wurde er endlich als Jude auf Befehl des Nero nach jenem Teil der Stadt geführt, wo die Juden wohnten, und hier wie Jesus zuerst gegeißelt, und dann auf seine Bitte mit dem Haupt abwärts gekreuzigt. Er hielt sich unwürdig, wie Jesus zu sterben, wegen seiner früheren Verleugnung. Seine Reliquien werden in der prachtvollen St. Peterskirche zu Rom verehrt. Er hat zwei herrliche Briefe geschrieben, welche im Neuen Testament enthalten sind. Der erste Papst (von Papa = Vater) war der heilige Petrus von jenem Tage an, als ihm der göttliche Heiland die Vollmacht verhieß: „Du bist Petrus“ etc. (Matth. 16,17-19) und ihm dieselbe nach seiner Auferstehung übertrug: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe“ etc. (Joh. 21,15-18). Der heilige Petrus schlug dann seinen Sitz auf in Antiochia, wo er sieben Jahre war, und hierauf in Rom, wo er über 25 Jahre sein Hirtenamt verwaltete bis zu seinem Martertod. Im ganzen war er also 34 Jahre das Oberhaupt der heiligen katholischen Kirche. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 494 – S. 496
siehe auch den Beitrag: Geschichte und Bedeutung des Stuhles Petri