Heiligenkalender
26. November
Der heilige Konrad Bischof von Konstanz
Im Jahre 1876 strömten aus allen Gegenden des Bodensees die Katholiken in ungeheurer Anzahl nach Konstanz, um mit mehreren Bischöfen, hohen Prälaten und zahlreichen Geistlichen acht Tage lang in glänzendster Festlichkeit das Andenken an den Heiligen zu feiern, welcher vor neunhundert Jahren den bischöflichen Stuhl dieser Stadt mit dem unsterblichen Ruhm seiner Tugenden und Verdienste geziert hat.
Konrad, so hieß der Hochgefeierte – war der Sohn des Grafen Heinrich von Altdorf, aus dem Stamm der Welfen und der Gräfin Beata von Hohenwart aus Bayern. Eine vortreffliche Erziehung in reiner, kindlicher Gottesfurcht entfaltete seine reichen Anlagen des Geistes und Gemütes zu hoffnungsvoller Blüte. Die besorgten Eltern vertrauten ihn dem Bischof Notung in Konstanz zur wissenschaftlichen Ausbildung an. Konrad erfreute den väterlichen Gönner täglich durch seinen ausdauernden Fleiß, seine großen Fortschritte in der Schule und noch mehr durch seine ungeheuchelte Demut vor Gott und durch die makellose Reinheit seiner seiner Sitten vor den Menschen. Lockend bot die Welt dem jungen Grafen Überfluss an Glanz und Ehren an: er aber bat demütig um die Aufnahme in den Priesterstand. Noting erteilte ihm die heiligen Weihen zum Dienst des Gekreuzigten und behielt ihn in seiner unmittelbaren Nähe als erwünschte Stütze seines Alters.
Konrad ehrte dieses zutrauen durch unermüdliche Tätigkeit, große Umsicht in den Geschäften und kindlich treue Anhänglichkeit, weshalb seine Beförderung zur Würde des Dompropstes bald erfolgte. Nach dem Tode des Bischofs Noting 934, zu dessen Beerdigung Bischof Ulrich von Augsburg gekommen war, beratschlagte sich die Priesterschaft mit diesem über einen Nachfolger. Ulrich ordnete ein dreitägiges Fasten und öffentliche Gebete an und eröffnete dann die Wahl mit den Worten: „Alle Tugenden, die der hl. Paulus von einem Bischof verlangt, besitzt Konrad.“ Alle stimmten ihm bei: „Ja, Konrad sei unser Bischof!“ aber der Gewählte weigerte sich entschieden, den Bischofsstab anzunehmen. Doch die Geistlichkeit, das Volk und Ulrich hörten nicht auf, ihn zu bitten, bis er endlich den Ruf Gottes erkennend, sich zum Bischof weihen ließ.
Mit Hirtentreue und Vaterliebe weidete er seine Schafe und Lämmer, nährte sie reichlich mit dem Wort Gottes und lockte sie zur Nachfolge Jesu auf dem schmalen und steilen Wege zum ewigen Leben, immer auf der Wacht stehend und die gierigen Wölfe mit fester Hand abwehrend.
Für die Armen stiftete er ein großes Spital und in seinem Eifer für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen baute er drei ganz neue Kirchen in der Stadt: St. Moritz, St. Paul und St. Johann Evangelist, die er aus seinem Erbgut reich dotierte. Auch auf dem Lande beschenkte er das Volk mit mehreren neuen Kirchen, deren Kosten er aus seinen Ersparnissen deckte. Einen rührenden Beweis von der Innigkeit seiner Andacht zum Leiden Jesu Christi hat er dadurch gegeben, daß er drei Mal die sehr beschwerliche Pilgerreise nach Jerusalem machte und den Kreuzweg seines Meisters mit Liebestränen benetzte.
Mit dem hl. Ulrich von Augsburg lebte er in herzlichster Freundschaft, sie waren Ein Herz und Eine Seele und besuchten sich öfters zu gottseligen Besprechungen. Beide waren den Söhnen des hl. Benedikt zu Einsiedeln mit besonderem Wohlgefallen zugetan und wallfahrteten fast alljährlich dahin zur Gnadenmutter Maria. Und wieder kamen beide dahin, von vielen Edlen aus Deutschland begleitet, im Jahre 948, als Abt Eberhard über dem Grabe des hl. Meinrad eine neue Kapelle und über derselben eine herrliche Kirche vollendet hatte; Konrad sollte sie, da Einsiedeln in seinem Bistum lag, einweihen. Er ging um Mitternacht vor dem 14. September mit einigen Mönchen, seiner Gewohnheit gemäß, in die Kirche zum Gebet und sah, wie in Gegenwart Jesu Christi und der gnadenvollen Mutter Maria die heiligen Engel die Kapelle einweihten mit denselben Zeremonien, welche den Bischöfen bei einer Kirchweihe vorgeschrieben sind. (s. Die Engelweihe von Einsideln) Am andern Tage weigerte er sich, die heilige Kapelle zu weihen, musste jedoch gegen Mittag dem Drängen der hohen Herren und Fürsten, welche das geschehene Wunder nicht glauben wollten, nachgeben und die Weihe beginnen. Da er scholl vom Himmel drei Mal der laute Ruf, den die gedrängte Volksmasse deutlich hörte: „Laß ab, Bruder, die Kapelle ist von Oben geweiht!“ (Siehe: Hl. Eberhard Abt von Einsiedeln)
Konrad beteiligte sich auch an vielen Kirchensynoden: zu Augsburg, Ingelheim, Mainz usw., arbeitete rastlos an der Heiligung der Priester und des Volkes. Seine angenehmste Erholung genoß er vor dem heiligsten Altarsakrament kniend. Seine Ehrfurcht vor diesem göttlichen Geheimnis belohnte Gott mit einem Wunder. Als einst bei der heiligen Wandlung eine giftige Spinne ihm in den Kelch fiel, trank er bei der Kommunion lieber das heilige Blut mit der Spinne, als daß er sie heraus nahm. Zu Mittag, da er sich zu Tische setzte, ging zur Verwunderung der Anwesenden die Spinne lebendig aus seinem Munde. – Sein Lieblingsschüler Gebhard, ein gar munterer Knabe, erlaubte sich einmal den Scherz und setzte sich majestätisch auf den bischöflichen Stuhl. Konrad kam zufällig dazu. Schamrot wollte der Kleine davon schleichen; der Heilige aber sagte: „Gebhard, du hast dich zu früh auf meinen Stuhl gesetzt; nach mir wird noch ein anderer ihn besitzen, aber dann wird die Reihe an dich kommen; bleibe nur recht brav.“ So geschah es: Gebhard wurde sein zweiter Nachfolger und ein Heiliger.
Nachdem Konrad 42 Jahre den Hirtenstab getragen, verordnete er in seiner Demut, daß seine Leiche nicht in, sondern außer der Kirche begraben werde; und der Herr nahm ihn auf in die ewige Ruhe 976. Über seinem wunderreichen Grab wurde eine Kapelle erbaut und für seine große Festfeier 1876 prachtvoll restauriert. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 884 – S. 886