Heiligenkalender
16. Dezember
Heiliger Eusebius von Vercelli Bischof und Märtyrer
Das heilige Weihnachtsfest naht, und die göttliche Vorsehung hat huldvoll den hl. Eusebius auserwählt, dass er, der treue Oberhirt, das christliche Volk zur Krippe führe und ihm die Göttlichkeit des aus Maria geborenen Kindes unter den Zügen der Schwäche und Sterblichkeit zeige. Die Leiden, welche dieser heilige Bischof um der Gottheit Jesu willen duldete, waren so groß, dass die Kirche ihm die Ehrenkrone des Martyriums zuerkannte, obwohl er nicht eines blutigen Todes gestorben war.
Eusebius, von der Insel Sardinien gebürtig, kam schon als Kind mit seiner Mutter nach Rom, wo er, in den Wissenschaften wohl ausgebildet, sich dem priesterlichen Dienst Gottes weihte. Unter Papst Silvester war er Lektor der römischen Kirche, und die Verdienste seines heiligen Eifers für die Wohlfahrt der Gläubigen beförderte ihn schnell auf höhere Stufen.
Denn schon im Jahre 340 wurde er zur allgemeinen Freude des Volkes auf den bischöflichen Stuhl von Vercelli in Piemont berufen. Seine Amtsführung übertraf weit die auf ihn gesetzten Hoffnungen. Sein reiner, makelloser Lebenswandel und seine unermüdliche Tätigkeit leuchtete anziehend der Herde voran, die er durch die Gefahren und Versuchungen dieser Welt auf dem Wege des wahren, in Liebe tätigen Glaubens und der christlichen Frömmigkeit dem Einen guten Hirten zuführte, ohne Arbeit und Leiden zu scheuen.
Er war im Abendland der Erste, welcher das im Morgenlande schon übliche Klosterleben mit dem priesterlichen Stand vereinigte, welcher mit der Geistlichkeit seiner Stadt in einem Hause beisammen wohnend ein gemeinsames Leben führte und mit den inneren Übungen des Gebetes und der Betrachtung, die Seelsorge und das Studium der heiligen Wissenschaft verband, weshalb die regulierten Chorherren ihn zugleich mit dem hl. Augustin als ihren Ordensstifter verehren. Wie sein großer Zeitgenosse, der hl. Ambrosius, bezeugt, gingen aus dieser geistlichen Pflanzschule viele sehr tüchtige und fromme Priester, erleuchtete Bischöfe, standhafte Bekenner und glorreiche Märtyrer hervor, deren Vater Eusebius war.
Maria in Gloria mit Erzengel Gabriel und Hl. Eusebius, Hl. Sebastian und Hl. Rochus
Indessen erprobte sich seine Seelengröße und Tugend als echtes Gold vorzüglich in den Trübsalen und Verfolgungen von Seiten der Arianer, welche unter dem Schutz des Kaisers Konstantius die unerhörtesten Gewalttätigkeiten gegen die Katholiken verübten und namentlich den hoch berühmten Bischof von Alexandrien, Athanasius, die kräftigste Stütze des katholischen Glaubens, vernichten wollten. Um den Frieden herbeizuführen, berief Papst Liberius ein Konzil nach Mailand 355, auf dem aber die arianischen Bischöfe die Oberhand behielten und von den katholischen verlangten, die Verurteilung des Athanasius zu unterschreiben. Da waren es vorzüglich Eusebius und sein Freund Bischof Lucifer, welche diese Unterschreibung verhinderten.
Aufbrausend schrie der Kaiser: „Ich klage Athanasius an, das muss euch genügen.“ Mit Ruhe und Würde erwiderte Eusebius: „Auf die Persönlichkeit des Anklägers kommt es hier nicht an, wo es sich um das Urteil über einen Bischof in kirchlichen Dingen handelt; hier muss zwischen dem Kläger und dem Beklagten gleiches Recht herrschen; wenn der Kaiser, der zur Zeit, als Athanasius die ihm vorgeworfenen Vergehen begangen haben soll, nicht in Alexandria war, sich auf fremdes Zeugnis beruft, so muss auch dem Beklagten der Gegenbeweis durch Zeugen erlaubt sein.“ Stolz erwiderte der Kaiser: „Mein Wille soll euch Gesetz sein.“ Freimütig antwortete Eusebius: „Gott hat dir die Macht gegeben und wird einst von dir Rechenschaft fordern.“
Voll Zorn griff Konstantius an das Schwert und drohte ihnen mit dem Tode; doch fasste er sich noch und verurteilte sie zur Verbannung.
Eusebius wurde nach Scythopolis in Palästina verbannt und dem arianischen Bischof Patrophilus, einem Mann von eisernem Herzen, zur Bewachung gegeben. Sein Kerkerloch war so klein und niedrig, dass er weder aufrecht stehen, noch ausgestreckt liegen konnte. Später wurde er einem Comes Joseph anvertraut, der ihn gut und höflich behandelte und ihm gestattete, die Abgeordneten von Vercelli zu empfangen, welche ihm tröstliche Nachrichten aus seiner Diözese und reichliche Unterstützung brachten. Eusebius teilte diese Almosen unter die Mitverbannten aus, herzlich erfreut, ihnen ihr hartes Schicksal etwas mildern zu können.
Dieses Wohlsein des heiligen Bischofs war den Arianern unausstehlich; sie rissen ihn aus seiner Herberge, schleiften ihn – auf dem Boden – in ein anderes Haus und warfen ihn in ein schlechtes Gemach, wo sie die grausamsten Quälereien an ihn verübten, um ihn zur Kirchen-Gemeinschaft mit ihnen zu zwingen. Sein Verbannungsort wurde dann gewechselt; zuerst brachte man ihn nach Kappadozien, dann nach Ober-Ägypten, wo er bis zum Tode des Konstantius blieb.
Kaiser Julian erlaubte 361 allen des Landes verwiesenen Bischöfen auf ihre Sitze zurückzukehren. Eusebius, dem nicht seine Person, nur das Wohl der heiligen Kirche am Herzen lag, begab sich nach Alexandria, um mit dem hl. Athanasius über die Wiederherstellung der Einigkeit unter den Christen zu beraten und wohnte daselbst einem sehr wichtigen Konzil bei; dann reiste er nach Antiochia, um eine gefährliche Spaltung auszugleichen, und in mehrere Städte des Morgenlandes, um die Wankenden im Glauben zu stärken, die Verirrten auf den rechten Weg zu führen.
Seine Rückkehr 363 feierte Vercelli mit freudigstem Jubel. Aber Eusebius pflegte nicht der Ruhe, sondern trat sogleich mit dem heiligen Bischof und Kirchenlehrer Hilarius von Poitiers in enge Verbindung. Diese beiden Männer bekämpften mit bewunderungswürdiger Geistesmacht und Ausdauer des Arianismus und hatten die süße Freude, Hunderte von Bischöfen, die aus Furcht und Schwäche oder aus Unfähigkeit, die seinen Spitzfindigkeiten der Ketzer zu durchschauen, mit denselben Gemeinschaft hielten, wieder zur katholischen Kirche zurück zu führen; das Licht ihrer Wissenschaft und Heiligkeit leuchtete so mächtig über Italien und Gallien und drang so scharf in die Schlupfwinkel des Irrtums hinein, dass der Arianismus ohnmächtig in sich zusammenbrach und verschwand.
Nun nahm der ewige Vergelter seinen treuen Streiter im 88. Lebensjahr vom Kampfplatz hinweg in die Wohnungen des ewigen Friedens am 1. August 371. Von seinen Schriften sind noch manche Briefe vorhanden. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 948 – S. 950