Heiligenkalender
28. August
Der heilige Augustinus Bischof und Kirchenlehrer
Am 13. November 354 hat die hl. Monika einen Sohn geboren, den die ganze Christenheit heute noch liebt und als strahlendes Licht, als „Schild der Religion“ … mit Ehrfurcht und Dankbarkeit bewundert. Augustinus ist der Name dieses genialen Sohnes. Sein Vater Patricius, noch ein Heide, war nicht wenig stolz auf ihn und betrieb so sehr nur die Ausbildung seines Kopfes, daß die heilige Mutter mit der Erziehung seines Herzens im Rückstand blieb und ihn nicht einmal zur heiligen Taufe bringen konnte. Augustin, ein sehr flatterhafter Knabe, war nur durch Zwang zu geordnetem Lernen zu bringen, er liebte mehr ausgelassene Spiele und das Lesen schmutziger Theaterstücke, wodurch seine lebhafte Phantasie befleckt und zu gemeinen Ausschweifungen gereizt wurde. Schon in dem sechszehnjährigen Studenten brannte das Feuer der Sinnlichkeit in hellen Flammen, das den Vater nicht kümmerte, und die Mutter mit ihren Tränen nicht auszulöschen vermochte; ja Augustin verspottete ihre Warnungen und Bitten als weibliche Grillen und sündigte sogar aus Stolz, um seine frivolsten Kameraden an Wollust zu übertreffen.
Gegen Ende 370 kam er auf die Hochschule von Karthago, um seine Studien als Rhetor und Advokat zu vollenden. Hier glänzte er mit seinem riesigen Talent durch Fortschritt in allen Wissenschaften und durch Mutwillen im Chor der sittenlosesten Jünglinge. Mit dem Ungestüm der Jugend warf er sich in das leichtfertige und schamlose Treiben des Theaterlebens hinein und lebte in unehelicher Verbindung mit Melania, einem geistreichen, aber tugendarmen Mädchen, die ihm einen Sohn gebar, den er – nicht ohne Spott auf Religiosität – Adeodatus, d. h. von Gott gegeben, nannte.
Augustin, durch seine Wissenschaft die Freude des Vaters, durch seine Unsittlichkeit der Schmerz der Mutter, verfiel in die schreckliche Qual des trostlosen Zweifels und des ruhelosen Unglaubens. Des nur die Sinne aufregenden Theaterwesens müde, suchte er wieder in ernsten Studien Wahrheit. Er las die griechischen und lateinischen Philosophen – sie befriedigten ihn nicht; er wendete sich zur heiligen Schrift, sie war ihm zu einfältig; – er geriet in die Ketzerei der Manichäer, und da fühlte er sich einige Zeit befriedigt, weil er vermöge seines Scharfsinnes und seiner Beredsamkeit im Kampf mit den Rechtgläubigen oft Sieger blieb. Der junge Gelehrte war drei Jahre in Tagaste und fünf Jahre in Karthago Professor der Beredsamkeit; aber die Rohheit der Studenten wurde ihm so zum Ekel, daß er heimlich nach Rom ging, um ein edleres Wirken zu suchen. Hier ging es – nach seiner Meinung – nicht besser, er lernte in bitterer Enttäuschung die bodenlose Schlechtigkeit der Manichäer und die Lügenhaftigkeit ihrer Lehre kennen, und die Studenten betrogen ihn um das Schulgeld. Deshalb zog er sich griesgrämig auf sein Studierzimmer zurück und war sehr froh, daß er als Professor nach Mailand berufen wurde. So hatte es die Güte Gottes gefügt, welche hier die Treue einer gemarterten Mutter wundersam belohnen und sich des „Sohnes so vieler Muttertränen“ erbarmen wollte.
In Mailand machte Augustin anstandshalber einen Besuch bei dem gefeierten Erzbischof Ambrosius, von dem er mit so väterlicher Güte empfangen wurde, daß er voll Interesse für den großen Mann oft seine Predigten besuchte, zuerst freilich nur, um den berühmten Kanzelredner zu bewundern, nach und nach um sein abgemattetes Herz an dem Licht und an der Wärme der himmlischen Wahrheit zu laben. Inzwischen kam auch die Mutter aus Afrika, um den verlornen Sohn zu suchen, und half mit ihrem Gebet den gewaltigsten Kampf, den je die Gnade mit einem Menschen gekämpft hat, siegreich entscheiden.
Augustin war ganz zerrissen in seinem Innern und litt furchtbar; einerseits zog ihn die Wahrheit und Schönheit des Christentums mit der Verheißung ewiger Seligkeit, anderseits hielt ihn der Stolz, der Ehrgeiz, die neue Liebschaft in der bisherigen Sinnlichkeit zurück. Im Garten sitzend seufzte er bitter über seine Sklaverei und Feigheit: „Warum denn immer: morgen, morgen, warum nicht heute, warum nicht gleich jetzt auf aus meiner Schmach?“ – Da hörte er den Ruf einer Stimme: „Nimm und lies, nimm und lies!“ Augustin öffnete sein Buch und las: „Wie am Tage lasset uns ehrbar wandeln: nicht in Schmausereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht, Zank und Neid, sondern ziehet den Herrn Jesum Christum an und pfleget der Sinnlichkeit nicht zur Erregung der Lüste.“ (Röm. 13, 13 u. 14) Er las nicht weiter – es war genug; er nahm die Gnade Gottes an, zerriß die Ketten der Sünde, bereitete sich auf die heilige Taufe vor und empfing dieselbe feierlich von seinem Freund, dem hl. Ambrosius Ostern 387.
Mit Gott und sich ausgesöhnt kehrte Augustin zurück in die Heimat nach Afrika, lebte drei Jahre einsam auf einem kleinen Landgut mit seinen Freunden in klösterlicher Armut und widmete sich ganz dem Gebet und dem Studium. Valerius, Bischof von Hippo, weihte ihn zum Priester und ernannte ihn zu seinem Generalvikar. Nach dessen baldigem Tod musste Augustin den Hirtenstab übernehmen.
Nun sammelte er Alle, Freunde und Feinde an sein in Liebe flammendes Herz, um sie vor Irrtum zu schützen und für den Dienst Gottes zu erwärmen. Zuerst gewann er die Priester, daß sie mit ihm ein gemeinsames klösterliches Leben führten und eine von ihm entworfene Regel befolgten – das ist der Ursprung der regulierten Chorherren. – Dann stand sein Haus und Herz allen Gläubigen jederzeit offen: er predigte sehr fleißig, nicht selten zweimal im Tage, so klar, gemütvoll und herablassend, daß kein Herz ungerührt und oft kein Auge tränenleer blieb. Für die heilige Wissenschaft, für die Verteidigung des katholischen Glaubens gegen die Lügen und Verführungskünste der Ketzer und Schismatiker entwickelte er eine geradezu wunderbare Tätigkeit und Geistesgröße in öffentlichen Disputationen und in Verteidigungs-Schriften. Aus allen Teilen der katholischen Welt kamen anfragen, überall hin erteilte er Antworten und Aufschlüsse. Seine schriftlichen Arbeiten – größere Werke und kleinere Abhandlungen – erreichen die erstaunliche Zahl von 1030.
Wie mit der Feder, so war er auch freigebig mit der Hand, schonte der kirchlichen Gefäße nicht zur Unterstützung der Armen und ging oft betteln für sie.
Von den Ketzern, die seine geistige Überlegenheit fürchteten, wurde er grimmig gehaßt, und seine Ermordung wäre ihnen gelungen, hätte nicht durch ein Wunder der Vorsehung sein Führer den rechten Weg verfehlt. Die Rache, welche Augustin dafür an ihnen nahm, bestand darin, daß er für sie wirksame Fürbitte einlegte bei dem Richter Marcellin, welcher sie für Frevel, an katholischen Priestern begangen, strafen sollte.
Der in den gewaltigen Geisterschlachten immer siegende Augustin bewährte sein Heldenmut auch in den Trübsalen des Krieges, als König Genserich mit 50000 Vandalen – Tod und Verderben drohend – die Belagerung von Hippo begann. Als treuer Hirte blieb Augustin bei seiner bedrängten Herde, ermutigte die Kämpfenden, verpflegte die Verwundeten, tröstete die Sterbenden, bis die letzte Kraft seiner Nerven, der letzte Blutstropfen seines Herzens vom Feuer seiner fürsorgenden Liebe aufgezehrt war und seine Seele einging in den ewigen Frieden am 28. August 430. Die Vandalen zerstörten Hippo, verschonten aber Augustin`s Grab und Bibliothek. Die Katholiken retteten seinen Leib nach Sardinien und später nach Pavia, wo er heute noch hoch verehrt wird. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 635 – S. 638