Heiligenkalender
26. März
Der heilige Ludger Bischof von Münster
Um das Jahr 744 wurde in Friesland der heilige Ludger geboren, der erste Bischof von Münster (in Westphalen) und unermüdlicher Apostel der Friesen und Sachsen. Seine Eltern waren vornehm, reich und fromm. Auf seine Bitten ließen ihn seine Eltern, da er zum Jüngling erwachsen war, die Klosterschule und den Unterricht des heiligen Abtes Gregor, eines Schülers des heiligen Bonifatius, zu Utrecht besuchen, und er ward groß in Tugend wie in Wissenschaft. Mit seinem Mitschüler Alubert, einem Engländer, ging er von Utrecht nach England, wo der berühmte Alkuin sein Lehrer und Freund wurde. Nachdem Ludger in England ein Jahr geblieben und zum Diakon geweiht war, kehrte er nach Utrecht zurück – doch nur auf kurze Dauer. Wieder reiste er nach England zu seinem geliebten Alkuin und erst nach vier Jahren, bereichert mit Kenntnissen und Frömmigkeit zugleich, kehrte er wieder nach Utrecht zurück und empfing hier die Priesterweihe. Alberich, Gregors Nachfolger, sandte ihn in die Gegenden von Ober-Yssel, um den heidnischen Sachsen das Evangelium zu predigen. Der junge Ludger, voll brennenden Eifers und der sächsischen Sprache kundig, bekehrte in kurzer Zeit eine bedeutende Anzahl von Heiden und baute die zerstörte Kirche
Wie schwer auch die Arbeit war, Ludger ermüdete nicht. Bald hatte er mehrere christliche Gemeinden gegründet und für sie Kirchen, selbst zu Dockum, wo der heilige Bonifatius den Martertod erlitten, erbaut – da fiel Wittekind, der heidnische Sachsenherzog, in Friesland ein und verjagte die Missionare. Voll Schmerz kehrte Ludger nach Utrecht zurück und wallte nach Rom, wo Papst Hadrian I. ihn mit väterlicher Liebe aufnahm. Um das Klosterleben kennen zu lernen, ging er dann nach Monte Cassino. Hier in der Stille betend und betrachtend, brachte er längere Zeit zu und harrte des Rufes des Herrn.
Der Sachsenherzog Wittekind war indessen mit dem größten Teil seines Volkes zum Christentum bekehrt worden. Auf die Kunde davon eilte Ludger wieder zu seinen Friesen und arbeitete mit neuem Eifer an ihrer Bekehrung. Gott segnete diesen so, daß die fünf an dem Meere liegenden Landschaften Frieslands fast gänzlich bekehrt, viele Götzentempel zerstört, und an deren Stelle Kirchen zu Ehren des wahren Gottes erbaut wurden. Das segensreiche Wirken des Heiligen bewog den Kaiser Karl den Großen, ihn zum Bischof von Münster zu ernennen, und er ließ ihn ungeachtet seines Widerstrebens vom Erzbischof zu Köln dazu weihen. Als Bischof gründete Ludger an verschiedenen Orten Klöster, unter andern zu Verden und zu Helmstedt, um durch dieselben noch mehr Mitarbeiter in dem Weinberg des Herrn gewinnen zu können. Durch beständige Predigt und Unterweisung suchte er seine Untergebenen zur Tugend, die noch Ungläubigen aber zum Glauben zu bewegen. Gegen alle, besonders gegen die Armen, erzeigte er sich liebreich, gegen sich selbst aber sehr streng. Sein Unterkleid war ein rauher Bußsack, seine Abtötung ungemein groß. Obwohl er auch manchmal bei einer wohl bereiteten Tafel sitzen musste, so enthielt er sich dennoch auf geschickte Weise von allen kostbaren und ergötzlichen Speisen. Wenn er am eigenen Tisch speiste, hatte er stets einige Arme bei sich, denen er auf das liebreichste begegnete. Während der Tischzeit führte er entweder bloß geistliche Gespräche und gab den anwesenden die heilsamsten Unterweisungen, oder ließ ein geistliches Buch vorlesen; denn geistliche Bücher liebte er von Jugend auf, und man traf ihn fast niemals anders an, als mit einem geistlichen Buch in der Hand.
Einigen Unverständigen wollte die Freigebigkeit des heiligen Bischofs gegen die Armen nicht gefallen, weil er fast alle Einkünfte zu deren Trost und Hilfe verwendete. Deshalb verklagten sie ihn bei dem Kaiser Karl dem großen als einen Verschwender der bischöflichen Renten. Der Kaiser ließ ihn durch einen Kammerdiener zu sich berufen. Da dieser kam, war der heilige Bischof gerade in der Abbetung seines Breviers begriffen; daher sagte er zum Diener, er solle nur gehen; er wolle schon nachkommen. Der Diener kam zum zweiten und dritten Male; Ludger ging doch nicht früher, als bis das Gebet vollendet war. Die Ankläger nahmen daraus neuen Anlass, ihn um so mehr zu verleumden. Als er endlich zum Kaiser kam, fragte ihn dieser, warum er nicht gleich erschienen sei? Der Heilige antwortete: „Herr, wollt mir vergeben; ich bin der Meinung, man müsse Gott allen Andern vorziehen; denn also hat Ihr mir selbst befohlen, da Ihr mir das Bistum anvertraut habt. So habe ich denn erachtet, es sei der gesunden Vernunft nicht gemäß, den Dienst Gottes wegen Eures Rufes abzubrechen. Sobald ich Gott das Seinige gegeben, habe ich nicht im Geringsten gesäumt, mich Eurem Befehl zu fügen.“
Der Kaiser zeigte ein solches Wohlgefallen an dieser Antwort, daß er mit keinem Wort der Anklage gedachte, sondern ihn mit aller Ehrenbezeugung und mit der Bitte entließ, er möge in seinem Eifer für die Ehre Gottes und für das Heil seiner Untergebenen fortfahren. Mit unablässigem Eifer war auch Ludger trotz Alter und Schwäche bestrebt, den Seinigen die Lehre des Heiles zu verkündigen. Selbst an seinem Todestage predigte er noch an zwei Orten, zu Coesfeld und Billerbeck, obwohl mit halb gebrochener Stimme, und brachte am letzteren Ort das heilige Messopfer dar. In der folgenden Nacht, wie er selbst vorher gesagt, übergab er seinen Geist durch einen sanften Tod seinem Schöpfer im Jahre 809 am 28. März. Gerfried, ein frommer Priester, sah ihn zur Stunde, wo er verschied, in einem Lichtglanz zum Himmel fahren.
Wie Gott, um seinen Predigten mehr Glauben zu verschaffen, ihm die Gabe der Wunder während seines Lebens verliehen hatte, so geschahen auch noch solche bei seiner Leiche, die auf Verlangen im Kloster Verden beigesetzt wurde. Wegen vieler Wunder wurde sein Grab ein Wallfahrtsort.
Beherzigung
Der heilige Ludger läßt sich in seinem Gebet nicht stören; er will nicht einmal mit dem Kaiser reden, bevor er dasselbe nicht beendigt hat. Was tust du? Wie oft unterbrichst du sogar in der Kirche dein Gebet, um mit einem Menschen, oder mit jemand, der dich anredet, ohne alle Notwendigkeit zu sprechen. Glaubst du wohl, daß solches ohne Unbild und Beleidigung Gottes geschehen kann? Mit wem redest du, wenn du betest? Der Glaube sagt dir: mit dem großen Gott selbst. Nun sage mir, würdest du wohl das Gespräch, welches du mit einem Fürsten führest, unterbrechen und einige Zeit mit einem geringen Diener desselben schwätzen? Ich glaube es nicht; denn das geziemt sich gar nicht, würde auch dem Fürsten höchst mißfallen und dir dessen Ungnade zuziehen. Warum tust du das, da du mit Gott sprichst? Siehst du denn nicht klar ein, daß Gott ein Mißfallen an solchem Gebet haben müsse, und daß du daraus keinen Nutzen zu erwarten habest? Vermeide also diese deine bisherige Unachtsamkeit. „Willst du mit Gott reden, so gib acht, was und mit wem du redest“, ermahnt der heilige Ephrem. Betest du in der Kirche, so bedenke, daß Christus im heiligsten Altarssakrament gegenwärtig ist. Beachte, daß Christus schon vom Tempel zu Jerusalem sagte: „Mein Haus ist ein Bethaus.“ Daher sagt der heilige Chrysostomus: „Nichts ist billiger, als daß man in der Kirche schweige und ruhig sei.“ –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 225 – S. 227