Heiligenkalender
8. August
Der selige Altmann Bischof von Passau
(Widerstand)
Im Jahre 1064 war überall Unruhe und Angst in Deutschland; man glaubte allgemein, daß im nächsten Jahr das Weltende kommen werde. Es wanderten deshalb sehr viele Leite von allen Ständen in das heilige Land, nach Jerusalem, in der Meinung, durch die Buße und das Verdienst einer so schweren Wallfahrt sich auf die Ankunft des Richters besser vorzubereiten. Unter dieser Schar der Reisenden war auch Altmann, Beichtvater der Kaiserin Agnes und Domherr zu Aachen. Da jeder gut unterrichtete Christ weiß, daß Niemand den Tag und die Stunde des jüngsten Gerichts kennt, sondern daß es unvermutet, wie ein Dieb in der Nacht, kommt, so können wir wohl annehmen, daß der selige Altmann nicht im Glauben an jene falsche Prophezeiung die Reise gemacht hat, sondern aus frommem Drang, die Geburts-, Lebens- und Leidensstätte des Erlösers zu sehen und zu verehren.
Die Reise in das heilige Land war nicht nur mit großen Beschwerlichkeiten verbunden, sondern die Reisenden wurden von einer Schar Ungläubiger überfallen, ausgeraubt und schwer misshandelt. Um das Christentum recht zu verhöhnen, setzten sich jene auf die Schultern der Priester wie auf Pferde und stachen sie mit den Sporen, damit sie schnell liefen. Dennoch kam Altmann und seine Begleiter noch mit dem Leben davon und erreichten die heiligen Stätten. Nachdem sie ihre Andacht in Jerusalem verrichtet hatten, kehrten sie in das Vaterland zurück. In den Leiden, dem Gebet und den Betrachtungen dieser Wallfahrt scheint die Seele des seligen Altmann sich höher geweiht und tiefere Wurzel in Gott und Christus geschlagen zu haben, so daß dann ein reiches, fruchtbares Leben und Wirken für das Reich Gottes daraus hervor gesprossen ist. Unterdessen war der Bischof von Passau gestorben; man glaubte keine bessere Wahl treffen zu können, als daß man dem aus dem heiligen Land zurück gekehrten Altmann die bischöfliche Würde übertrug: der hl. Gebhard, Erzbischof von Salzburg, erteilte ihm die Konsekration.
Die älteste Lebensbeschreibung des seligen Altmann sagt: „Daß er diese Ehre vor Gott verdiene, hat sein preiswürdiges Leben gezeigt; denn er war ein Lehrer der Wahrheit, ein Liebhaber der Keuschheit, geschmückt mit guten Sitten, und darum Gott und den Menschen angenehm. Die Geistlichkeit ermahnte er zur Liebe der Enthaltsamkeit, dem Volk lehrte er die Furcht Gottes; die Entzweiten brachte er zur Versöhnung und Frieden; durch reiche Almosen linderte er die Not der Armen; den Leib hielt er in Zucht durch Fasten und Wachen; in Beten und Weinen demütigte sich sein Geist; und was er andere lehrte, darin erwies er sich selbst als Vorbild durch lebendige Werke.“ Gott hat auch sein Wohlgefallen an dem gottseligen Bischof durch ein Wunder dargetan dem Volk zur Aufmunterung, um so eifriger dem Wort und Beispiel desselben nachzukommen. Es war in Passau ein Weib, deren einzige Tochter aussätzig war, wogegen alle natürlichen Heilmittel nichts ausrichteten. Da sie in standhaftem Gebet den Herrn um Hilfe anflehte, wurde ihr einmal im Traum geoffenbart, sie solle das Wasser nehmen, womit der Bischof Altmann seine Hände nach der hl. Messe gewaschen, und solle damit ihre Tochter waschen, dann werde sie gesund werden. Die Frau tat solches und das Mädchen wurde so rein vom Aussatz, daß nicht die geringste Spur mehr davon zu sehen war.
Der Heiland grüßte besonders gern mit den Worten: „Der Friede sei mit euch“; den Jüngern trug er auf, so oft sie in ein Haus kommen, es mit den Worten zu begrüßen: „Friede sei mit diesem Haus“; uns Allen aber gab er die Lehre: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.“ Wenn man aber weiter liest im Evangelium, so kommt bei Lukas 12, 51 auf einmal ein ganz anderer Ausspruch; da sagt der Herr: „Meinet ihr, ich sei gekommen, Frieden auf Erden zu bringen? Keineswegs, sage ich euch, sondern Trennung. Denn es werden wohl fünf in einem Haus wieder einander sein; drei wider zwei und zwei wider drei.“ –
Ist dieses nicht ein Widerspruch gegen das Vorige? – Antwort: nein; der Herr will den Frieden mit Allen, die eines guten Willens sind, aber er will keinen Frieden, sondern Trennung von denen, die im Bösen verharren. Im Gegenteil gibt es eine Friedensliebe, welche unchristlich und sündhaft ist; nämlich wenn man des Friedens wegen das Böse duldet, dazu schweigt, Alles gehen lässt, wo man doch Beruf hat, dem Bösen entgegen zu treten. Das ist eine faule Friedensliebe aus Weichlichkeit und Feigheit. So gutmütig und friedfertig auch jeder Heilige ist, so entschlossen und tapfer opfert er den Frieden und die Beliebtheit, wenn das Böse ausgereut werden muss und die liebreichen Vorstellungen nicht ausreichen. Dies sehen wir auch an dem seligen Altmann.
An manchen Orten seines Bistums war Zucht und Ordnung bei der Geistlichkeit ganz abgekommen; Mönche und Weltpriester waren dem Fraß, der Völlerei, dem Wucher ergeben; in Kremsmünster hatten die Geistlichen alle Klosterregel beseitigt, lebten ganz weltlich, verschwendeten das Klostergut, zeigten Unbotmäßigkeit und Frechheit und liefen den Lustbarkeiten nach.Altmann wußte hier nicht anders zu helfen, als daß er die pflichtvergessenen Obern absetzte und entfernte und wahre Diener Gottes hinein setzte, welche zwar unter vielem Widerstand allmählich wieder Ordnung und Gottesfurcht herstellten.
Bei der Weltgeistlichkeit hatte sich aber besonders hartnäckig ein alter Missstand festgesetzt. Es war zu keiner Zeit im Christentum erlaubt, daß Priester sich verehelichten; wohl aber können Männer, welche sich schon vorher verehelicht hatten, die Priesterweihe empfangen. In diesem Fall aber verlangt die Kirche, daß die Ehe nicht mehr fortgesetzt werde. Nun war zur Zeit des seligen Altmann die Gewohnheit eingerissen, daß eine Menge Geistliche ihre Weiber bei sich behielten und mit ihnen ein Familienleben führten, wie solches im weltlichen Stand üblich ist. Papst Gregor VII. hatte um diese Zeit mit großem Nachdruck solches verboten und Bischof Altmann gab sich alle Mühe, die Ehelosigkeit der Priester in seinem Sprengel durchzuführen. Solches musste zwar den Betreffenden höchst schmerzlich fallen, aber das Wohl der Kirche und die Heiligkeit des Altars verlangte es. Altmann rief deshalb die Geistlichkeit nach Passau, hielt daselbst eine Kirchenversammlung, ließ die päpstlichen Verordnungen vorlesen und erklärte, daß die kirchlichen Satzungen verlangen, daß alle Priester auf ehelichen Umgang verzichten. Die verheirateten Geistlichen waren darüber sehr bestürzt und äußerten sich: von der bisherigen Gewohnheit abzulassen und das ungewohnte Joch auf sich zu nehmen, das seien sie weder im Stande noch Willens; frühere Bischöfe hätten die Priesterehe auch gelten lassen.
Altmann erwiderte, er könne und wolle seine Einwilligung zu dieser sündhaften Gewohnheit nicht geben, indem nicht nur die, welche eine Sünde tun, strafbar seien, sondern auch die, welche ihre Zustimmung nicht verweigern. Da alles Zureden gegen die widerspenstigen der Sinnlichkeit ergebenen Geistlichen nichts ausrichtete, so wartete der seligen Altmann das Fest des hl. Stephanus ab, wo die vornehmsten Herren des Reiches und eine große Volksmenge in Passau sich versammelte. Hier bestieg nun der Bischof die Kanzel und las öffentlich den Erlass des Papstes und die Forderung der Kirchengesetze vor, welche allen Geistlichen die Ehe untersagen. Darüber wurden die verheirateten Priester so wütend, daß sie ihren Bischof mit den Händen zerrissen hätten, wenn sie sich nicht vor den anwesenden Laien gefürchtet hätten.
Um diese Zeit regierte in Deutschland der Kaiser Heinrich IV.; derselbe war ein schlechter, gewalttätiger Fürst, welcher, um seinen Leidenschaften zu frönen, mit Raub, Brand und Blut das Reich verwüstete, fromme Bischöfe verjagte und dafür schlechte Menschen an ihre Stelle setzte. Da auf solche Weise Heinrich das Reich nicht regierte, sondern verwüstete, so forderte Papst Gregor ihn zur Verantwortung, und da der Kaiser darnach nichts fragte, so wurde der Kirchenbann oder die Exkommunikation über ihn ausgesprochen. (siehe den Beitrag: Gregor VII. im Kampf mit König Heinrich IV.)
Dieser ruchlose Fürst schien den erbitterten Geistlichen von Passau, welche weder ihre Weiber noch ihre Pfarreien aufgeben wollten, gerade der rechte Mann. Sie wandten sich an Heinrich und schwärzten ihren Bischof an, damit er abgesetzt werde. Heinrich kam selbst nach Passau, verjagte den Bischof, gab den abgesetzten Geistlichen ihre Ämter wieder; gewissenhafte Priester wurden vertrieben und arger Unfug ausgeübt, so daß Passau der Sitz der Gottlosigkeit und Liederlichkeit wurde.
Der Diener Gottes brachte noch eine Zeit lang verbannt und in Dürftigkeit in Deutschland zu! Dann aber wanderte er nach Rom und erzählte dem Papst sein bisheriges Schicksal. Papst Gregor behielt ihn vorerst bei sich, dann ernannte er ihn zum päpstlichen Gesandten (Legaten) und sandte ihn nach Deutschland zurück, wo er verschiedenen Versammlungen beiwohnte, welche von den gut gesinnten, der Kirche getreuen Bischöfen gehalten wurden. Unterdessen bestiegen zwei gewissenlose Geistliche nach einander den bischöflichen Stuhl zu Passau. Der eine, Namens Hermann, hatte kaum zwei Jahre lang, wie die Geschichte sagt, die Herde, der er aufgedrungen war, geschoren und ausgemelkt, als der Tod seinem Regiment ein Ende machte. Doch soll er zuletzt noch zur Einsicht gekommen sein und demütig von dem seligen Altmann um Vergebung haben ansuchen lassen. Hernach wußte ein Domherr zu Würzburg mit Geld es zu machen, daß er als Bischof eingesetzt wurde.
In dem Teil des Bistums jedoch, welcher zu dem damaligen österreichischen Gebiet gehörte, konnte Altmann wieder sein Hirtenamt fortführen, weil der Markgraf von Österreich ein christlich gesinnter Herr war und den heiligen Bischof schützte. Der Mönch, welcher das Leben des seligen Altmann ungefähr 50 Jahre nach dessen Tod schrieb, sagt: „Den wilden Boden voll Dornhecken hat der Bischof Altmann zur fruchtbaren Erde gemacht. Vor seiner Ankunft waren fast alle Kirchen im Bistum nur von Holz und ohne allen Schmuck; ja auch ihre Priester waren so zu sagen hölzern, weil sie, dem Eheleben und weltlichen Geschäften ergeben, in ihrem göttlichen Amt ganz unwissend waren. Nun aber sind durch seine Bemühungen fast alle Kirchen von Stein, mit Büchern, Gemälden und anderm Schmuck, und was noch mehr wert ist, mit keuschen und unterrichteten Geistlichen wohl versehen. Zudem glänzt das Gebiet mit vielen Klöstern, wo Tag und Nacht mit vielem Eifer Gott verehrt wird. Der Ruf seines Namens hat nämlich aus allen Gegenden gottselige Männer zu ihm gezogen, welche er in verschiedene Klöster verteilt und für deren Unterhalt gesorgt hat.“
Nachdem Altmann 26 Jahre lang unter großen Mühsalen und in großer Treue sein schweres Amt als Bischof geführt hatte, ergriff ihn ein Fieber in dem Ort Zeislmauer an der Donau; und am heutigen Tag im Jahre 1091 war es, wo seine Seele von dem himmlischen Bischof die Worte zu hören bekam: „Wohl, du guter und treuer Knecht; weil du über Weniges treu gewesen bist, will ich dich über Vieles setzen; geh ein in die Freude deines Herrn.“ –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 3 Juli bis September, 1872, S. 216 – S. 221