Heiligenkalender
24. Februar
Der heilige Johannes Therista, Einsiedler
(Gute Vorsätze)
Die Sarazenen in Sizilien
Es sind schon mehr als 1200 Jahre, daß ein Mann, Namens Mohammed, in Arabien lebte, welcher die mohammedanische oder türkische Religion stiftete. Er ließ zwar gelten, daß Jesus Christus von Gott gesandt und ein Prophet sei, leugnete aber, daß Jesus Gottes Sohn sei, und behauptete, er selber, der Mohammed, sei der größte Prophet, ein größerer noch als Jesus. Die Religion, welche dieser Mann stiftete, ist ein Gemengsel von jüdischen und christlichen Wahrheiten und von verkehrten Einbildungen und verrückten Erdichtungen. Aber Mohammed brauchte mit seinen Anhängern Gewalt und zwang mit Feuer und Schwert Heiden, Juden und Christen, seine falsche Religion anzunehmen.
Die Völker, welche die mohammedanische Religion angenommen hatten, verbreiteten sich dann mit Kriegsgewalt auch in unserm Weltteil. Die Türken eroberten die griechischen Länder und Konstantinopel, wo sie bis auf den heutigen Tag noch die Herrschaft führen, und die Sarazenen oder Mauren kamen nach Spanien und Sizilien, wo sie Jahrhunderte lang Meister waren, aber nun schon lange ausgetrieben sind.
Zu jener Zeit, da die Sarazenen meist in Sizilien waren, ungefähr vor 700 Jahren, rüsteten sie ihre Kriegsschiffe aus, um längs der Küste von Italien in das Land einzubrechen. Solches geschah auch in Kalabrien, wo die Mauren viele Städte und Dörfer plünderten und verwüsteten. Bei diesem Überfall wurde auch ein Graf getötet, dessen Frau aber gefangen fortgeführt. Weil sie sehr schön war, nahm sie ein maurischer Fürst zu seiner eigenen Ehefrau, ungeachtet sie aus ihrer vorigen Ehe ein Kind zu erwarten hatte.
Der Knabe Johannes Therista
Sie gebar einen Knaben, welchen sie mit allem Eifer in der christlichen Religion erziehen und unterrichten wollte, während der Sarazene, welcher ihn wie sein eigenes Kind hielt, sich bemühte, ihm die Lehren des falschen mohammedanischen Glaubens beizubringen.
Da der Knabe allmählich zum Jüngling heran reifte, sprach die Mutter zu ihm: „Sohn, ich bin als eine Gefangene hierher gebracht worden, und dieses Land ist meine Heimat nicht, desgleichen ist dieser dein Vater nicht, den du bisher dafür gehalten hast. Dein Vater ist ein Graf in Kalabrien gewesen und von diesen Sarazenen grausam getötet worden. Du bist deshalb der rechtmäßige Erbe von seiner Grafschaft; auch wirst du in unserm heimatlichen Schloss einen großen Schatz finden, den dein Vater und ich verborgen haben, und wovon ich dir den Ort anzeige.“ Dann warnte sie ihn aber auch auf`s Neue vor den mohammedanischen Irrtümern und redete ihm zu, wie er vor Allem für sein Seelenheil sorgen müsse; er könne nur Gottes Hilfe und die einstige Seligkeit erlangen durch den christlichen Glauben. Hier unter den Sarazenen könne er aber die hl. Taufe nicht erlangen, viel weniger aber nach den Vorschriften der christlichen Religion leben; darum solle er sich entschließen, aus dem bisherigen Aufenthalt zu entfliehen und sein wahres christliches Vaterland in Kalabrien aufzusuchen.
Johannes Therista flieht nach Kalabrien
Durch diese oftmaligen Ermahnungen seiner Mutter angeregt, entschloss sich Therista, so hieß der Jüngling, selbst mit Gefahr des Lebens nach Kalabrien zu fliehen. Die Mutter bestärkte ihn mehr und mehr in seinem Vorhaben, er solle alle seine Sorgen Gott empfehlen, und schenkte ihm ein kleines Kreuz, das sie bisher sorgfältig bei sich verborgen hatte. Der Jüngling bestieg heimlich ein kleines Schiff, um über das Meer nach Kalabrien überzusetzen. Er wurde aber nicht weit vom Ufer von den sarazenischen Wächtern bemerkt, die mit Pfeilen auf ihn schossen. Der Mönch, welcher die Lebensgeschichte des hl. Johannes Therista schrieb, sagte, er habe in dieser Gefahr das Kreuzchen in die Hände genommen und seinen Verfolgern vorgehalten, worauf diese, wie erstarrt, nicht das Geringste mehr gegen ihn tun konnten.
Johannes begehrt die Taufe
Ohne weiteres Missgeschick landete Johannes Therista glücklich am Gestade von Kalabrien. Allein da er sarazenische Kleidung hatte, so wurde er von den Anwohnern als verdächtig ergriffen und zu dem Bischof geführt. Dazumal hatten nämlich die Bischöfe in vielen Ländern zugleich Teil an der weltlichen Regierung. Hier erklärte nun der Jüngling, daß er hauptsächlich der Taufe wegen gekommen sei. Der Bischof wollte den Jüngling auf die Probe stellen, ob er die Wahrheit rede, und es ihm gewiß Ernst sei, ein Christ zu werden. Er sagte daher zu ihm: „In deinem Alter kannst du die Taufe nur erhalten, wenn du so sehr darnach verlangst, daß du dich bereit erklärst, dafür auch selbst in siedendes Öl dich einzutauchen.“ – Der Jüngling sagt mit mutigem Antlitz: „ich bin zu Allem bereit, wenn ich nur die hl. Taufe erlange.“ – Der Bischof veranstaltete es nun, daß ein großes Feuer angezündet und ein Kessel voll Öl darüber gesetzt wurde. Da das Öl anfing zu sieden, legte der Jüngling entschlossen sein Oberkleid ab, und wollte der Taufe wegen hinein schreiten. Der Bischof bewunderte den kräftigen Geist des Jünglings, umarmte ihn und gab ihm von nun an selbst einen vollständigen Unterricht in der christlichen Religion. Als der Jüngling sorgfältig unterrichtet war, taufte ihn der Bischof im Tempel mit vieler Feierlichkeit und gab ihm den Namen Johannes.
Johannes entschließt sich zum Einsiedlerleben
Der Jüngling besuchte häufig die Kirche, und betrachtete einmal die Bildnisse der verschiedenen Heiligen daselbst. Er fragte auch die Anwesenden, wen dieses und jenes Bildnis bedeute. Als er zum Bild von Johannes dem Täufer kam, der in seinem kamelhaarenen Kleid dargestellt war, erzählten die Leute dem Jüngling, wie Johannes ein so rauhes Büßerleben geführt habe, und wie er jenen nachahmen solle, da er dessen Namen trage.
Das Bild vor Augen, die Worte zu seinem Ohr und die Gnade Gottes in die Seele des Jünglings bewirkten, daß er zu dem Bischof ging und ihm den Entschluss sagte, er wolle auch die Welt verlassen und in der Einöde ernstlich Gott dienen. Der Bischof willigte ein, und bezeichnete ihm eine kleine Hütte im Wald, einige Stunden von der Stadt entfernt, wo auch noch andere Einsiedler ein strenges gottseliges Leben führten.
Johannes bat diese inständig, sie möchten ihn doch in ihre Gesellschaft aufnehmen. Allein diese sprachen: „Sohn, kehre zurück, du bist noch zu jung, und du würdest uns mehr zur Störung gereichen als zu Erbauung.“ Der Jüngling antwortete: „Meine Väter, ich bin aus keinem andern Grund zu euch gekommen, als um für mein Seelenheil zu sorgen, indem ich Gott und euch Gehorsam leiste.“ – Die Einsiedler sprachen: „kehre zurück, Knabe; denn unsere Lebensweise ist so hart, daß wir selber kaum im Stande sind sie auszuhalten.“ – Dann wendeten sie sich ab und verrichteten ihr gemeinschaftliches Gebet. Allein der Jüngling ließ sich nichts abschrecken, sondern hielt einige Tage lang mit seinen flehentlichen Bitten an. Als ihm seine Jugend vorgehalten wurde, und daß das Joch ihrer Lebensregel für ihn zu schwer sei, gab er zur Antwort: „Durch Gottes Hilfe und wenn ihr mich unterstützt, hoffe ich, wird mir das Joch süß werden.“
Sein gänzlicher Verzicht auf alle Güter und Lust der Welt
Einer solchen Standhaftigkeit mussten die Einsiedler endlich nachgeben; sie nahmen den Jüngling zu seiner höchsten Freude in ihre Gemeinschaft auf. – Nach einiger Zeit dachte er wieder an den verborgenen Schatz, von welchem seine Mutter in Sizilien ihm gesprochen hatte. Er zeigte es den Einsiedlern an, und wurde dann von dem Vorstand abgeschickt, um das Geld an dem Ort, welchen die Mutter ihm bezeichnet hatte, aufzusuchen. Er fand daselbst Alles unversehrt und teilte dann den ganzen Schatz unter die Armen, ohne das Geringste für sich zu behalten.
So war nun Johannes Therista auf dem guten festen Weg, der von Tag zu Tag näher zu Gott führt. Denn im Verzicht auf alle Lust der Welt brachte er nun sein Leben zu in anhaltendem Gebet, Betrachtungen, Fasten, Strenge gegen die Sinnlichkeit, Wachen und Lesen der hl. Schrift. Wie heilig sein Leben war, offenbarte sich auch durch mehrere Wunder, wovon ich nur Eines erzählen will.
Sein heiliges Leben wir durch Wunder bezeugt
Der damalige Fürst von Kalabrien, Roger, litt schon lange an einem Krebs im Gesicht, den zu heilen alle Kunst der Ärzte nicht im Stande war. Da er nun auch oft von Johannes Therista gehört hatte, wie sein heiliges Gebet so wirksam sei, so machte er sich auf die Reise, um den Einsiedler aufzusuchen. Als Roger aber ankam, wo sich Johannes aufhielt, war dieser gerade gestorben. Dem Fürsten war dieses ein großer Schmerz; dennoch kniete er vor dem Leichnam nieder und sprach mit großem Vertrauen: „O seliger Johannes, bitte den Herrn für mich, daß er nach seiner unendlichen Güte mich von meinem Übel befreie.“ Dann berührte er mit dem Kleid des Verstorbenen sein Geschwür im Gesicht, worauf dasselbe ganz plötzlich geheilt wurde, ohne nur weitere Spuren zurück zu lassen. Roger baute dann aus Dankbarkeit ein Kloster und eine Kirche. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 1 Januar bis März, 1872, S. 281 – S. 285