Heiligenkalender
14. April
Der heilige Fronto, Einsiedler und Abt
(Nicht zurück)
Schon in den ersten Zeiten des Christentums gab es viele, welche sich in abgelegene unbewohnte Gegenden zurück zogen und daselbst ihr Leben zubrachten. Manche taten es zwar, um sich den schweren Verfolgungen gegen die Christen zu entziehen, Manche aber lediglich deshalb, um vor den Versuchungen des Weltlebens bewahrt zu bleiben und ein geistiges, ausschließlich Gott geweihtes Leben zu führen. Zu diesen gehörte auch der hl. Fronto. Ein Mann, welcher mit jenem gleichzeitig lebte (im 2. Jahrhundert nach Christus), erzählt von ihm Folgendes:
Der Diener Gottes Fronto nahm zu von Tag zu Tag in der Furcht des Herrn und bekam einen Abscheu vor dem Leben in der geräuschvollen Welt. Voll Sehnsucht nach der Abgeschiedenheit rief er seine Mitbrüder zusammen und sprach zu ihnen: „Was haben wir gemein mit der sündhaften Welt, deren Werken wir doch in jeder Weise widersagen müssen, wenn wir das himmlische Leben erreichen wollen? Auf, lasset uns in die Wüste ziehen; wir wollen nichts mit uns nehmen, und den Kampf um höhere Tugend und ewige Herrlichkeit kämpfen.“
Seine Mitbrüder willigten alle ein; sie nahmen nichts mit sich, als etwas Samen zu Gemüse und Hacken, um die Erde zu graben, und wanderten so in die Wüste. Fronto hielt ihnen nun da einen Zuspruch: „Der Herr sagt im Evangelium: „Sorget nicht, was ihr essen oder was ihr trinken oder wie ihr euch kleiden werdet, nach diesem Allem fragen die Weltmenschen. Suchet vor Allem das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses Alles wird euch drei gegeben werden. Wir wollen unser Versprechen halten und das Wort Gottes in uns vollenden.“
Sie wohnten also alle in der Wüste, arbeiteten tapfer im Dienst Gottes und machten Fortschritte im geistlichen Streit, denn Gott stand seinen Dienern bei. Fronto aber betete fortwährend nicht bloß für sich selbst, sondern für Alle, eingedenk der Schriftworte: „Ich suche nicht, was mir, sondern was Allen nützlich ist, auf daß sie selig werden.“
Da sie nun schon längere Zeit in der Wüste zugebracht hatten, fing der Satan sie zu versuchen an, so daß sie in ihrem Herzen dachten, es wäre besser gewesen in der Welt zu bleiben; denn dieses Einsiedlerleben sei zu hart und Niemand könne es aushalten. Sie murrten und sprachen: „Was hat auch Fronto gewollt, daß er uns da in die Wüste heraus geführt hat? Können die, welche in Städten und Dörfern wohnen, Gott nicht sehen; und sehen ihn die allein, welche in der Wüste wohnen? Haben jene nicht gute Werke aufzuweisen? Welcher Mensch kann denn wie die Engel ohne speise leben? Wir gehen zu Grunde vor Hunger. Das Nachtwachen, Arbeiten und Fasten zehrt so unsere Kräfte auf, daß wir kaum mehr stehen können.“
Bevor ich die Erzählung weiter gehen lasse, will ich auf eine wichtige Lehre aufmerksam machen, an welche die Lage dieser Schüler des hl. Fronto erinnert. Es ist zwar nicht eines jeden Menschen Pflicht ein so strenges Leben zu führen wie diese Einsiedler oder manche Klosterorden, aber wenn man einmal eine gewisse Stufe der Abtötung oder überhaupt des christlichen Lebens erreicht hat, so ist es etwas sehr Bedenkliches, ich möchte fast sagen, es ist ein schreckhaftes Zeichen, wenn man wieder davon abläßt, lauer wird oder es sich wieder bequemer machen will. Die katholische Kirche hat deshalb auch festgesetzt, daß, wenn Jemand in einen Klosterorden eingetreten und aufgenommen ist, er zwar in einen noch strengeren später eintreten kann, niemals aber in einen leichteren. Denn wenn du die Gnade gehabt hast eine Stufe des vollkommeneren Lebens zu ersteigen, so hast du um so mehr die Gnade, dich auf dieser Höhe zu erhalten; und wenn du dich nicht droben erhältst, so ist es ein Zeichen, daß deine Seele abnimmt im Guten, da sie doch dem Tode näher kommt. Das Abnehmen führt aber nicht zu Gott, sondern anders wohin. Habe deshalb Sorge, daß du nicht verlierst was du schon hast, daß du nicht lauer und nachlässiger wirst. Bist du es aber schon geworden, so daß du nicht mehr so viel betest, weniger zu den heiligen Sakramenten gehst, dir nicht mehr so viel Abbruch tust, deine Zunge weniger beherrschest usw., als das früher gewesen ist: so kann Gott kein Wohlgefallen an dir haben. Fache daher neuen Eifer in dir an, raff` dich auf und strenge dich an, wieder dir anzugewöhnen, wovon du gewichen bist; denn der Weg in den Himmel heißt: Vorwärts und Aufwärts.
Der hl. Fronto hörte das Murren seiner Genossen; und ehe sie zu ihm sich begaben, kam er ihnen zuvor und hielt ihnen eine sehr eindringliche Ermahnungsrede, wie sie von dem begonnenen Weg nicht wieder umkehren und Gott durch ihr Murren zum Zorn reizen sollen. Namentlich suchte er ihnen Vertrauen beizubringen, daß wenn sie Gott treu bleiben, er auch in der Wüste für ihre Nahrung sorgen werde; denn darüber ängstigen sie sich am meisten, man werde sie in der unfruchtbaren Einöde ganz vergessen, daß sie zuletzt Hungers sterben müssten.
Auf die Zurede des hl. Fronto schwiegen sie nun zwar, aber ihre Unruhe und Traurigkeit war geblieben. Da wollte nun Gott selbst die Worte seines Dieners ehren und bestätigen; und es zeigte sich: wenn man auf gutem Weg sich befindet, so ist man sicher, daß man auch im Zeitlichen nicht verlassen wird.
Ein reicher Mann sah im Traum einen Engel des Herrn, welcher sprach: „Du hältst prächtige Gastmahle und meine Diener in der Wüste haben kein Brot. Steh` in der Frühe auf und schicke meinen Dienern Speise von Allem, was ich dir gegeben habe; denn ich habe dich gesetzt zum Pfleger meiner Herde. Du sollst meine Armen erquicken, die ein geistliches Leben in der Wüste führen und sich mir anvertraut haben.“ – Da der Reiche aufgewacht war, erzählte er seinen Hausgenossen und Freunden das Traumgesicht und sprach: „Ich wollte gern schicken, aber ich weiß nicht, wo sich diese Diener Gottes aufhalten. Wer kann mir den Weg zu ihnen zeigen? Ratet mir.“ Allein Niemand wußte hier Auskunft.
In der andern Nacht kam dieselbe Erscheinung wieder; der Engel forderte ihn auf`s Neue auf, den Dienern Gottes Speise zu bringen, und machte ihm Vorwürfe und Drohungen, daß es noch nicht geschehen sei. Voll Schrecken erzählte der Mann es wieder seinen Freunden und daß er eben wieder nicht wisse, wo er die Diener Gottes finden könne. Da gab ihm Jemand den Rat, er solle seine Kamele mit Lebensmitteln beladen auf die Straße führen und dann laufen lassen, wohin sie wollen. Wenn der Befehl von Gott komme, so werden die Tiere wieder von selbst zurück kommen; wenn es aber ein Betrug vom Teufel war, so sei es besser, einen solchen Verlust leiden, als noch ärger geplagt werden. Dem Reichen schien dieser Rat gut und er machte es so.
Die Kamele wurden, wie es im Morgenland üblich ist, in einer langen Reihe zusammen gebunden, und nahmen ohne sichtbaren Führer durch höhere Leitung die Richtung in die Wüste und zwar unmittelbar zu dem Aufenthalt der Einsiedler, welche gerade ihre geistlichen Gesänge sangen. Fronto bemerkte zuerst die Tiere und sprach nach vollendetem Gesang also zu den Brüdern: „Wo sind jetzt eure Klagen? Seht, der Herr hat uns nach seiner starken Macht Speise gesendet. Kommt, wir wollen die Kamele abladen, damit die müden Tiere erquickt werden können.“ Voll Verwunderung und Freude sagten sie alle gemeinsam Gott Dank, suchten zwischen den Felsen Kräutern zusammen, um die Kamele zu füttern. – Den andern Tag nahm Fronto nur die Hälfte der Nahrungsmittel, die andere Hälfte verteilte er auf die einzelnen Kamele; dieses sollte ein Dankopfer für den Herrn sein, und alle Habsucht abwehren, indem er dem Geber die Hälfte zurück sendete.
Dieser hatte unterdessen mit Bangigkeit abgewartet, ob ihm seine Kamele verloren seien oder ob sie zurück kämen. Um so größer war seine Freude, als nach mehreren tagen sämtliche wieder zurück kamen und auch noch die Hälfte der Ladung wieder brachten. Voll Dank gegen Gott verteilte er diese unter die Armen und an seine Freunde. Von dieser Zeit an schickte er jedes Jahr, so lange der hl. Fronto lebte, um die nämliche Zeit, wie das erste Mal, Speisen in die Wüste für die Einsiedler. Wenn du auf dem Weg entschiedener Gottseligkeit bist, und es stellen sich zeitliche Verlegenheiten und Missgeschicke in den Weg; so ist nicht das christliche Weisheit und Tapferkeit, ängstlich umkehren und wieder nach Art der Welt vor Allem für den Leib und zeitliches Git sorgen, sondern hier sollst du zeigen, daß du ein wahrer Soldat Jesu Christi bist, der nimmer weicht, sondern mutig, fest und treu vorwärts geht. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 2 April bis Juni, 1872, S. 83 – S. 86