Anfechtungen der seligen Christina

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

22. Mai

Die Anfechtungen der seligen Christina von Stommeln

(Der Teufel)

Es gibt Menschen, welche Christen sein wollen, aber ableugnen, daß es Teufel gibt, obschon die hl. Schrift sehr oft und bestimmt vom Teufel spricht. Es geschieht aber gewiß Niemand ein größerer Gefallen mit diesem Unglauben, als dem Teufel selbst, weil er viel ungestörter und sicherer bei solchen Menschen seine Absichten erreichen kann, wie der Jäger auch am leichtesten das Wild fängt oder erlegt, wenn er von demselben nicht bemerkt wird. An den heiligen ist aber nicht nur sichtbar geworden, daß und wie die Gebote Christi zu erfüllen sind, sondern auch die Glaubens-Wahrheiten sind in ihrem Leben mannigfach anschaulich geworden. So hat Gottes unergründlicher Ratschluss die selige Christina schwer durch den Teufel unmittelbar verfolgen lassen, wie andere Heilige durch böse Menschen verfolgt worden sind; und so ist im Leben der seligen Christina ganz besonders offenbar geworden, daß es Teufel gibt und welches ihr Charakter ist. Die Beschreibung der Kämpfe, welche die selige Christina durchmachen musste, ist ein ansehnliches Buch, in welchem zum Teil ganz entsetzliche Dinge vorkommen, die schwer zu glauben wären, wenn sie nicht zum Teil durch die Briefe des seligen Christina und durch Augenzeugen bestätigt wären. Das Meiste hat ein Dominikaner (*) geschrieben, der als geistlicher Führer ihr ganzes Vertrauen hatte. Ich will daraus vorzugsweise nur ihre Anfechtungen erzählen.

Die selige Christina bei den Beginen

Nur zwei Stunden weit von Köln zu Haus (**), ging Christina als dreizehn-jähriges Mädchen in diese Stadt, um fern von Verwandten und Bekannten ein gottseliges Leben zu führen. Sie kam hier zu den Beginen, eine Gesellschaft von frommen Jungfrauen und Witwen, und durfte bei denselben bleiben. Das Mädchen fastete viel bei Wasser und Brot, zog nichts von Leinwand an, trug einen Gürtel mit Knoten, so daß ihr die Seite Wunden bekam, legte sich auf Holz und Stein schlafen, um bälder zum gebet zu erwachen; jede Nacht beugte sie zweihundert Mal die Knie, am Tag rief sie alle Heilige, deren Namen sie wußte, um die Fürbitte an, damit sie die Liebe erlange; sie ging stets barfuß, und alles Weichliche war ihr zuwider, weil sie im Geist stets damit beschäftigt war, was und wie viel Christus gelitten habe. Nun kam sie einmal in Verzückung, so daß man sie aus der Kirche tragen musste, und blieb drei Tage lang in diesem Zustand. Die Beginen meinten, sie habe die fallende Sucht bekommen oder sei blödsinnig geworden. Sie setzte aber ihre Betrachtungen über das Leiden Christi fort, bald musste sie übermäßig dabei weinen, bald war es ihr ein süßes Denken, immer aber hatte sie ein verlangen, ein Denkzeichen des Leidens Christi zu bekommen.

(*) Petrus von Dacien
(**) in Stommeln

Der Teufel erscheint in Gestalt des hl. Bartholomäus

So ging es zwei Jahre fort, da kam der Teufel zu ihr in Gestalt des hl. Bartholomäus, stellte sich vor sie und sprach: „Tochter, du betest viel und hast ein großes Verlangen, in das Reich Gottes einzugehen; wisse, daß du dieses sicher erreichen wirst, wenn du dich tötest; denn Solches ist sogleich geschehen und ohne allen Verzug wirst du in den Himmel gelangen!“ Von der Stunde an wälzte sich diese Versuchungen ein halbes Jahr lang in ihrem Herzen herum. So oft sie allein war, bekam sie eine heftige Neigung, sich zu töten und meinte, sie könne nicht mehr widerstehen. Wenn sie am Brunnen war, wollte sie sich hinab stürzen, wenn sie in der Kirche war, ging sie hinaus deshalb. Als ihr einmal Ader gelassen worden, wollte sie die Ader wieder aufreißen, um an Blutverlust zu sterben. Aber es wandelte sie der Schrecken an, daß Solches Sünde sei und sie in die Hölle brächte. Hingegen hörte sie oft in der Nacht eine Stimme: „Steh´ geschwind auf, es ist der Wille Gottes, daß du dich tötest; wenn du es nicht sogleich tust, so wirst du ersticken und verdammt werden!“

Anfechtung in Speise und Trank

Später wurden ihr Zweifel eingeblasen an der Gegenwart Christi im hl. Abendmahl, an der Allmacht und Allwissenheit Gottes, so daß sie meinte, nichts Gutes mehr tun, nicht mehr beten und beichten zu können. Darnach kam eine andere Anfechtung. Wenn sie essen wollte, schien ihr eine Kröte, Schlange oder Spinne auf der Speise zu sitzen. Mit Abscheu wehrte sie die Speise ab und konnte nicht essen, so daß sie großen Hunger litt. Als ihr ein Geistlicher riet, die Speise dennoch in den Mund zu nehmen, so fühlte sie im Mund die Kälte jener Tiere, und musste aus Entsetzen Alles erbrechen. Wenn sie trinken wollte, hörte sie wie eine Stimme aus dem Krug: „Wenn du mich trinkst, so trinkst du den Teufel!“ Und wenn sie hinein schaute, erblickte sie jene eben erwähnten Tiere drin. Auch mit dieser Versuchung wurde sie ein halbes Jahr lang geplagt.

Anfechtungen in der leiblichen Züchtigung

Ein anderes Mal erschien ihr wieder der Teufel in Gestalt des Apostels Bartholomäus, zu welchem Cristina eine besondere Verehrung hatte, und sprach mit sanfter Stimme: „Liebste Tochter, deine Werke sind gut vor Gott und du gefällst ihm überaus; allein du bist einige Zeit in Ruhe des Leibes und der Seele gewesen, nun ist noch übrig, ehe du deinem Verlangen gemäß zu deinem geliebten Gott kommst, daß du etwas an deinem Körper leidest!“ Mit dieser Zumutung wurde ihr einen ganzen Monat lang Tag und Nacht zugesetzt. Endlich brachte er ihr Dornen und sprach: „Weil di bisher zu weichlich gewesen bist, so biete ich dir dieses an, damit du deinen Leib zur Ehre Gottes züchtigst, denn Solches gefällt Gott im höchsten Grad.“ Christina aber, belehrt vom hl. Geist, dachte: „Dieses ist der Teufel; denn wenn ich schon die gewöhnlichen Kasteiungen so schwer aushalte, so will Gott nicht, daß ich die Ordnung überschreite.“ Nun quälte sie der Teufel selbst und sprach: „Weil du dem Befehl Gottes nicht gehorcht hast, so will Gott, daß du umgebracht werdest und in die Hölle kommst!“ Sie antwortete: „Du hättest keine Gewalt über mich, wenn sie dir nicht von Oben gegeben wäre; du kannst mir aber das Leben nicht nehmen, weil Gott für mich ist.“

Einmal in der Fastenzeit, da sie sich in das Leiden Christi versenkte, machte ihr der Teufel vor, es sei nicht wahr, daß Gott gelitten habe. Ein anderes Mal sprach er zu ihr: „Sieh`, du hast das elendeste Leben, du hast keinen ruhigen Tag. Die in der Welt leben, haben Freude an Eltern, Freunden, Kindern, Gatten.“ Dann zeigte er ihr viel Geld und sprach: „Wenn du dem strengen Klosterleben entsagen und in die Welt gehen willst, mache ich dich reich und schenke dir ein sehr langes Leben. Alle Geistliche und die ein enthaltsames Leben führen, sind betrogen; es ist eine Ketzerei, so zu leben, denn Gott hat von Anfang es so angeordnet, daß Alle im Ehestand leben. (1) Da Christina auch dieser Versuchung widerstand, drohte ihr der Teufel, er werde sie in das Geschrei bringen, als habe sie sich mit einer Mannsperson versündigt.

Anfechtungen durch teuflische Schlauheit

Drei Nächte nacheinander vor Pfingsten kam der Teufel in Gestalt eines verstorbenen Priesters, welcher mit Christina befreundet gewesen war, in ihre Kammer. In schrecklicher Verzerrung jammerte er, er sei ewig verdammt und zählte verschiedene Ursachen seiner Verdammung auf. In großer Bestürzung flehte Christina zum Herrn, ob denn all` ihr Vertrauen auf Frömmigkeit, die sie bei jenem Priester fand, nichts sei? Da musste ihr der Teufel in der Pfingstnacht selbst seinen Betrug gestehen.

Einst wurde Nachts ihre Kammer ganz hell und erschienen zwei außerordentlich schöne Gestalten. Sie redeten Christina mit holder Stimme an: „Sieh´, Teuerste, wir sind zwei Engel, die aus dem Himmel gesandt von deinem Bräutigam, dem du dich stets als treue demütige Magd erwiesen hast, und dem du gefallen hast durch deine Tugenden. Wir sollen dir an diesem Ort, wo du schon so viele Leiden ausgestanden, heute Nacht Trost und Freude bringen durch diese lichtvolle Erscheinung.“ Sie redeten noch Manches der Art mit süß tönenden Worten zu der Jungfrau, um ihren Geist dadurch zur Hoffart zu verführen. Allein Christina erkannte durch Erleuchtung des heiligen Geistes diese teuflische Schlauheit und befahl im Namen Jesu den Geistern, sich zu entfernen.

Plagen des Teufels auf sichtbare Weise

Daß aber diese Versuchungen nicht etwa von bloßer Einbildung und Phantasien herkamen, sondern wirklich vom Teufel, dies zeigten eine Menge Begebenheiten, wo Christina selbst auf sichtbare Weise und vor Zeugen vom Teufel geplagt wurde. Ich will auch hierüber Einiges anführen.

Der Teufel brannte sie selbst äußerlich im Gesicht am Kinn; als die Brandflecken hier heilten, wurden ihr die Ohren verbrannt; später die Augen und die Stirne, dann die Nase, so daß es jämmerlich anzusehen war. Während dieser Zeit redete ihr der Teufel innerlich zu, sie solle Gott verleugnen. Einmal durchbohrte er Christinen die Ohren und rief, wenn sie nicht Gott verleugne, so bringe er sie um, er habe die Gewalt dazu. Ja, selbst ihre Schwester Gertrud, welche im nämlichen Bett lag, wurde im Gesicht gebrannt, weshalb sie nicht mehr bei Christina schlafen wollte. Christina aber antwortete dem Teufel, sie sei bereit, tausendmal für Christus zu sterben. Ja, selbst fort geschleppt wurde Christina von bösen Geistern, und einmal in einer kalten Winternacht durch das Dorngestrüpp eines nahen Waldes gezogen. Es kam sogar vor, daß sie und noch Andere neben ihr nicht nur im Haus, sondern auch in der Kirche plötzlich mit abscheulichem Unrat überworfen wurde. Als letzte Plage, welche ihr die bösen Geister antun durften, wurde sie anderthalb Jahre auf eigentümliche Weise gepeinigt, so daß täglich wenigstens zwei Leintücher von ihrem Leib so blutig wurden, als wären sie in Blut getaucht. Plötzlich nach einer blutigen Schlacht in der Nähe von Köln (1288 den 5. Juni) hörten alle Anfechtungen bei Christina auf, obschon sie noch 24 Jahre lebte – ähnlich wie bei Job, der von dem Satan nur bis zu einer festgesetzten Zeit geplagt werden durfte.

(1) Christina lebte 1300 nach Christus; zweihundert Jahre später bekam Luther, der nach seiner eigenen Behauptung sehr viel vom Teufel versucht wurde, ganz den nämlichen Gedanken; dieser Mann zeigte sich aber dieser Versuchung gegenüber nicht stark wie die Jungfrau Christina; er hat das Kloster verlassen und hat eine gleichfalls davon gegangene Nonne geheiratet.

Abscheulicher ist das Peinigen der Verdammten

Was ich hier von den Anfechtungen und Plagen erzählt habe, welche Christina durch Zulassung Gottes vom Teufel aushalten musste, macht nicht einmal den zehnten Teil von dem aus, was in dem erwähnten Buch sonst noch enthalten ist…
Aber bedenke nun: Gott hat dem Teufel zuweilen einige Gewalt über manche Heilige gelassen, um sie zu üben in manchen Tugenden; du siehst, mit welcher Bosheit und Hass der Teufel seine Gewalt dabei brauchte. Wenn du aber durch ein sündiges Leben Gott von dir stoßest, und dein Schutzengel dich verläßt, dann hört bei deinem Tod aller Schutz auf. Es ist schon manchmal geschehen, daß unbekehrte Sünder auf dem Todbett – noch bei Leben – die schauerliche Äußerung taten, sie sähen den Teufel im Zimmer. Nach dem Tod ist aber deine Seele schutzlos den bösen Geistern hingeworfen. Denk` dir die Nacht, wo Christus den boshaften Henkersknechten überlassen war, wie sie ihn anspieen, ins Gesicht schlugen, mit Füßen traten, ihm die Augen verbanden, Dornen ihm ins Haupt drückten, ihn nicht schlafen ließen, den giftigsten Spott und Hohngelächter gegen ihn ausstießen. Sieh`, jene Nacht war ein irdisches Abbild von der ewigen Nacht, in welcher der Verdammte sitzen wird, und jeneHenkersknechte waren gleichsam nur die noch ungeübten Lehrbuben der bösen Geister. Was diese an dem Verdammten tun werden, ist noch unendlich ärger, wie die bösen Geister noch unendlich abscheulicher, grimmiger und sinnreicher in Peinigen sind, als die boshaftesten Menschen. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 2 April bis Juni, 1872, S. 422 – S. 428

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