Spanische Inquisition und Katholikenverfolgung in England
In gegenwärtiger Zeit ist die Luft so voll Lügen, daß schon das Kind, sobald es laufen und reden kann, eine Menge Lügen gleichsam einatmet und seine Seele schlechtes Blut davon bekommt, und dann die unwahren Vorurteile durchs ganze Leben mitschleppt. So z. B. Wenn die Wirtshaus-Zeitungen oder ein schlechter Romanschreiber oder ein Wasserkopf, der eine Rede oder einen Trinkspruch laufen läßt, verdeckt gegen die katholische Kirche aufhetzen will, dann schreibt oder spricht er von „Finsternis des Mittelalters, von Inquisition, von Scheiterhaufen, von Spanien“, und wie es in den katholischen Ländern so elend aussehe und so dicken Nebel habe. Und der aufgeklärte Pöbel glaubt das festtäglich und redet dann im Bierhaus auch wieder, wie er gelesen und oder gehört hat. Hingegen England gilt für da preiswürdigste Land in Europa, für ein Land, wo Erleuchtung, Freiheit, Regierungskunst und Glückseligkeit von allen Farben fließt, so daß es ganz davon überschwemmt sei, wie einst das Land Kanal geflossen ist von Milch und Honig. Unsereiner hat aber schon in gründlicheren Büchern gelesen, als den ordinären Zeitungsschreibern zu Gesicht kommen; auch bin ich in Spanien und England, desgleichen in dem Land, wovon nachher auch noch die Rede sein wird, selber gewesen, und setze meinen Namen zu dem, was ich schreibe – darum kann ich glaubhafteren Berichteten, und will nun dieses alte Grundeis der Lügen ein wenig aufhacken.
Die Spanische Inquisition
Zuerst wollen wir an die spanische Inquisition. In Spanien waren vor einigen hundert Jahren viele tausend Juden und Mohammedaner, welche sich hatten taufen lassen, ohne an das Christentum zu glauben, bloß um nicht aus dem Land vertrieben zu werden. Diese waren nun die gefährlichsten Feinde des Staates und der Religion; durch ihr Geld und ihre gewissenlose Schlauheit schlichen sie sich in die höchsten und wichtigsten Ämter; ja es kam sogar der Gräuel vor, daß heimliche Juden Bischöfe wurden. Natürlich benutzten dann diese verarmten Feinde des Christentums ihre Ämter, um die Treue gegen das katholische Königshaus und gegen die Kirche bei den Leuten zu untergraben. Dieses war ein hauptsächlicher Grund, weshalb die spanischen Könige ein eigenes Gericht aus Geistlichen und Juristen zusammen setzten, die Inquisition, welches die heimlichen Feinde des Königs und der katholischen Religion aufspüren und bestrafen solle; es wurden aber auch andere Lasterhaften vor das Inquisitionsgericht gezogen, z. B. wenn einer ein Mädchen verführt hatte durch die Versicherung, es sei keine Sünde, wenn ein Gefängnis-Aufseher eine Person missbraucht hatte, Kirchenraub usw. Die höchste Strafe der Inquisition bestand darin, daß der hartnäckige Verbrecher lebendig verbrannt wurde. Reumütigen oder weniger Belasteten wurden geringere Bußen auferlegt, oder sie wurden ganz frei gesprochen. Wer hingegen Jude oder Mohammedaner von Geburt an blieb und nicht getauft war, der wurde von der Inquisition nicht gestraft; nur mussten solche später das Land verlassen. (1) – Obschon es aber mit der Inquisition nicht so arg war, als man den Leuten weismacht, so ist es allerdings nicht in der Ordnung gewesen, daß die weltliche Obrigkeit sich gewaltsam in die Religion der Leute einmischte, und es haben auch einige Päpste dagegen Einspruch getan.
Anm. Wer gründlich und umständlich (=ausführlich) die Geschichte der Inquisition kennen lernen will, lese das Buch von Bischof Hefele mit dem Titel „Ximenes“…
Der Lasterkönig Heinrich VIII. von England
Da wir nun das Brandmal von Spanien besichtigt haben, wollen wir uns in dem gebenedeiten England umsehen. Was spanische Fürsten durch die Inquisition gegen die Feinde der christlichen Religion und gegen Verbrecher taten, das und noch viel Ärgeres taten die englischen Oberhäupter gegen die Katholiken, welche sich nicht kommandieren wollten lassen, plötzlich ihre Religion zu ändern. Der König Heinrich VIII., der vom Jahre 1509 bis 1547 missregierte, ist aus wüster Liederlichkeit von der katholischen Kirche abgefallen, weil ihm der Papst die Erlaubnis nicht gab, ein anderes Weib, Anna Boleyn, zu heiraten, während die erste noch lebte. Er trennte sich nun von der ersten und heiratete die Boleyn; nach einiger Zeit war er derselben überdrüssig geworden, ließ sie köpfen und heiratete gleich den andern Tag eine andere, Namens Johanna Seymour. Später ließ er noch eine andere königliche Ehegattin köpfen. Da dieser Lasterkönig sich selbst zum Oberhaupt der Religion im Land aufwarf, so ließ er Katholiken vierteilen, Protestanten aber, die nicht mit des Königs besonderen Satzungen übereinstimmten, lebendig verbrennen.
Die grausame Königin Elisabeth von England
Noch viel ärger ging es aber her, als seine Tochter Elisabeth, welche im Ehebruch mit Anna Boleyn erzeugt war, Königin wurde. Diese ließ ein Gesetz machen, daß jeder Engländer einen Huldigungseid schwören musste, wonach er die Königin nicht nur als weltliches Oberhaupt anerkenne, sondern auch als geistliches, so daß sie gleichsam die Päpstin für England sein wollte. Von diesem Weib und ihrer Regierung wurden dann die Katholiken mit einer Grausamkeit verfolgt, wie es kaum die Heiden getan hatten. Jeder Katholik, der nicht seinen Glauben verleugnen wollte, musste jenen Eid verweigern; auf die Verweigerung aber war die Todesstrafe gesetzt. Es wurden mehrere Hunderte auf die grausamste Weise hingerichtet, und zwar mit einer teufelsmäßigen Grausamkeit. Nach gewöhnlicher Ordnung wurde der katholische Priester zuerst gefoltert, dann gehenkt, dann aber wieder abgeschnitten, bevor er ganz tot war, um ihn noch ärger zu quälen; er wurde hernach auf den Boden gelegt, ihm der Bauch aufgeschlitzt, das Eingeweide vom Henker ausgerissen; endlich wurde durch eine besondere Maschine der Leib noch gevierteilt, der Kopf abgehauen und die Stücke an den öffentlichen Orten in London aufgehängt. Auf diese Weise ließ diese königliche Mörderin 142 Priester morden, bloß weil sie katholische Priester waren und ihren Glauben nicht verleugnen wollten. Andere ließ sie zu Tode foltern, andere elend im Gefängnis sterben; die Wiedertäufer aber ließ sie verbrennen. Endlich ließ dieses weibliche Kirchenoberhaupt auch noch öffentlich die rechtmäßige Erbin von England, die berühmte Maria Stuart, köpfen, nachdem sie dieselbe gegen 20 jähre lang im Gefängnis hatte sitzen lassen.
Noch nie hat ein Weib auf Erden so viele Menschen gemordet und unglücklich gemacht wie dieses weibliche Ungeheuer, diese Päpstin der englischen Kirche, vor den Richterstuhl Gottes gefordert im März des Jahres 1603. Dabei war das gräßliche Weib bis zur Verrücktheit hoffärtig: sie hatte z. B. 80 Perücken, und bei der Tafel war ihre liebste Musik der Lärm von 12 Trompetern, Pfeifern und Trommlern.
Ganz besonders aber saugte sie Irland aus wie ein höllischer Blutegel… In dem katholischen Irland gibt es nur zweierlei reiche Leute: 1. die englischen Adeligen, und 2. die reformierten Pfarre und Bischöfe, die nichts zu tun und großes Einkommen haben. Das hat diese boshafte Königin Elisabeth so hergerichtet, Sie hat eine Verordnung gemacht, wonach jeder Katholik, der einen Monat lang nicht in die protestantische Kirche geht, um 240 Gulden (= 411 Mark 43 Pfennig) gestraft wurde, was im jähr dann gegen 3000 Gulden (5000 Mark) ausmachte. Da nun die Katholiken nur die Wahl hatten zwischen ihrem Glauben und zwischen ihrem Vermögen, so wurden massenhaft die wohlhabendsten Leute Bettler, weil sie ihrem katholischen Glauben getreu blieben; …Wer nicht soviel zahlen konnte, kam in das Gefängnis, und dabald kein Platz mehr war, wurden die Gefangenen entlassen, aber zuerst ausgepeitscht oder mit einem glühenden Eisen ihnen die Ohren durchbohrt.
Die protestantische Religion ist in England ganz eigentlich durch Galgen, Folter und Schlachtmesser gegründet; hingegen ist die katholische Religion in Irland stärker gewesen und hat alle Marter überwunden. –
aus: Alban Stolz, ABC der großen Leute, 1913, S. 19 – S. 24