Kolumbus und Königin Isabella von Spanien

Die katholische Frau

Christoph Kolumbus und die Königin Isabella von Spanien

Einige Einzelheiten über die Entdeckung der neuen Welt, — Große Absichten Gottes bei dieser Entdeckung. — Hohe Frömmigkeit des Christoph Kolumbus, und hervorragend religiöser Charakter seiner Expedition, — Dieses große Ereignis wurde nur durch die edelmütige Mitwirkung der katholischen Frau, der Königin Isabella von Spanien, herbeigeführt.

Einer Lampe gleich, welche, dem Erlöschen nahe, noch einmal hell aufflackert, hatte das Mittelalter, ehe es in das Schweigen der Ewigkeit hinüber schlummerte, sein Ende durch die größten, die fruchtbarsten und hell leuchtendsten unter allen Erfindungen des Menschengeistes angedeutet: durch die Erfindung der Magnetnadel, des Schießpulvers und der Buchdruckerkunst, von denen ihm, wie wir anderswo sagten, die erste die Herrschaft über die Meere, die zweite die Herrschaft über die Länder, die dritte die Herrschaft über die Geister in die Hände gab. In der Tat wurde vermittelst der Magnetnadel und des Schießpulvers die neue Welt entdeckt und erobert.

Allein dieses Ereignis, das größte, das fruchtbarste und wichtigste unter allen seit der Einführung des Christentums, dieses Ereignis, wodurch das Angesicht der Erde verändert ward, wurde von Christoph Kolumbus, dem größten Mann der neueren Zeit, nur durch Mithilfe Isabellas der Katholischen ausgeführt, welche Donoso Cortes mit vollem Recht die größte Königin, die merkwürdigste Frau Spaniens nennt, das unter allen Nationen durch seine merkwürdigen Frauen und seine großen Königinnen so berühmt ist.

Große Absichten Gottes bei dieser Entdeckung

Die Philosophen, die starken Geister der Zeit, stumpfsinnig wie immer und unfähig, etwas zu erfassen, was wahrhaft erhaben und großartig iſt, erblickten in dem Projekt des Kolumbus den Traum einer verrückten Phantasie; die Könige eine riesenhafte Unmöglichkeit; die nachsichtigsten und bescheidensten Männer eine grenzenlose Verwegenheit. Auch Kolumbus gab nach acht Jahren voll vergeblicher Bemühungen, voll Verdrießlichkeiten und zahlloser Täuschungen in Italien, in Portugal, in Frankreich und sogar in Spanien bei dem König von Kastilien, schon die Hoffnung auf, anderswo einen Geist zu finden, der erhaben genug wäre, um ihn zu begreifen, und eine Macht, die Edelmut genug beſäße, um ihn zu unterstützen. Er wollte nach Italien zurückkehren und den großen Gedanken der Entdeckung einer neuen Welt, den Gegenstand des Nachdenkens, der Beschäftigungen und Hoffnungen seines ganzen Lebens, ein für allemal aufgeben.

Allein die großen Gedanken des Menschen sind, wie es sogar die heidnische Weisheit anerkannte, ein Hauch des göttlichen Geistes. (Niemand wurde noch ohne göttlichen Hauch ein großer Mann. Cic.) Der Geist Gottes ließ es daher nicht zu, daß der große Gedanke der Entdeckung einer neuen Welt, den er dem Christoph Kolumbus eingegeben hatte, gleich Trugbildern menschlicher Einbildungskraft verschwinde; und er fügte es, daß fromme, glaubensvolle Seelen die einzigen waren, welche die ganze Wichtigkeit, die ganze Größe eines Vorhabens fühlten, von dem die Wissenschaft und Politik nichts begriffen hatten.

Hohe Frömmigkeit des Christoph Kolumbus

Zuerst ermunterte ein heiliger Ordensmann, Pater Johann Peret, Prior von Prado, den Kolumbus, dem so viele Hindernisse bereits alle Lust benommen hatten, er sollte Mut fassen und seine Abreise nach Italien noch aufschieben, bis er mit der Königin gesprochen hätte. Sodann war es der fromme und reiche Ludwig de St. Angelo, welcher dem Kolumbus und der Königin sein ganzes Vermögen zur Verfügung stellte, weil er wußte, daß der königliche Schatz durch den Krieg gegen die Mauren erschöpft sei. Endlich war es die Königin selber, die, ebenso ausgezeichnet durch hohe Frömmigkeit wie durch staatsmännische Talente, nachdem einmal das materielle Hindernis des Geldmangels beseitigt war, den Plan des unerschrockenen Seefahrers mit Begeisterung ergriff, ihm ihren vollen Beifall gab und an dessen glücklichem Erfolg nicht einen Augenblick zweifelte. Zum Beweis dafür befahl sie sogleich ihrem Staatssekretär Johann von Colonia, er sollte dem Kolumbus ein Dokument ausfertigen, wodurch er zum Großadmiral des Ozeans und zum Vizekönig des Festlandes und der Inseln, die er entdecken würde, erklärt wurde. Sie schenkte ihm das Kostbarste, was sie hatte, und versah ihn mit allen Bedürfnissen und Bequemlichkeiten zu der Fahrt. So trat Kolumbus den 7. September im Jahre des Heils 1492 die berühmte Fahrt mit drei großen Schiffen an. Auf dem großen Mast des Admiralschiffes, das Christoph Santa Maria nannte, war das Zeichen des Kreuzes aufgepflanzt. Im Namen Gottes und der unbefleckten Jungfrau schiffte er sich ein, nicht sowohl, um für Spanien neue Besitzungen, als für den christlichen Glauben neue Völker zu erobern.

Religiöser Charakter seiner Expedition

Denn die Entdeckung der neuen Welt war weniger ein politisches, als ein religiöses Ereignis; und weil es ein wesentlich religiöses Ereignis war, war es auch ein politisches Ereignis von unermeßlicher Tragweite: hat ja jedes große politische Ereignis seinen Grund und seine Basis nur in der Religion und ist nur der Strahl eines religiösen Gedankens. In der providentiellen Ordnung war endlich die Zeit der göttlichen Barmherzigkeit gekommen, wo so viele barbarische Nationen, welche seit Jahrhunderten in der Finsternis und im Schatten des Todes saßen, dem Lichte des Evangeliums die Augen öffnen sollten.

Die Seeleute der von Kolumbus befehligten Schiffe empörten sich und wollten ihn ins Meer werfen; dreimal beabsichtigten ſsie umzukehren; aber die Winde widersetzten sich ihrem Vorhaben und nötigten sie wider ihren Willen immer vorwärts zu steuern. Eine unsichtbare Hand trieb diese Schiffe fort, auf denen das Heil so vieler Millionen Seelen beruhte.

Den 11. Oktober wehte der Wind sehr ungleich, ein Umstand, der den großen Seemann zur vollen Überzeugung brachte, daß das Land nicht mehr ferne sein könne. Die Schiffsmannschaft versammelte sich, wie gewöhnlich, zum Nachtgebet. Nach Beendigung desselben sprach Christoph, der ein ebenso frommer Christ als großer Held war, zu seinen Leuten: „Danket Gott für die Gnade, daß er euch während einer so langen und gefahrvollen Reise erhalten hat. Immer deutlicher zeigt es sich, daß Land nahe ist; wachet aufmerksam in der Nacht, und ihr werdet es beim Anbruch des Tages sehen.“ Es war ein Gedränge am Bord der Fahrzeuge; jeder wollte zuerst das Land sehen, nach welchem sie sich so lange gesehnt, und welches zu erblicken die meisten unter den Schiffsleuten die Hoffnung bereits aufgegeben hatten.

Endlich zeigte es sich, als der Tag herauf kam. Welcher Jubel, welche Freude beim Anblick der Hügel, die mit der reichsten und entzückendsten Vegetation geschmückt waren! Als die Sonne aufging, richteten die drei Fahrzeuge ihren Lauf dem Lande zu. Die Pinta, dasjenige unter den Fahrzeugen, welches ihnen voran segelte, stimmte das Te Deum an, in welches auf ein von dem christlichen Helden gegebenes Zeichen die Mannschaft der anderen Schiffe unter Tränen der Freude und Dankbarkeit einstimmte. Es war dies vielleicht seit Tausenden von Jahren das erstemal, daß die Luft hier vom Lobe des Schöpfers und seines Sohnes, des Welterlösers, widerhallte. Die Matrosen warfen sich dem Kolumbus zu Füßen und baten um Verzeihung für alles Leid, das sie ihm zugefügt hatten. Kolumbus drückte sie alle an sein Herz: das war die einzige Rache, die er an ihnen dafür nahm, daß sie gegen ihn so frech sich benommen und so schändliche Plane geschmiedet hatten. Als die Schiffe Anker geworfen hatten, blieb die ganze Mannschaft an Bord: Kolumbus sollte zuerst ans Land steigen; ihm kam es zu, die ersten Spuren eines christlichen Fußes der neuen Welt einzudrücken, welche sein Glaube, sein Mut und seine Standhaftigkeit entdeckt hatte. Er war reich gekleidet und hielt das gezückte Schwert in der Hand.

Mit Tränen in den Augen warf er sich auf die Erde nieder und pflanzte dann unter den spanischen Fahnen auf dem durch Aberglauben verwüsteten Boden das Kreuz auf; er küßte den Boden und betete Gott an und dankte ihm; eben so taten seine Schiffsleute. Alle Blicke waren voll zärtlicher Verwunderung und religiöser Ehrfurcht auf ihn gerichtet. Auf seiner edlen Stirne glaubte man die erhabenen Gedanken zu lesen, die damals seinen großen Geist durchzogen, und die frommen Gefühle, die sein Herz bewegten. Er stand auf und rief mit jener Majestät, Autorität und Macht, mit jenem Nimbus, der den großen Männern des Christentums eigen ist: „Im Namen Jesu Christi, des Sohnes Gottes, und seiner treuen Diener Isabella und Ferdinand, ergreife ich von der neuen Welt Besitz. Ich nenne diese Insel San Salvador, um anzudeuten, daß von nun an dieses Land und alle unsere künftigen Eroberungen dem Erlöser der Menschen geweiht sein sollen. Die zweite Insel, die er fand, nannte er La Conception (die Empfängnis), die dritte Isabella, die vierte Ferdinand. Ebenso bescheiden als groß dachte er nur an seine himmlischen Herren, Jesus und Maria, und an seine irdischen Herren, Isabella und Ferdinand; sich selber vergaß er, er selber wollte ganz verschwinden, seine Rückkehr nach Spanien und seine Ankunft, welche acht Monate nach seiner Abreise erfolgte, war ein wahrer Triumph…

Im Tone der größten Bescheidenheit legte Kolumbus über seine Expedition Rechenschaft ab, und schrieb den Erfolg derselben einzig und allein Gott und den katholischen Majestäten Spaniens zu. Alles lauschte und hörte der Erzählung des Kolumbus mit größtem Interesse zu. Als er geendigt hatte, stieg die große und fromme Königin vom Throne herab, warf sich mit dem Angesicht auf die Erde nieder, betete den Herrn an und dankte ihm. Sodann stimmte sie den Lobgesang der christlichen Dankbarkeit an, der vom ganzen Hof begleitet wurde, und lange ertönte der Saal von begeistertem Jubelruf zu Ehren des Mannes, den Gott so groß gemacht, und der seinerseits die Macht und den Ruhm der spanischen Krone und Nation so sehr erhöht hatte.

Luther verführte einen großen Teil Europas zum Abfall

Im nämlichen Jahrhundert wurde auch der stolzeste und schamloseste und wütendste unter den Irrlehrern, Luther, geboren; ein großer Teil Europas, der durch sein satanisches Apostolat (Luther gestand selber, daß er vom Satan Eingebungen und Ratschläge erhalten habe) in die Irre ging und alle seine Irrtümer, die mit allen Leidenschaften im Bunde waren, annahm, empörte sich gegen die Kirche und fiel von ihr ab. Gott aber, der dafür sorgt, daß neben dem Übel das Heilmittel dafür hervor kommt, und daß die Verluste der Kirche durch neue Eroberungen und neuen Ruhm ersetzt werden, wollte durch die Entdeckung der neuen Welt die Kirche für so viele Völker, die sie in der alten verlassen wollten, entschädigen und Männern, voll des hl. Geistes, ein großes Feld zu Bekehrungen eröffnen, während der Geist des Bösen Männern, voll des Geistes der Hölle, ein weites Feld zum Abfall eröffnete; denn es ist außer allem Zweifel, daß die Missionare der Wahrheit in Amerika der Kirche eine größere Zahl von Katholiken erweckten, als die Missionare des Irrtums ihr in Europa entrissen, und daß Kolumbus in demselben Jahr, in welchem Luther geboren wurde, den Gedanken an sein Unternehmen faßte. Wer daher in dem genauen Zusammentreffen solcher Umstände nicht die wunderbare Leitung der Vorsehung, sondern nur das Werk des Zufalls und der Leidenschaften erblicken wollte, der wäre ebenso blind als gottlos. Und wie läßt es sich erklären, daß ein Mann mit solcher Hartnäckigkeit, mit so vollständigem Verzicht auf Ehre und Leben bei einem so großartigen Unternehmen verharren und weit über dem Meere neues Festland suchen konnte, für dessen Dasein er keinen Beweis in der Hand hatte, wenn man nicht annimmt, daß er mit Gewalt von einem prophetischen Instinkt getrieben und von jenem Vertrauen auf Gott beseelt war, das allein allen Gefahren zu trotzen vermag und den Menschen über sich selbst erhebt ?

Kolumbus fand Hilfe nur bei der Königin Isabella

Es steht also nichts im Wege, den Christoph Kolumbus als den ersten und wahren Missionar der Völker der neuen Welt zu betrachten, welchen durch sein heldenmütiges Unternehmen die Wohltat des Glaubens zu Teil wurde. Allein Kolumbus konnte, wie wir gesehen haben, niemanden finden, der im Stande gewesen wäre, in seinem großen Geist zu lesen, als eine Frau, welche zu begreifen vermochte, was kein Mann begriff. Kolumbus fand die zu seinem großen Unternehmen notwendige Ermutigung und Hilfe, die ihm so viele Könige versagt hatten, nur im Herzen einer Königin. Und in der Tat, das große Weib, die große Königin, welche die Geschichte mit dem schönen und glorreichen Namen „Isabella die Katholische“ bezeichnet, war allein würdig, den ganz katholischen Gedanken des Kolumbus zu erfassen und ihn bei der Verwirklichung desselben zu unterstützen. Es hindert uns also nichts, diese erhabene Matrone auch als den Apostel der neuen Welt anzusehen. So wurde das größte Ereignis, womit das Mittelalter abgeschlossen und die neue Zeit eröffnet wurde, durch einen großen Mann ausgedacht und mit Beihilfe einer großen Frau ausgeführt. So trug die katholische Frau in der Person Isabellas der Katholischen im Anfang der neuen Zeit, wie sie es stets getan, zur Ausbreitung des Katholizismus bei. So ist die katholische Frau in allem, was den Katholizismus betrifft, mit ihrem Glaubensinstinkt und mit ihrem Herzen vernünftiger, als der Mann mit dem Licht seiner Wissenschaft und mit seinem Verstand. –
aus: Joachim Ventura, Die katholische Frau, Zweiter Band, 1863, S. 183- S. 189

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