Selige Seraphina von Sforza Äbtissin

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

9. September

Die selige Seraphina von Sforza Äbtissin

(Ehekreuz)

Seraphina war entsprossen von ganz vornehmer Familie, denn ihr Vater Guido war Graf in Urbino, und ihre Mutter, Katharina Kolumna, war eine Nichte des Papstes Martin V. Es wurde ihr in der heiligen Taufe der Name Sueva gegeben. Sie verlor schon in früher Jugend beide Eltern und wurde deshalb nach Rom in das gräfliche Haus der Kolumna gebracht und dort erzogen. Als sie zur Jungfrau heran gereift war, wurde sie dem Alexander Sforza zur Ehe gegeben, dem Herrn von Pisa. Derselbe war Witwer und hatte aus erster Ehe zwei Söhne, Galeatius und Constantius; diese behandelte und liebte Sueva, als wären sie ihre eigenen Kinder.

Da Alexander später nach Mailand sich begab, um seinem Bruder Franz Sforza, Herzog von Mailand, mit seiner Kriegsmannschaft zu Hilfe zu kommen, übergab er die ganze Regierung seiner Herrschaft der Sueva, was diese auch auf das Beste besorgte, vom Jahr 1456 bis zum Jahr 1462. Zurück gekehrt aus dem Krieg verfiel Alexander in einen andern Krieg, nämlich einen Liebeskampf. Er wurde gleichsam besessen von der Liebe zu einer gewissen Frauensperson in Pisa, Namens Pazifika, und fing an seine Gattin Sueva zu verachten, da sie nur klein von Wuchs war und kein hübsches Gesicht hatte. Das Feuer seiner Liebe zu Pazifika nahm immer mehr zu, desgleichen sein Haß gegen Sueva, zumal da sie ihm auch die Sündhaftigkeit seines Wandels ernstlich vorhielt. Indem der Fürst vermeinte, seiner Liebesglut und den Zumutungen der schlechten Person länger nicht mehr widerstehen zu können, kam es zuletzt so weit mit ihm, daß er zweimal den Versuch machte, seine Frau Sueva mit Gift von der Welt zu schaffen; und da er sah, daß das Gift keine tödliche Wirkung hatte, so ging er einmal Nachts in das Schlafzimmer seiner Gemahlin, ergriff sie am Hals und hätte sie erwürgt, wenn nicht auf ihr Geschrei die Dienstboten herbei gelaufen wären. Da diese fragten, warum sie um Hilfe gerufen habe, wollte Sueva das Verbrechen ihres Mannes verbergen und sagte, sie habe gemeint Räuber zu hören. Allein da sie Alles durchsuchten, fanden sie nichts als den Hut ihres Herrn, den er zu Boden hatte fallen lassen, als er die Leute kommen hörte und sich davon machte. Daran merkten sie nun wohl, wer der Räuber gewesen sei. Endlich schleppte er einmal seine Gattin an den Haaren in den Hof und schlug sie so wütend, daß sie ohnmächtig wurde. Als sie wieder zu sich kam, sagte er, wenn sie ihr Leben lieb habe, so solle sie sich aus dem Haus fortmachen und in ein Kloster gehen. Zum großen Schmerz ihrer zwei Stiefsöhne, welchen sie mit mütterlicher Liebe zugetan war, und der Dienerschaft und Nachbarn unterwarf sich Sueva demütig ohne Widerrede der ungerechten Forderung ihres Gemahls und begab sich in das Kloster der Klarissinen.

Die Verwandten der verstoßenen Frau erhoben ihre Beschwerden. Alexander rechtfertigte sich damit, daß er behauptete, seine Ehre habe ein solches Verfahren gefordert, indem Sueva eine Ehebrecherin sei, er wolle solches durch das Geständnis aus ihrem eigenen Mund beweisen. Unterdessen schickte er einige seiner Leute mit der Drohung in das Kloster, er werde das Kloster anzünden und die Sueva ums Leben bringen, wenn diese nicht nach Wunsch antworten werde, wie der Fürst ihr seine Fragen vorbringen werde. Die erschrockenen Nonnen drangen mit Bitten und Tränen in Sueva, sie möge doch dem Willen ihres Gemahls sich fügen, sie werde vielleicht dadurch wieder Versöhnung und Frieden herstellen. Die Verwandten begaben sich mit Alexander in das Kloster; er nahm noch einen Schreiber mit, damit dieser es gerichtlich zu Protokoll nehme, wenn die verfolgte Frau ein Geständnis nach dem Wunsch des Fürsten ablegte. Sueva wurde in das Sprachzimmer gerufen. Alexander fragte sie über den Ehebruch, über Ort und Zeit des Vergehens. Sueva gab keine Antwort; der eine Bericht sagt, sie habe geschwiegen um dem Kloster nicht zu schaden; ein anderer sagt, sie sei über die fürchterliche Schmach dieses Vorwurfs so verwirrt und gleichsam erstarrt geworden, daß sie sprachlos dagestanden sei, sonst hätte sie ohne Rücksicht auf alle Drohungen ihre Ehre verteidigt. – Der Schreiber zeichnete ihr Stillschweigen auf als ein Zugeständnis; der Fürst ging als Sieger von dannen, desgleichen entfernten sich die von Schmerz ergriffenen Verwandten.

Sueva warf sich nun vor dem Bild des Gekreuzigten auf die Knie nieder und klagte bitterlich, daß er sie bei einer so großen Beschimpfung ohne Hilfe gelassen habe. Da war es ihr, als rede Christus vom Kreuz herab und ermahne sie liebreich, sie möge diese geringen Anschuldigungen mit geduldiger Seele tragen um der Liebe Desjenigen, welcher für alle Schläge, Beschimpfungen, Schmachreden und den schändlichsten Tod unschuldig gelitten hat. Sueva fühlte sich nun ganz getröstet. Als aber der Schreiber das verleumderische Protokoll bei dem Fürsten nieder gelegt hatte und nach Hause gehen wollte, packte auf dem Marktplatz ein Esel seine rechte Hand mit den Zähnen und ließ nicht ab mit Beißen, bie der Schreiber in Schmerz und Schrecken vor allem Volk gestand, es sei dieses die Strafe der Sünde, die er mit dieser Hand an diesem Tag verübt habe.

Alexander überließ sich hierauf ungestört seiner ehebrecherischen Lust, deren er selbst seine unschuldige Frau beschuldigt hatte; Sueva hingegen ließ sich, da er als Ehemann sehr gern darein willigte, in den Klarissenorden aufnehmen und bekam den Klosternamen Seraphina. Nach einiger Zeit wurde Alexander auch der Pazifika überdrüssig und fing an, sie mit harten Reden und Schlägen zu misshandeln; solches war insofern ein Glück für die Ehebrecherin, als sie dadurch zur Besinnung kam und Buße tat; zwei Jahre darauf starb sie.

Auch der Fürst ging in sich; er bereute schmerzlich seine bisherige Lasterhaftigkeit, und der, welcher bisher ein räuberischer Wolf gewesen, verwandelte sich nun in ein Lamm. Er liebte seine Gemahlin wieder und erwies dem Kloster, worin sie eingetreten war, viele Guttaten. Er lebte nach seiner Bekehrung noch neun Jahre und hinterließ bei seinem Tode die Herrschaft dem Sohn Constantius. Seraphina aber war sorgfältig bedacht, durch fromme Werke die Seele ihres hingeschiedenen Gemahls zu trösten und zu erlösen; sie selbst gab sich ganz ihren religiösen Pflichten hin und vervollkommnete ihre Seele mit vielen Tugenden.

In der Demut war sie ausgezeichnet; sie leuchtete vor durch Liebe gegen die Kranken, für die Armen sorgte sie. Sie besorgte die niedrigen Geschäfte des Klosters, den Leib züchtigte sie durch wunderbare Buße, im Gebet war sie unermüdlich. Nach dreizehn Jahren wurde sie einstimmig, da sie Allen die liebste war und die würdigste schien, zur Äbtissin gewählt; als solche führte sie ein so treffliches Regiment, daß sie das Kloster nicht nur im Äußerlichen förderte, sondern durch sie die genaue Beobachtung der Ordensregeln befestigt wurde. Endlich, nachdem sie mit großen Verdiensten und Tugenden geschmückt, 18 Jahre heilig im Orden zugebracht hatte, entschlief sie im Herrn, und gewürdigt, an demselben Tag im Himmel geboren zu werden, an welchem die seligste Jungfrau auf Erden geboren ward.

Es gibt zahllos viele unglückliche Ehen in der Welt, und es ist wahrhaft keine Kleinigkeit, durch das Band der Ehe lebenslänglich an einen Menschen gebunden sein, der, statt dem andern Eheteil eine Stütze zu sein, ihm oft auf die feindseligste Art das leben verbittert. Ja, die Plagen, welche manche Frau nur in einer einzigen Woche von ihrem Mann dulden muss, übertreffen oft alles Leid, das ihr von den andern Menschen zusammen genommen je widerfahren ist. Manche laufen da und dort hin und klagen, manche suchen eine Ehescheidung – allein das ist keine wahre Abhilfe des Kreuzes. Im Leben der seligen Seraphina findest du den wahren Weg zum Trost – nämlich bei Christus, in gänzlicher Hingabe an die Religion. Gott läßt es gewiß gerade deshalb zu, daß zuweilen ein Ehegatte ohne seine Schuld sehr übel behandelt und ihm alle Freud` und Trost auf dieser Erde abgesperrt wird, damit es von ganzem herzen und aus allen Kräften Gott sich zukehre. Wenn ein Ehegatte solches tut, so wird ihm dann gerade dasKreuz die Leiter zum Himmel; und manchmal wird dann durch das Gebet des Eheteils, der imKreuz gottselig geworden ist, oft auch noch der andere Teil bekehrt: denn je besser der Mensch wird, desto kräftiger und wirksamer wird auch sein Gebet. Was hier von einer unglücklichen Ehefrau gesagt ist, gilt auch von dem Ehemann. Ich habe erst kürzlich von dem Tod eines Herrn gehört, der in den letzten Jahren seines Lebens außerordentlich fromm geworden ist, und dem es die größte Herzens-Angelegenheit war, im Christentum sich zu vervollkommnen. Die äußerliche Veranlassung, die ihn gleichsam Gott in die Arme getrieben hat, war ein kränkliches Weib, welches durch ihre Wunderlichkeit und verrückte Launen ihm das Leben gänzlich verbitterte. Und da hat er in der Religion seinen einzigen Trost auf Erden gesucht, und hat damit zugleich die Seligkeit im Himmel gefunden. Es gilt eben in allen Verhältnissen des Lebens der Spruch des Apostels: „Die Gottseligkeit ist zu allen Dingen gut.“ –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 3 Juli bis September, 1872, S. 404 – S. 408

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