Die Offenbarungslehre von den Engeln
§ 30. Die Wirksamkeit der guten Engel
1. Verhältnis zu Gott
Die primäre Aufgabe der guten Engel ist die Verherrlichung und der Dienst Gottes. Sent. cert.
Die Hl. Schrift fordert die Engel zum Lobpreis Gottes auf und bezeugt, daß sie durch ihren Lobgesang Gott verherrlichen. Vgl. Ps. 102, 20f: „Preiset Jahwe, all seine Engel!“ Vgl. Ps. 148, 2; Dn. 3, 58; Is. 6, 3; Apk 4, 8; 5, 11f; Hebr. 1, 6. Zum Lobe Gottes kommt der Dienst Gottes. Als Boten Gottes überbringen die Engel Offenbarungen und Aufträge an die Menschen. Vgl. Lk. 1, 11ff; 1, 26ff; Mt. 1, 20f; Lk. 2, 9ff; Mt. 2, 13. 19f; Apg. 5, 19f; 8, 26; 10, 3ff; 12, 7ff.
2. Verhältnis zu den Menschen
a) Die sekundäre Aufgabe der guten Engel ist der Schutz der Menschen und die Sorge für ihr Heil. De fide auf Grund der allgemeinen Lehrverkündigung.
Die Kirche feiert seit dem 16. Jahrhundert ein eigenes Fest zu Ehren der hl. Schutzengel. Der Catechismus Romanus (IV 9, 4) lehrt: „Durch Gottes Vorsehung ist den Engeln die Aufgabe übertragen, das Menschengeschlecht zu beschützen und den einzelnen Menschen beizustehen, damit sie nicht irgendeinen größeren Schaden erleiden.“
Die Hl. Schrift bezeugt, daß alle Engel im Dienst der Menschen stehen. Hebr. 1, 14: „Sind sie nicht alle dienende Geister, zum Dienst ausgesandt um derentwillen, die das Heil erben sollen?“ Ps. 90 11f schildert die Fürsorge der Engel für den Gerechten. Vgl. Gn. 24, 7; Ex. 23, 20-23; Ps. 33, 8; Jdt. 13, 20; Tob. 5, 27; Dn. 3, 49; 6, 22.
Nach Origenes (De princ. I praef. 10) ist es „ein Bestandteil der kirchlichen Lehrverkündigung, daß es Engel Gottes und gute Kräfte gibt, die ihm dienen, um das Heil der Menschen zu vollenden.“ Vgl. Origenes, Contra Celsum VIII 34.
b) Jeder Gläubige hat von der Taufe an seinen besonderen Schutzengel. Sent. certa.
Nach der allgemeinen Lehre der Theologen hat indes nicht bloß jeder Getaufte, sondern jeder Mensch, auch der Ungläubige, von Geburt an seinen besonderen Schutzengel. Biblisch begründet ist sie in dem Wort des Herrn Mt. 18, 10: „Seht zu, daß ihr keines von diesen Kleinen verachtet; denn ihre Engel im Himmel schauen immerfort das Angesicht meines Vaters, der im Himmel ist.“ Vgl. Apg. 12, 15: „Es ist sein (= des Petrus) Engel.“
Der hl. Basilius lehrt unter Bezugnahme auf Mt. 18, 10: „Einem jeden der Gläubigen steht ein Engel zur Seite als ein Erzieher und Hirte, der das Leben leitet“ (Adv. Eunomium III 1). nach dem Zeugnis des hl. Gregor des Wundertäters und des hl. Hieronymus hat jeder Mensch von Geburt an einen besonderen Schutzengel. Hieronymus bemerkt zu Mt. 18, 10: „Wie groß ist die Würde der (menschlichen) Seelen, daß eine jede von Geburt an (ab ortu nativitatis) zu ihrem Schutz einen Engel zugewiesen erhalten hat.“ Vgl. Gregors des Wundertäters Dankrede auf Origenes c. 4. S. th. I 113, 1-8.
3. Engelkult
Aus dem Verhältnis der guten Engel zu Gott und zu den Menschen ergibt sich die Berechtigung des Engelkultes. Was das Konzil von Trient über die Anrufung und Verehrung der Heiligen lehrt (D 984 ff), darf auch auf die Engel angewandt werden. Die Ablehnung des Engelkultes durch Paulus (Kol. 2, 18) bezieht sich auf eine falsche, übertriebene Verehrung gnostischer Irrlehrer. Zeuge des kirchlichen Engelkultes ist bereits Justin der Märtyrer (Apol. I 6). –
aus: Ludwig Ott, Grundriss der Dogmatik, 1954, S. 139 – S. 140