Wer gehört zur katholischen Kirche

Die Notwendigkeit der Kirche § 19. Die Zugehörigkeit zur Kirche

1. Lehre der Kirche

Glieder der Kirche sind diejenigen, die das Sakrament der Taufe gültig empfangen haben und von der Einheit des Glaubensbekenntnisses und von der Einheit der Rechtsgemeinschaft der Kirche nicht getrennt sind. Sent. certa.

Pius XII. erklärte in der Enzyklika „Mystici Corporis“: „Den Gliedern der Kirche sind in Wahrheit nur jene zuzuzählen, die das Bad der Wiedergeburt empfangen haben, den wahren Glauben bekennen und sich weder selbst zu ihrem Unsegen vom Zusammenhang des Leibes getrennt haben noch wegen schwerer Verstöße durch die rechtmäßige kirchliche Obrigkeit davon ausgeschlossen worden sind“ (H 25; D 2286).

Nach dieser Erklärung sind zur Kirchengliedschaft drei Bedingungen erforderlich:

a) der gültige Empfang des Taufsakramentes,

b) das Bekenntnis des wahren Glaubens,

c) das Verbundensein mit der Gemeinschaft der Kirche.

Durch die Erfüllung dieser drei Bedingungen unterwirft sich der Mensch dem dreifachen Amt der Kirche, dem Priesteramt (Taufe), dem Lehramt (Glaubensbekenntnis) und dem Hirtenamt (Gehorsam gegen die kirchliche Autorität). Da die in diesen drei Ämtern fortlebenden Gewalten, die Weihegewalt, die Lehrgewalt und die Regierungsgewalt, die Einheit und die Sichtbarkeit der Kirche konstituieren, so ist die Unterwerfung unter jede dieser Gewalten Bedingung für die Zugehörigkeit der Kirche. Beim Empfang der Taufe wird der Seele das Siegel Jesu Christi, der Taufcharakter, eingeprägt. Dieser bewirkt die Eingliederung in den Leib Christi, indem er die Befähigung und Berechtigung zur Teilnahme am christlichen Kult verleiht. Die Taufe ist darum die eigentliche Ursache der Eingliederung in die Kirche. Das Bekenntnis des wahren Glaubens und das Festhalten an der Gemeinschaft der Kirche sind für den Erwachsenen subjektive Bedingungen für das Zustandekommen bzw. Den ungehinderten Fortbestand der durch die Taufe begründeten Kirchengliedschaft. Die außerhalb der Kirche gültig getauften Kinder sind Glieder der Kirche, bis sie sich nach Erlangung des Vernunftgebrauches freiwillig von dem Glaubensbekenntnis oder der Gemeinschaft der Kirche trennen.

Das Decretum pro Armenis Eugens IV. (1439) sagt von der Taufe: „Durch sie werden wir Glieder Christi und eingefügt in den Leib der Kirche“ (per ipsum Membran Christi ac de Corpora efficimur Ecclesiae). D 696. Das Konzil von Trient erklärte: „Die Kirche übt über niemand eine Gerichtsbarkeit aus, der nicht zuvor durch das Tor der Taufe in sie eingetreten ist“ (D 895). Vgl. D 324; 869; CIC 87.

2. Begründung

Nach der Lehre Jesu ist der Empfang der Taufe eine unerläßliche Vorbedingung für den Eintritt in das Reich Gottes (Joh. 3, 5) und für die Erlangung des ewigen Heiles (Mk. 16, 16). Petrus verlangte von allen, die die Christusbotschaft annehmen, Buße und Taufe (Apg. 2, 38). Die Taufe war denn auch von Anfang an das Tor, durch das man in die Kirche eintrat. Apg. 2, 41: „Diejenigen, die sein Wort annahmen, wurden getauft, und es wurden an jenem Tag ungefähr dreitausend Seelen hinzu gewonnen.“ Vgl. Apg. 8, 12 f. 38; 9, 18; 10, 48; 16, 15 u. 33; 18, 8; 19, 5. Nach der Lehre des Apostels Paulus werden durch die Taufe alle, Juden und Heiden, Freie und Sklaven, zu einem Leib, nämlich zum Leib Christi, verbunden. 1. Kor. 12, 13; Gal. 3, 27f. Dem Empfang der Taufe muss bei den Erwachsenen die Annahme der Glaubensbotschaft voran gehen. Mk. 16, 16: „Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden.“ Das Taufmandat Mt. 28, 19 verlangt indirekt die Unterwerfung unter das dreifache apostolische Amt.

Daß diejenigen, die sich von dem Glauben und derGemeinschaft der Kirche trennen, aufhören, Glieder der Kirche zu sein, ist die allgemeine Überzeugung der Tradition. Schon Paulus befiehlt, „einen Häretiker“ nach einer einmaligen oder zweimaligen Zurechtweisung zu meiden (Tit. 3, 10). Tertullian bemerkt: „Die Häretiker haben keinen Anteil an unserer Lehre, und die Entziehung der Gemeinschaft bezeugt jedenfalls, daß sie draußen stehen“ (De bapt. 15). Nach seiner Meinung sind sie gar keine Christen mehr, da sie die Lehren, denen sie nach eigener Wahl anhangen, nicht von Christus erhalten haben (De praescr. 37). Nach Cyprian bilden nur diejenigen, die im Hause Gottes verbleiben, die Kirche, während die Häretiker und Schismatiker außerhalb der Kirche stehen (Ep. 59, 7). Der Ketzertaufstreit drehte sich um die Frage, ob die Häretiker als außerhalb der Kirche Stehende die Taufe gültig spenden können. Augustin vergleicht den Häretiker mit einem Glied, das vom Leib abgesahnten wurde (Sermo 267, 4, 4). In der Auslegung des Symbolums sagt er: „Weder die Häretiker gehören zur katholischen Kirche noch die Schismatiker“ (De Ride et Symbol 10, 21).

3. Folgerungen

Zu den Gliedern der Kirche sind nicht zu rechnen:

a) die Ungetauften. Vgl. 1. Kor. 5, 12: „Was habe ich die draußen Stehenden (qui Doris Hunt) zu richten?“ Die sog. Bluttaufe und die Begierdetaufe ersetzen die Wassertaufe zwar hinsichtlich der Mitteilung der Gnade, bewirken aber nicht die Eingliederung in die Kirche, weil sie den sakramentalen Charakter, in dem die kirchlichen Gemeinschaftsrechte wurzeln, nicht verleihen.
Die Katechumenen sind entgegen der Ansicht des Suarez nicht zu den Gliedern der Kirche zu zählen. Wenn sie auch das Verlangen (votum) haben, der Kirche anzugehören, so sind sie doch nicht wirklich (actu) in sie aufgenommen. Die Kirche beansprucht keine Jurisdiktion über sie (D 895). Die Väter ziehen eine scharfe Trennungslinie zwischen Katechumenen und „Gläubigen“. Vgl. Tertullian, D praescr. 41; Augustinus, In Ioan. Tr. 44, 2.

b) die öffentlichen Apostaten und Häretiker. Auch diejenigen öffentlichen Häretiker, die guten Glaubens irren (materielle Häretiker), gehören nicht zum Leib der Kirche, d. h. zur kirchlichen Rechtsgemeinschaft. Dies schließt jedoch nicht aus, daß sie durch das Verlangen nach der Kirche (votum Ecclesiae) geistiger Weise der Kirche angehören und dadurch die Rechtfertigung und das Heil erlangen.

Die geheimen Apostaten und Häretiker bleiben nach der wahrscheinlicheren, von Bellarmin und den meisten neueren Theologen (Palmieri, Billot, Straub, Resch) gegen Suarez, Franzelin u. a. vertretenen Ansicht Glieder der Kirche, weil der Verlust der Kirchengliedschaft ebenso wie der Erwerb derselben wegen der Sichtbarkeit der Kirche nur durch äußere, rechtlich greifbare Tatsachen erfolgen kann.

c) die Schismatiker, auch diejenigen, die guten Glaubens die kirchliche Autorität grundsätzlich ablehnen oder sich von der Gemeinschaft der ihr unterworfenen Gläubigen trennen. Die gutgläubigen (materiellen) Schismatiker können ebenso wie die gutgläubigen Häretiker durch das Verlangen nach der Kirche (votum Ecclesiae) geistiger Weise der Kirche angehören und dadurch die Rechtfertigung und das Heil erlangen.

d) die excommunicati vitandi (CIC 2258). Die excommunicati tolerati bleiben nach heute fast allgemeiner Ansicht, die durch CIC 2266 bestätigt wird, auch nach der Verkündigung des richterlichen Urteils Glieder der Kirche, wenn sie auch vieler geistlicher Güter beraubt sind. Die von einzelnen Theologen (Suarez, Dieckmann) vertretene Ansicht, daß auch die excommunicati vitandi Glieder der Kirche bleiben, ist mit der Lehre der Enzyklika „Mystici Corporis“ nicht vereinbar; denn diese spricht ausdrücklich von solchen, die wegen sehr schwerer Vergehen von der kirchlichen Autorität vom Leib der Kirche getrennt wurden. Darunter sind im Einklang mit der fast allgemeinen Lehre der Theologen die excommunicati vitandi, aber auch nur diese zu verstehen.

Obwohl die öffentlichen Apostaten und Häretiker, die Schismatiker und die excommunicati vitandi außerhalb der rechtlichen Organisation der Kirche stehen, so ist ihr Verhältnis zur Kirche doch eine wesentlich anderes als das der Ungetauften. Da der Taufcharakter, der die Eingliederung in die Kirche bewirkt, unzerstörbar ist, kann der getaufte trotz des Aufhören der Kirchengliedschaft nicht so vollständig aus der Kirche ausscheiden, daß jede Verbindung mit der Kirche gelöst wird. Die aus dem Empfang der Taufe sich ergebenden Pflichten bleiben bestehend ich wenn der Gebrauch der damit verbundenen Rechte strafweise entzogen ist. Die Kirche beansprucht darum auch über die Getauften, die von ihr getrennt sind, Jurisdiktion. –
aus: Ludwig Ott, Grundriss der Dogmatik, 1954, S. 358 – S. 360

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