Heilige Anastasia Jungfrau und Märtyrerin

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

28. Oktober

Heilige Anastasia und heiliger Cyrillus Märtyrer

(Schande)

Diesselbe war die Tochter einer vornehmen römischen Familie, verließ aber ihr elterliches Haus und alle Ansprüche an die Welt, um in einem Kloster Gott zu dienen. Hier bekam sie von einer heiligen Lehrerin, namens Sophia, alle Unterweisung und Anleitung zu einem gottgefälligen, vollkommenen Leben. Es scheint aber, daß die Angehörigen der heiligen Anastasia noch Heiden waren, denn nachdem sie dieselbe vergebens aufgefordert hatten, wieder in die Stadt zurück zu kehren, so klagten sie Anastasia bei dem Statthalter Probus an, daß sie einen gewissen Christus als Gott anbete, die Ehe verachte, eine besondere Lebensweise führe und auch andere Mädchen dazu verleite.

Die abgeschickten Gerichtsdiener brachen mit vielem Lärm die Tür des Hauses auf, wo die christlichen Jungfrauen beisammen wohnten und fragten nach der Anastasia. Die Vorsteherin Sophia ahnte sogleich, was dieses zu bedeuten habe, und bat die Soldaten, ein wenig zu warten. Dann eilte sie mit Tränen zu Anastasia und sprach ungefähr also: „Liebste Tochter, seit du als Mädchen zu mir gekommen bist, habe ich nichts unterlassen, um dich zur Gottseligkeit anzuleiten. Jetzt bist du darin mündig geworden, gehe nun dem Herrn fröhlich entgegen. Ich verlobe dich dem Herrn; siehe, die Brautführer sind schon da. Gehe auf dem schmalen Weg des Märtyrertums zur seligen Ruhe. Denn es ist billig, liebe Tochter, nicht nur für Christus zu leiden, sondern, wenn es sein muss, hundertmal zu sterben. Denn wenn er als Herr für uns gestorben ist, warum sollen wir als Diener nicht von Herzen gern auch für ihn sterben? Aber für Christus sterben ist eigentlich kein Tod, sondern ist Fröhlichkeit, Freude, Lust, Ruhm, Schönheit und viel süßeres Leben als das irdische. Denn dort ist Alles verderbensfrei, fest und beständig, ewig und unaufhörlich. Siehe, meine Tochter, nicht auf die Grausamkeit der Marter, denn dein Heiland Christus wird selbst da sein, die Schmerzen erleichtern und dich der Not entreißen. Und wenn du auch dabei Qualen fühlst, damit dein Glaube und deine Geduld erprobt werde, so wird er am Ende doch die Schmerzen auslöschen, und dafür wird dir aufgehen Trost, Licht, Leben und Herrlichkeit.“ – Darauf antwortete die Jungfrau, daß sie mit der Gnade Gottes den Martern entgegen gehen wolle; sie bitte nur ihre geistliche Mutter recht sehr, ihr die Gnade der Standhaftigkeit vom Herrn zu erflehen.

Während Beide sich noch unterredeten, stürzten die Soldaten ins Zimmer, rissen die heilige Anastasia wie ein Lamm von der Mutter, legten ihr ein Halseisen an und führten sie zum Statthalter. Hier nun stellte sie sich im Geist vor ihren geliebten Heiland und schaute seine unbeschreibliche Herrlichkeit an. Alle Umstehenden betrachteten mit Erstaunen die Schönheit und würdevolle Haltung der Jungfrau. Probus redete sie an und sprach: „Wie ist dein Name?“ – Sie antwortete: „Anastasia (Auferstehung), denn Gott machte mich aufstehen, damit ich dich und deinen Vater zu Schanden mache.“ – Da Probus gleich im Anfang die Jungfrau so entschlossen und scharf antworten hörte, so wollte er ihr mit Schmeichelei beikommen und ihre Härte aufweichen, denn er ahnte nicht den diamantfesten Glauben dieser jungfräulichen Seele; er sprach demnach zu ihr: „Ich rate dir, o Tochter, daß du das Vorteilhafte wählest, dich zu den großen Göttern haltest und ihnen mit uns opferst. Man wird dich dann auch mit einem der vornehmsten Männer verehelichen; Gold und Silber, Kleider, Sklaven werden dir im Überfluss zu Teil, und du wirst in großem Ansehen stehen. Überlege nun und wähle das, was einer so schönen und edlen Person zuträglich ist; hingegen reize meinen Zorn nicht und lerne nicht aus Erfahrung kennen, was für Unheil die Gottlosigkeit bringt. Ich meine es gut mit dir, wie ein Vater; wenn du aber auf meinen Rat nicht hören willst, so wirst du ebenso meine Strenge inne werden, wie du jetzt noch meine Güte siehst; wenn es dich dann auch reuen wird, so wird es dir vielleicht nichts mehr helfen.“

Bei diesen Worten dachte Anastasia an die mütterlichen Ermahnungen ihrer Lehrerin Sophia und antwortete darauf: „Mir, o Richter, ist Christus Bräutigam und Reichtum und Leben. Den Tod aber für ihn leiden, das ist mir lieber als alle Freuden der Welt. Feuer aber und Schwert, Geißeln und Abreißen der Glieder und was ihr sonst an Martern ausdenken möget, all dieses ist mir eher eine Lust als eine Pein im Andenken an Christus, und ich wünsche nicht nur solches für ihn zu leiden, sondern auch, wenn es sein könnte, tausendmal zu sterben. Du brauchst dich nicht anzustellen, als habest du Bedauern mit der Schönheit meines Leibes, welche wie die Blume des Feldes verwelkt; tue nur, was in deiner Gewalt und deiner grausamen Gemütsart liegt; denn ich werde niemals hölzerne oder steinerne Götter anbeten.“ – Ergrimmt über diese Antwort schlug sie der Statthalter ins Gesicht, dann riss er ihr die Kleider herab und sprach zu ihr: „Solche Schmach und Schande gebührt dir; aber besinne dich noch, laß von deinem Unsinn, wende dich zu den gütigen Göttern und richte deine Schönheit nicht vor der Zeit elend zu Grunde. Denn wenn du nicht gehorchst, wird dich Niemand meinen Händen entreißen, sondern stückweise zerschnitten werde ich dich den wilden Tieren zum Fraß vorwerfen. Das darfst du mir sicher glauben.“

Bevor ich nun in der Erzählung fortfahre, betrachten wir vorerst den Zustand, worin die Anastasia war. Alles, was vor der Welt Schande bringt, häufte sich bei ihr auf einander. Eine sittsame Jungfrau von vornehmer Familie wird von Soldaten wie eine Verbrecherin mit einem Halseisen über die Straßen geführt in ihrer eigenen Vaterstadt, wo man sie kennt. Vor Gericht wird sie vom höchsten Beamten geradezu ins Gesicht geschlagen – und was am ärgsten und unerträglichsten zu sein scheint, sie wird der Kleider beraubt im Angesicht Aller, die bei der Gerichtssitzung gegenwärtig waren. Dies war allerdings eine ganz entsetzliche Behandlung und, wie es scheint, die größte Schmach und Schande. Überlegt man aber die Sache genauer, so verhält sich dieselbe also: Es gibt Dinge, welche vor Gott und der Welt eine Schande sind, z. B. grobe Betrunkenheit, Diebstahl; ferner gibt es Dinge, die vor Gott eine Schande sind, aber vor der Welt nicht, z. B. Üppigkeit, Hoffart, Unbotmäßigkeit; endlich aber gibt es Dinge, welche große Schande vor der Welt sind, vor Gott und wahren Christen aber die höchste Ehre; dies war der Fall bei Anastasia, indem sie gerade wegen ihres standhaften Glaubens und ihrer treuen Liebe zu Christus so schmachvoll behandelt wurde. Vor Gott ist eigentlich nur die Sünde eine Schande; wenn du dagegen der Religion wegen Spott oder Verachtung oder schmachvolle Behandlung zu tragen hast, so wird das dein Ruhm und deine Ehre im Himmel sein. Wer sich aber aus Furcht vor Schande von religiösen Übungen oder offenem Bekenntnis abhalten läßt, der wird einmal vor dem höchsten Gericht, vor Gott, zu Schanden werden.

Anastasia antwortete dem Statthalter: „Dies ist für mich keine Schmach und Schande, daß ich entkleidet bin; der Herr bekleidet mich dafür mit Gerechtigkeit und Wahrheit. Übrigens da du mir mit dem Tod drohst, so ist er mir ganz erwünscht und ich bin bereit dazu; und du tust mir eine wahre Wohltat, wenn du mir die Glieder zerreißen lässt. Denn wie ich da bin, so gehöre ich meinem Schöpfer und wünsche, daß er in allen meinen Gliedern verherrlicht werde, und sie vor seinem Richterstuhl durch das Bekenntnis verklärt erscheinen.“ Über diese Rede war der Richter mit allen Zuschauern höchst betroffen; dann aber schritt er zur Marter. Er ließ sie über der Erde an vier Pfählen waagrecht anbinden, unter dem Leib ein Feuer aus Reis, Öl, Pech und Schwefel anzünden; zugleich mussten drei Männer auf ihren Rücken mit Gerten hauen.

Während also ihr Rücken zerfleischt, das Eingeweide aber gebraten wurde, so daß das Blut von dem Feuer vertrocknete, da war Anastasia ganz in das Gebet und in Gott versunken und löschte damit die Glut der Schmerzen aus. Dessen müde, befahl nun der Wüterich sie auf das Rad zu legen. Dieses wurde durch eine Maschine in Bewegung gesetzt, so daß ihr die Gebeine davon zerbrochen und Nerven und Muskeln so auseinander gezogen wurden, daß der ganze Körper seine natürliche Gestalt verlor. Sie aber betete: „Gott der Götter, Gott der Stärke, Gott meines Heils, von dem meine Geduld kommt, auf den meine Seele vertraut, Burg meiner Tapferkeit, meine Zuflucht, gib nun auch Hilfe in der Not! Gott, der du mich gürtest mit Kraft, mein Gott,entferne dich nicht von mir!“

Nachdem Anastasia also gebetet und wieder von dem Rad herab genommen war, sah man keine Wunden mehr an ihr. Obschon aber dem verblendeten Richter ob diesem Wunder die Augen hätten aufgehen sollen, so blieb er dennoch blind und verstockt, und gleichsam besoffen vor Wut und Grausamkeit befahl er, sie wieder an das Holz zu legen und mit eisernen Haken zu zerfleischen. Während sie aber ihre Seele zu Gott wendete, wurde ihr wieder wunderbare Hilfe zu Teil; so daß sie gleichsam keine Schmerzen fühlte, nachdem die Henkersknechte selbst schon von dem Martern müde waren. Darüber kam der Statthalter ganz außer sich, er wußte nicht, was er machen sollte, sprang mehrmals von seinem Sitz auf und konnte nicht mehr in anständiger Haltung verbleiben.

In seiner Verwirrung verfiel er auf einen Ratschluss, den ihm der Teufel eingegeben zu haben scheint nämlich die Jungfrau zu behandeln, wie einst der heiligen Agatha geschehen war; er befahl, ihr die Brüste auszuschneiden. Aber die Liebe Jesu war so groß in Anastasia, daß sie diese Qual verachtete. Um alles zu versuchen, ließ ihr der Tyrann die Nägel ausreißen. Aber wie wenn sie keinen Schmerz empfände, dankte sie Gott noch lauter, daß er sie gewürdigt habe, für ihn zu leiden; zugleich nannte sie die heidnischen Götter Geister der Finsternis und des Verderbens. Dies konnte der Statthalter nimmer anhören und gab deshalb den Befehl, ihr die Zunge heraus zu ziehen und abzuschneiden, zugleich sollte man ihr auch die Zähne ausreißen. Zuvor sagte die Jungfrau Gott ihren letzten Dank und bat ihn um Hilfe, das Martyrium gut zu enden; dann streckte sie selbst die Zunge aus und ließ sie mit dem Messer abschneiden; desgleichen wurden ihr die Zähne ausgebrochen. Und der Mund, welcher vorher das Lob Gottes in Worten verkündet hatte, verkündete es jetzt durch einen Strom von Blut.

Da es schien, daß sie eine Ohnmacht anwandeln wollte, reichte ihr ein Christ Namens Cyrillus Wasser. Mit diesem Becher frischen Wassers kaufte er ein kostbares Gut, nämlich die Märtyrerkrone. Denn da der Statthalter Probus ersah, daß jener nicht sowohl aus natürlichem Mitleid der Jungfrau zu trinken gegeben habe, als vielmehr weil er ein Glaubensgenosse war, so ließ er ihn auch mit dem Tod bestrafen, und dann die Märtyrerin mit dem Schwert enthaupten; der Leichnam wurde aber aufs freie Feld hinaus geworfen.

Als die heilige Anastasia ergriffen wurde und zur Marter geführt, wurde ihre Lehrerin Sophia von großer Bangigkeit und Angst gequält, ob die zarte Jungfrau nicht sich schwach zeige und aus Schrecken vor den Qualen den Glauben verleugne. Deshalb warf sie sich zur Erde und flehte in feurigem Gebet und mit heißen Tränen inständigst zu dem Herrn, daß das Mädchen nicht von den Martern überwältigt werde. Da aber Anastasia durch den Märtyrertod die herrliche Krone gewonnen und zur himmlischen Heimat eingegangen war, wurde solches der angstvollen Lehrmeisterin geoffenbart und ihr Herz mit Trost und Freude erfüllt. Sie suchte und fand dann auch die Überreste, warf sich darüber hin, küßte alle Glieder, benetzte sie mit ihren Tränen und rief: „Süßeste Tochter, die ich in Übungen, im Stillschweigen und Arbeiten schön erzogen habe, ich sage dir Dank, daß du die mütterlichen Vorschriften nicht verachtet hast, daß du gehalten, was du versprochen. Jetzt stehst du vor deinem Bräutigam Christus, im Kleid der Jungfrauschaft, geziert mit den Zierden des Märtyrertums, gekrönt mit dem Diadem kostbarer Edelsteine. Nun wohnst du im Haus der Herrlichkeit Gottes. Darum bitte ich dich, liebste Tochter und geistliche Mutter – denn so dich zu nennen ist mir angemessener, – sei mir in diesem kurzen, hinfälligen Leben eine gute Pflegerin meines Alters und fürspreche, daß ich auf dieser Wanderschaft in ein ewiges Leben zu unserm gemeinsamen Herrn gelange.“ Hierauf beerdigte sie mit Hilfe zweier Männer die heiligen Überreste der Märtyrerin. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 4 Oktober bis Dezember, 1872, S. 158 – S. 163

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