Heiligenkalender
15. Mai
Die heilige Dympna Jungfrau und Märtyrer
„In Brabant (Belgien) wird heute gefeiert das Fest der heiligen Jungfrau und Märtyrerin Dympna, einer Tochter des Königs von Irland, welche ihr Vater wegen des Glaubens an Christus und der Bewahrung der Jungfräulichkeit enthaupten ließ.“ So meldet das römische Martyrologium am heutigen Tage. Die heilige Dympna war also eine königliche Prinzessin. Ihre Eltern waren Heiden. Sie hatte das große Glück, im Geheimen die Lehre Christi kennen zu lernen, und empfing voll Glaube und Liebe ohne Wissen der Eltern die heilige Taufe. Nun war es ihre Freude, ihr Leben ganz nach dem Glauben einzurichten; sie entsagte aller Liebe zu weltlichen Vergnügen, Ehren und Gütern und suchte allein das Wohlgefallen ihres Erlösers. Bald darauf verband sie sich durch ein Gelübde zur ewigen Keuschheit. Nach dem Tode ihrer Mutter wollte der König, ihr Vater, zur zweiten Ehe schreiten; weil er aber glaubte, es wäre keine schönere Prinzessin als Dympna, seine eigene Tochter, zu finden, so verfiel er auf den unerhörten, gottlosen Gedanken, selbe zur Ehe zu nehmen. Er hatte kein Bedenken, dieses seiner Tochter zu eröffnen.
Dympna entsetzte sich über ein so blutschänderisches Ansinnen und verwies dem Vater mit allem Ernst seine Vermessenheit. Der Vater ließ nicht nach, setzte ihr mit Schmeicheleien, Liebkosen und Versprechungen, endlich auch mit den heftigsten Drohungen zu und zwar ohne Unterlaß. Dympna erklärte ihm unerschrocken, daß sie eine Christin sei und die ewige Keuschheit gelobt habe; wenn auch das nicht wäre, so sei sie doch bereit, eher den Tod zu erleiden, als in sein Begehren einzuwilligen. Ihr Vater sagte voll Wut: „Du sollst und musst tun, was ich haben will. Es muss sein.“ Die keusche Prinzessin fürchtete, er möchte sie mit Gewalt um ihre jungfräuliche Reinigkeit bringen, wendete ihre Augen zum Himmel, rief Gott in Gedanken und im Herzen um Hilfe an und sprach zu dem Vater: „Wenn es denn sein soll und muss, so erlaube mir eine Frist von 30 Tagen.“ Damit war der Vater zufrieden und dachte nicht daran, daß seine bedrängte Tochter nur Zeit gewinnen wollte, um sich zu retten. Dympna berief sogleich den frommen Priester Gerebernus zu sich, von dem sie getauft worden war, und fragte ihn um Rat, was in ihrer bedrängten Lage zu tun sei. Der Priester antwortete, da gebe es kein anderes Mittel als die Flucht; er selbst wolle sie in ein anderes Land sicher geleiten. Diese Antwort beruhigte sie. Sie versah sich mit Geld und flüchtete sich in fremder Kleidung mit dem Priester und einem getreuen Diener in der Nacht, bestieg ein Schiff und kam unter göttlichem Geleit glücklich nach Antwerpen. Von da begab sie sich in ein nahe gelegenes Dorf, Geel mit Namen, ließ unweit davon in einem Gebüsch eine kleine Hütte für sich und eine andere für den Priester errichten, wo sie ein mehr englisches als menschliches Leben führte.
Als der Vater die Flucht seiner Tochter erfuhr, schickte er voll Zorn seine Diener in alle Gegenden, um die Entflohene aufzusuchen. Doch keiner fand von ihr eine Spur. Da setzte er sich selbst mit einigen Bedienten zu Schiff und landete aus Zulassung Gottes in Antwerpen an. Nun sendete er abermals verschiedene Diener in alle umliegenden Ortschaften, um seine Tochter zu erfragen. Zwei derselben kamen in das Wirtshaus, aus welchem Dympna sich ihre Nahrung bringen ließ. Als sie ihr Mittagessen bezahlten, betrachtete der Wirt die Münze und sprach: „Ich habe schon mehrere gleiche Münzen gesehen, weiß aber nicht, was sie eigentlich wert sind.“ Die Diener stutzten hierüber und fragten, von wem er selbe bekommen habe? Der Wirt offenbarte, was er wußte.Die Diener mutmaßten sogleich, diese Fremde müsste diejenige sein, welche sie suchten, erkundigten sich daher genau über den Ort ihres Aufenthaltes, eilten dann zu dem König und zeigten ihm alles an, was sie erfahren hatten. Der König eilte voll Freude an den ihm angezeigten Ort, wo er seine Tochter wirklich antraf. Diese erblaßte anfangs vor Schrecken beim Anblick ihres Vaters, faßte aber bald, nachdem sie ihr Herz zu Gott erhoben hatte, einen Heldenmut. Der Vater verwies ihr die heimliche Flucht und wiederholte sein Verlangen. Da aber die heilige Jungfrau beharrlich ihm widersprach, erzürnte er sich so sehr, daß er ihr als Christin und wegen ihres Ungehorsams selbst das Haupt abschlug. Der heilige Priester Gerebernus hatte Dympny zur Standhaftigkeit ermuntert und wollte den Vater zur rechten Besinnung bringen; allein der Wüterich ließ ihn dafür durch einen Diener ebenfalls enthaupten. Dies geschah im siebenten Jahrhundert. Ihre heiligen Gebeine wurden später von dem Begräbnisort im genannten Dorf feierlich erhoben, und werden zu Geel in einem kostbaren Sarg aufbewahrt. Beide gelten als Märtyrer, und ist ihr Verehrungstag der 15. Mai. Dympna wird als Schutzpatronin gegen den Wahnsinn angerufen. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 358 – S. 359