Heiligenkalender
28. Dezember
Der selige Nikolaus de Mello, Märtyrer
(Leitungen Gottes)
Ich habe einmal gelesen, daß Jemand einen Hund hatte, dem er zuweilen eine Brotscheibe vorhielt und sie zu dem Abbild (Porträt) eines berühmten Mannes ausbeißen ließ. Der Hund wußte und wollte natürlich nichts von Gesichtszügen, sondern biß eben in das Brot, so weit es ihm zugelassen wurde; hingegen der Mann wendete und drehte so geschickt die Brotscheibe, daß die Zähne des unvernünftigen Tieres gerade so eine Gestaltung hervor brachten, wie er beabsichtigte. Ganz in gleicher Weise macht es Gott mit seinen Auserwählten und bösen Menschen. Er läßt nämlich böse Menschen oft denjenigen verfolgen und peinigen, welchen er zu einem wahren Ebenbild Christi ausgestalten will; sie beißen gleichsam aus Bosheit, aber Gott hält den guten Christen in seiner Hand und läßt nur so weit ihn zerbeißen, als es für seine höhere Bestimmung zweckmäßig ist. So z. B. ließ Gott am heutigen Tag dem Herodes die unschuldigen Kinder in die Hand fallen und sie ermorden – für diese war es heilsam und ein hoher Gewinn, Erstlinge der Märtyrer zu werden; das Jesuskind, welches Herodes besonders aufsuchen ließ, wurde ihm entzogen, weil der Gottmensch nicht bestimmt war, als Kind zu sterben. Desgleichen sehen wir an dem Augustinermönche Nikolaus, daß große Bosheit und Grausamkeit an ihm ausgeübt wurden, dürfen aber überzeugt sein, daß Gott nur so viel den Gesellen des Teufels gestattete, als dem Diener Gottes zur Vervollkommnung gereichte.
In der Hauptstadt von Portugal geboren, trat der selige Nikolaus früh schon in den Augustiner-Orden, wo er sich als vortrefflicher Prediger und Beichtvater auszeichnete. Viele Jahre lang wurde er in Indien zur Bekehrung der Heiden verwandt; daselbst hatte er auch einen jungen Indianer gewonnen, der sich nicht nur würdig zur Taufe, sondern auch zur Aufnahme in den Augustiner-Orden erwies. Mit diesem wurde der selige Nikolaus im Auftrag des Ordens an den Papst gesandt. Da nun kein Schiff in jenem Jahr zu finden war, mit welchem sie nach Europa hätten kommen können, so beschlossen sie die Reise zu Land zu machen. Dies war freilich eine weite beschwerliche Reise; sie mussten das weite Land von Indien durchwandern, dann zogen sie durch Persien und kamen nach Russland. Allein hier nahm ihre Reise ein unvorhergesehenes Ende. Sie fanden in der Hauptstadt Moskau einen Arzt, der ein sehr eifriger Katholik war, und bei dem sie äußerst freundliche Aufnahme fanden; die Russen selbst, obschon sie getauft sind, leben getrennt und in Feindschaft gegen die katholische Kirche. Da nun auch andere Katholiken von den zwei Missionaren hörten, versammelten sie sich täglich im Haus des Arztes, um dort das Wort Gottes und die heilige Messe zu hören und das heilige Abendmahl zu empfangen; auch ließ der Arzt sein neugeborenes Töchterlein von dem seligen Nikolaus taufen. Einige englische Protestanten zeigten die Sache bei dem Landesherrscher an; dieser hatte nämlich einen grimmigen Hass gegen die katholische Religion, während er ein Gönner aller Ketzer war. Er ließ daher unverzüglich den seligen Nikolaus mit seinem Begleiter verhaften, in Ketten legen und in ein Kloster einsperren.
In diesem Kloster waren Mönche, die zu der russischen Kirchentrennung gehörten und in ihrer Rohheit und Unverstand meinten, das gehöre zum rechten Glauben, daß man die Katholiken hasse und verfolge. Den beiden Missionaren wurde hier keine andere Speise gegeben als halb gekochte Rüben und der Abfall des Brotes, das die Diener übrig ließen. An den Festtagen machte der Superior seinen Mönchen dadurch ein angenehmes Schauspiel, daß er die beiden katholischen Priester gefesselt vorführen und verspotten ließ. Sodann wurde ihnen aus einem ketzerischen Buch, das voll Schmähungen gegen die katholische Religion war, vorgelesen; und weil sie sich dadurch in ihrem Glauben nicht irre machen ließen, wurden sie dann gestoßen, geschlagen und wieder in ihren Kerker geworfen.
So ging es sechs Jahre lang fort, da starb der grausame Landesfürst. Sein Nachfolger, Demetrius Orich, war katholisch gesinnt, und als ihm durch Karmeliter-Mönche, die nach Persien reisten, die Anzeige von der Gefangenschaft und Misshandlung der beiden Missionare gemacht wurde, gab er sogleich den Befehl, sie in Freiheit zu setzen; allein die Erlösung war von kurzer Dauer; während die Freigelassenen zu Demetrius reisten, um ihm Dank abzustatten und dann ihre Reise nach Rom anzutreten, starb der gute Fürst, und als sie in Moskau ankamen, hatte schon sein Nachfolger, Basilikus, die Herrschaft. Der haßte grimmig Alles, was katholisch war; er ließ die Missionare sogleich ergreifen und machte ihnen Anerbietungen, wenn sie den ruthenischen Glauben annehmen wollten. Der selige Nikolaus antwortete, er sei entschlossen, das Leben für seinen allein wahren Glauben aufzuopfern. Darauf wurde er grausam geprügelt und mit seinem Begleiter in einen stinkenden Kerker gebracht. Hier mussten sie wieder mehrere Jahre lang schmachten und Hunger und Durst, Kälte und Blöße erdulden; von Zeit zu Zeit wurden sie heraus geführt und mit Versprechungen gelockt und mit Drohungen ihnen zugesetzt, daß sie dem römisch-katholischen Glauben widersagen sollten. Da sie nun stets standhaft blieben, so folgten darauf Verhöhnung, Stöße und Schläge.
Endlich ging dem Tyrannen die Geduld aus. Er ließ beide Missionare mitten im Winter ganz nackt auf einen öffentlichen Platz führen und begehrte noch einmal, daß sie von der römisch-katholischen Kirche abfallen; wenn sie es nicht täten, so lasse er sie lebendig verbrennen. Der Scheiterhaufen war schon zugerichtet. Da nun beide sich unerschütterlich zeigten, so dachten die Russen, Nikolaus sei Schuld, daß der bekehrte Indianer so standhaft sich weigere abzufallen; sie führten ihn deshalb auf einen andern Platz, wo sie ihm neue Drohungen machten und ihm mit der Lüge zusetzten, daß sein Begleiter und Lehrer Nikolaus jetzt auch zur Erkenntnis gekommen und zur russischen Kirche übergetreten sei. Da er sich nicht betören ließ, wurde er wieder zu Nikolaus zurück geführt und wurde vor dessen Augen mit dem Schwert hingerichtet, weil man hoffte, jenen dadurch zu schrecken.
Da aber der selige Nikolaus standhaft blieb, so übte man die Unmenschlichkeit aus, daß man ihn fortwährend in der großen Kälte nackt stehen ließ, bis einige katholische Kaufleute durch ihr Bitten es von dem Fürsten erreichten, daß er wieder ins Gefängnis zurück geführt wurde. Hier lag er nun gleichsam halb tot wieder ein ganzes Jahr lang, nach dessen Ablauf der Tyrann Basilikus starb. Nun versuchte es Marina, die katholisch gesinnte Witwe eines früheren Fürsten, dem seligen Nikolaus die Freiheit zu verschaffen. Der neue Regent bewilligte es. Der frei gelassene Missionar wurde nun mit großer Freude von Marina in ihren Palast aufgenommen, wo er dann wieder die heilige Messe las und den Katholiken die heiligen Sakramente spendete.
Allein dieser Sonnenschein nach dem schweren Unwetter, das den seligen Nikolaus so lange Jahre bedrängt hatte, dauerte nur kurze Zeit. Es brachen schwere Kriegszeiten aus; darum reiste die Fürstin nach Astrachan, in der Meinung, dort an der äußersten Grenze von Russland größere Sicherheit zu finden. Sie hatte auch den seligen Nikolaus mit sich genommen und ihre alte Hofmeisterin aus Polen, die auch eine sehr fromme Katholikin war. Allein sie kamen, wie man zu sagen pflegt, vom Regen in die Traufe. Das königliche Schloss, wo sie Wohnung genommen hatten, wurde von dem Feind erstürmt, die Fürstin Marina und die Soldaten, welche es verteidigten, kamen um das Leben; Nikolaus aber und die Hofmeisterin wurden gefangen. Es wurde nun beiden die Wahl gestellt: entweder der römisch-katholischen Kirche abzusagen und den ruthenischen Glauben anzunehmen, oder auf dem Scheiterhaufen zu sterben.
Auf diese Weise bekam Nikolaus die Gelegenheit, mehrfach Märtyrer zu werden, da er auf`s Neue wieder wählen musste zwischen Abfall und Tod. Aber nicht minder standhaft, als er, erklärte sich die polnische Frau (Barbara Mosqui ist ihr Name), daß sie für ihren Glauben zu sterben bereit sei. Das Volk lieg haufenweise zusammen, als die Beiden zum Tod geführt wurden. Die Frau Barbara ging mit würdigem Anstand und Fassung einher, was bei manchen Zuschauern Mitleiden, bei allen aber Verwunderung erweckte. Auf sie folgte der selige Nikolaus; er hatte zwischen den zusammen gebundenen Händen ein Kruzifix, und weil er 66 Jahre alt war und in der jahrelangen Haft entsetzlich viel Marter schon ausgestanden hatte, ja zudem noch mit schweren Ketten beladen war, schritt er nur schwach und gebeugt einher. Als sie zum Richtplatz kamen, waren die zwei großen, für sie bestimmten Scheiterhaufen schon angezündet. Die von Gott begeisterten Märtyrer haben sich aber bei dem Anblick der Flammen nicht entsetzt, sondern das neue Anerbieten von Gunst und Ehre, wenn sie abfallen, mit Verachtung von sich gewiesen. Deshalb wurden sie dann lebendig in die Flammen geworfen, ihr Leib verbrannt und ihre Seele befreit. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 4 Oktober bis Dezember, 1872, S. 511 – S. 515