Unterricht für das Weihnachtsfest: Die dritte heilige Messe
„O Jesu mein
Hold Kindelein!
Wir fallen Dir zu Füßen;
Wir dich verehr`n
Als Gott den Herrn
Und tausendmal Dich grüßen.“ (Altes Lied)
Die dritte heilige Messe endlich wird am hellen Tag gefeiert, zum Andenken an die geistige Geburt Jesu in der dazu vorbereiteten Menschenseele. Deshalb singt die heilige Kirche im Eingang: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, der das Zeichen seiner Herrschaft auf der Schulter trägt, und sein Name wird sein Engel des großen Rates.“ (IS. 9, 6)
Gebet der Kirche.
Verleihe uns, allmächtiger Gott! Daß uns, die wir, von alter Knechtschaft gebunden, das schmähliche Joch der Sünde tragen, die erneuerte Feier der Geburt deines Eingebornen von diesem Joch frei mache, – durch denselben Jesu Christum, unsern Herr. Amen.
Lesung aus dem Brief des hl. Apostels Paulus an die Hebräer. Kap. 1, Vers 1-12.
Mannigfaltig und auf vielerlei Weise hat einst Gott zu den Vätern durch die Propheten geredet; am letzten hat Er in diesen Tagen zu uns durch den Sohn geredet, welchen Er zum Erben über alles gesetzt, durch den Er auch die Welt gemacht hat; welcher durch das Wort seiner Kraft alles trägt, da Er der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens ist und zur Rechten der Majestät in der Höhe sitzt, nachdem Er (uns) von den Sünden gereinigt hat; der um so viel besser als die Engel geworden, je vorzüglicher der Name ist, den Er vor ihnen ererbt hat; denn zu welchem der Engel sprach (Gott) je: Du bist mein Sohn, heute habe ich Dich gezeugt? Und wiederum: Ich werde Ihm Vater, und Er wird Mir Sohn sein. Und wenn Er den Erstgeborenen abermals in die Welt einführt, spricht Er: Es sollen Ihn anbeten alle Engel Gottes. Und in Hinsicht auf die Engel sagt Er zwar: Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen; aber zum Sohn spricht Er: Dein Thron, o Gott! Steht immer und ewig, ein Zepter der Gerechtigkeit ist der Zepter deines Reiches; Du liebst die Gerechtigkeit und hassest das Unrecht, darum hat Dich, o Gott! Dein Gott mit dem Öl der Freude gesalbt, mehr als deine Genossen. Ferner: Du hast im Anfang, o Herr! Die Erde gegründet, und die Werke deiner Hände sind die Himmel. Sie werden vergehen, Du aber wirst bleiben, und alle werden wie ein Kleid veralten, und wie ein Gewand wirst Du sie verändern, und sie werden sich verändern; Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören!
Was lehrt uns der heilige Apostel Paulus in diesen ersten Worten seines Briefes an die Hebräer?
Er zeigt uns:
1) Die große Liebe Gottes des Vaters, der sich uns zu erkennen gegeben durch die Patriarchen und die Propheten, ja sogar durch seinen eingebornen Sohn;
2) die wesensgleiche Gottheit des mensch gewordenen Sohnes mit dem Vater.
Übung.
O danke täglich dem lieben Gott für alle seine Offenbarungen; denn wie blind ist der Mensch ohne göttliches Licht! Bete an in Jesus Christus die ewige Weisheit Gottes. Höre die dritte heilige Messe im Geist der Dankbarkeit gegen den heiligen Geist, der die Menschwerdung Jesu in Maria bewirkt hat; opfere das göttliche Kind auf zur Sühnung für alle Sünden wider den heiligen Geist und bete:
Himmlischer Vater! Ich danke Dir von ganzem Herzen, daß Du Dich gewürdigt hast, durch deinen eingebornen Sohn, an welchem Du dein Wohlgefallen hast, zu uns zu reden. Ihn will ich deswegen, o Vater der Barmherzigkeit! Mit dankbarem Herzen anhören und seine Lehre in allem befolgen Amen.
Evangelium nach dem hl. Johannes. Kap. 1, Vers 1-14.
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht worden ist. In Ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtete in der Finsternis, aber die Finsternis hat Es nicht begriffen…
Was versteht der heilige Johannes unter dem Ausdruck: „Das Wort“?
Den Sohn Gottes, welcher deswegen das Wort des Vaters genannt wird, weil Er von demselben, gleichsam wie ein Wort von dem Mund, aber auf eine unendlich erhabene und uns unbegreifliche Weise erzeugt wurde. Er ist daher auch Eines mit dem Vater in der göttlichen Natur, von Ihm aber unterschieden in der Person. Nebstdem wird der Sohn Gottes das Wort des Vaters genannt, weil der Vater durch Ihn zu uns geredet und uns seinen heiligen Willen erklärt hat. (Matt. 17, 5; Hebr. 1, 2)
Was heißt: “Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott“?
Daß der Sohn Gottes, als alle Dinge ihren Anfang nahmen, schon gewesen, folglich vor aller Zeit – von Ewigkeit her – von Gott dem Vater gezeugt worden und demnach die ganze Ewigkeit hindurch bei Ihm gewesen sei. Der hl. Johannes lehrt also hier die Ewigkeit und Persönlichkeit des göttlichen Wortes und daher die Gleichheit Jesu Christi mit dem Vater, d. h. seine Gottheit.
Was heißt: „Durch das Wort sind alle Dinge gemacht“?
Daß der Sohn Gottes als wahrer Gott, und nicht etwa nur als Werkzeug, mit dem Vater und dem heiligen Geist alles erschaffen habe, was erschaffen ist.
Was heißt: „In Ihm war das Leben“?
Dies heißt: Er, der Lebendige, der das Leben in sich selbst hat, war der Ursprung alles Lebens (Apg. 17, 28), des natürlichen durch die Schöpfung und Erhaltung, des übernatürlichen, geistigen und ewigen, durch die Erlösung und Rechtfertigung.
Warum wird dieses Leben „das Licht der Menschen“ genannt?
Weil das ewige Wort, welches allem Lebendigen das Leben gibt, auch die ewige Wahrheit ist, die den Menschen einzig wahrhaft erleuchtet, indem sie Gott und seinen heiligen Willen erkennen und lieben, seine Gebote beobachten und sicher vor den Irrwegen und der Unwissenheit der Sünde den Weg zum ewigen Leben wandeln lehrt.
Was heißt: „Das Licht leuchtete in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht begriffen“?
Es heißt: Christus habe die Menschen, welche durch die Sünde in die Finsternis des Geistes, d. h. in Irrtum und Unwissenheit gefallen waren, die wahre Erkenntnis Gottes und des Guten gelehrt; die Menschen aber hätten seine Lehre nicht angenommen und seien deshalb in der Finsternis, d. h. in Irrtum und Unwissenheit geblieben (insbesondere die Juden). – Dies findet immer noch statt, besonders bei verstockten Sündern und Ungläubigen, welche sich nicht zu Gott wenden, obschon Er ihnen das Licht seiner Gnade immer wieder scheinen läßt, um sie zur Buße zu bewegen. Wehe ihnen, wenn sie das einzig wahre Licht verwerfen!
Wie hat Johannes der Täufer von dem „Licht Zeugnis gegeben“?
Indem er Jesum Christum, das Licht, durch welches alle Menschen erleuchtet werden, angekündigt und auf Ihn als auf den erwarteten Messias hingewiesen hat.
Wie erleuchtet Christus „alle Menschen, die in diese Welt kommen“?
Innerlich erleuchtet Er jeden Menschen durch das Licht der Vernunft, des Gewissens und durch den Glauben oder die Gnade, das Gute zu erkennen und zu vollbringen, die Er jedem in solchem Maße gibt, daß er, wenn er mitwirken will, das ewige Leben gewinnen kann; äußerlich aber durch die gesamte Offenbarung, insbesondere durch seine Lehre, sein Leben, seine Wunder, seine Kirche und auch durch die ganze Schöpfung.
Was heißt: „Er kam in sein Eigentum“ us.w.?
Die ganze Erde ist Gottes Eigentum; vor allem aber ist dies der Mensch, sein Ebenbild, und vor allen Menschen gehörten die Juden Gott an, weil Er sie ausgesondert, zu einem auserwählten Volk gemacht, ihnen die heiligen Offenbarungen, Gesetze, Verheißungen usw. anvertraut hatte. Weil Er ihnen aber einerseits zu arm und niedrig war, andererseits ihnen oft ihre bösen Werke vorhielt, so nahmen sie Ihn nicht auf, d. h. sie wollten Ihn als den verheißenen Messias, Gottes Sohn und Heiland der Welt nicht anerkennen und nahmen daher auch seine Lehre nicht an.
Was heißt: „Allen aber, die Ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“?
Daß alle, welche an Ihn, als den verheißenen Erlöser geglaubt, seine Lehre angenommen und befolgt haben, durch die Kraft seiner neu schaffenden Gnade wieder geboren, d. h. von der Sünde befreit, erleuchtet, zu allem Guten gekräftigt und so Gottes Kinder werden.
Wie ist das zu verstehen: „Das Wort ist Fleisch geworden“?
Dies ist nicht so zu verstehen, als wenn das Wort, d. h. der Sohn Gottes, in die menschliche Natur verändert worden wäre, sondern es will sagen, daß Er aus Maria, der Jungfrau, Fleisch angenommen habe und Mensch geworden sei. Christus vereinigt also in sich als in einer Person zwei Naturen, die göttliche und die menschliche, ist also wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich. Als solcher wandelte Er dreiunddreißig Jahre unter den Menschen, einerseits alle Bitterkeiten und Entbehrungen duldend, andererseits seine göttliche Glorie durch seine Wunder und Zeichen, besonders durchs eine Auferstehung und Himmelfahrt offenbarend, damit alle klar erkennen möchten, daß Er der wahre Sohn Gottes, zu Heil der Menschen gesandt und die Quelle aller Gnaden sei, aus welcher alle Heiligen geschöpft und und empfangen haben. (Joh. 1, 16)
Übung.
So oft du in diesem heiligen Evangelium oder im englischen Gruß die Worte: „Und das Wort ist Fleisch geworden“ betest, so beuge ehrerbietig dein Knie und verbinde damit einen innerlichen Akt der Anbetung des Fleisch gewordenen Wortes.
Gebet.
O Gott, himmlischer Vater! Der Du uns armen, verlorenen Menschen in dieser Nacht deinen eingebornen Sohn, unsern Mittler und Seligmacher, hast geboren werden lassen, wir danken Dir aus allen Kräften, mit Herz und Mund, für diese unaussprechliche Gnade und bitten demütigst, Du wollest das Andenken an dieselbe in uns immer lebendig bewahren, da durch uns Trost in den Anfechtungen und Kraft verleihen, Dir in aller Heiligkeit bis an unser Ende zu dienen, Dich zu loben und zu preisen. Amen.
Gebet zu Maria.
„O Mutter mild, von Lieb` erfüllt,
Nun zeig` dein Kind uns allen!
Erwirb uns Gnad, gib Hilf` und Rat,
Daß wir Ihm wohl gefallen!“ –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 65 – S. 69