Das neue Jahr beginnt mit einem Fest Jesu

Das Kirchenjahr Weihnachtskreis, Osterkreis, Pfingstkreis: In dem Bild sieht man die allerheiligste Dreifaltigkeit, Gott Vater, Gott Sohn Jesus Christus, Gott Heiliger Geist als Taube

Das Fest Jesu erinnert uns an die erste Vergießung seines Blutes

Das neue Jahr beginnt mit einem Fest Jesu, und das Fest erinnert uns an die erste Vergießung seines Blutes. Dies ist eine Art Vorbild für das ganze Christenleben. Christus lebt in uns, und wir leben sein Leben wieder durch. Das Leben der Erlösten ist so mit der Gnade und der Handlung des Erlösers verflochten, daß wir es uns nicht von Ihm geschieden denken können. Er ist mit Allem verknüpft, was wir tun, mit Allem, was wir sind, mit Allem, was wir leiden. Wir haben nicht eine Freude oder ein Leid, die nicht eben so sehr die Seinigen sind, wie die unsrigen. Sie sind die Seinigen, weil sie die unsrigen sind. Er ist das Ziel, die Kraft und die Bedeutung alles heiligen Lebens. Er macht alle Dinge sein eigen, selbst die, welche am wenigsten zu seinen Interessen zu gehören scheinen. Seine Gerichtsbarkeit ist zugleich allgemein und in’s Einzelne gehend. Es ist ein Teil seiner Liebe, daß unsere kleinen Interessen für Ihn große Interessen sind. Das alte Jahr endigt mit seiner Geburt, wie um alle Traurigkeit aus dem verflossenen Zeitabschnitte hinweg zu nehmen durch eine so süße Mahnung an die Ewigkeit.

Das neue Jahr beginnt mit Seinem Schmerz

Das neue Jahr beginnt mit Seinem Schmerze, wie um allen Leichtsinn der Freude zu ernüchtern, und allen Ungestüm des Handelns zu mäßigen. Es ist die eigentliche Beschreibung unseres Lebens, daß Jesus überall ist und in allen Dingen. Wie wir älter werden, so wird unser Leben mächtiger und ausschließlicher von Seinen Reizen verschlungen. Wie Er Gottes Hauptgedanke war von aller Ewigkeit, so sollte der Gedanke an Ihn alle andern Gedanken in uns beherrschen. Wir leben nur, um Ihn anzubeten; wir wurden nur vorherbestimmt, weil Er zuerst vorherbestimmt war. Er war der Erstgeborne der Geschöpfe; wir wurden nach Seinem Bilde geschaffen und um Seinetwillen. Wir haben, ein Jeder von uns, ein besonderes Werk für Ihn zu tun, ein besonderes Amt an seinem Hofe zu begleiten, einen eigentümlichen Beruf, aus welchem Er eine besondere Verherrlichung schöpfen soll. Dies ist die Bedeutung, die wir haben. Wir sind nichts ohne Ihn, aber Ihm sind wir sowohl teuer als wichtig. Er macht viel aus uns, und es ist unsere Weisheit, wie es unsere Glückseligkeit ist, wenn wir machen, daß Er für uns Alles in Allem ist.

Es ist nicht nur wahr, daß Jesus unser Leben ist, es ist auch wahr, daß sein Leben unser Leben ist, und dies ist wahr in zahllosen Weisen, von der hehren Wirklichkeit des heiligen Sakraments bis herab zu dem Einfluß, den jedes der Geheimnisse Unseres Herrn auf unsere Gebete und auf unseren Charakter übt. In der ganzen Schöpfung Gottes, außer der Welt der Engel, gibt es nichts so wundersames als ein Menschenleben. Es hat Millionen solcher Leben gegeben, jedes von ihnen wunder bar auf seine eigene individuelle Weise. Es wird noch unzählige Millionen dieser verschiedenen Schöpfungen geben, aber Ein Leben ist das wahre Leben aller dieser Leben; ein Leben, wunderbarer als das Leben eines Engels sein kann. Es ist das Leben Unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, des Gottmenschen. Er lebte dreiunddreißig Jahre auf Erden. Sein Leben war eine einzige ununterbrochene Kette von Geheimnissen. Seine unendlichen Verdienste und seine unendlichen Genugtuungen sind die Schätze, welche die Armut der Welt bereichert haben. Dieses sein Menschenleben bot die Mittel dar zu unserer Versöhnung, während es auch in seinen Beispielen das Muster für alle menschliche Heiligkeit lieferte. Unser Leben soll nach dem Seinigen geformt werden. Die Liebe Jesu und die Gleichförmigkeit mit Jesus, — diese beiden Dinge machen die ganze Heiligkeit aus…

Die Kirche lehrt uns in ihrem Kirchenjahr

Aber wir dürfen jetzt, so sehr wir dazu versucht sind, nicht bei den süßen Wahrheiten und unaussprechlichen Tröstungen verweilen, die wir aus diesen Tatsachen schöpfen. Es genügt, wenn wir im Gedächtnis behalten, daß alle Heiligkeit darin besteht, wenn wir die Jahre Jesu in unsern eigenen Jahren durchleben, wenn wir in seinem Leben zugleich unser Vorbild und die verborgene Macht finden, die uns in den Stand setzt, uns jenem Vorbilde gleichförmig zu machen. Die Kirche lehrt uns dies in ihrem kirchlichen Jahr. Nicht nur hat sie besondere Feste zur Erinnerung an die besondern Geheimnisse Unsers Herrn, sondern sie legt es darauf an, daß wir seine dreiunddreißig Jahre in jedem unserer einzelnen Jahre wieder durchleben sollen. Wir durchgehen die schönen zwölf Jahre seiner Kindheit in den Wochen von Weihnachten bis zur Fasten. Die Fasten hält uns bei ihm zurück in der Wüste, und reinigt uns für die genaue Anschauung seines Leidens, welches die Karwoche uns so überwältigend vor Augen stellt. Die Osterzeit ist sein auferstandenes Leben, und das Fest seiner Himmelfahrt ist unvollständig ohne das Fest des heiligsten Sakraments, welches die Triumphfeier des Fronleichnams ist. Von da an bis zu dem Advent nähren wir uns Monate lang von den Reden, den Gleichnissen und den Begebenheiten seines dreijährigen Predigtamtes. Indessen liegt unter diesem jährlichen Leben Jesu auch ein jährliches Leben Mariens, das ebenfalls ein Leben Jesu ist. Ihre unbefleckte Empfängnis vermischt sich fast mit ihrer mütterlichen Erwartung. Wir feiern ihre Reinigung nur eine kleine Weile, bevor wir die Versuchung Unsers Herrn in der Wüste feiern. Die Erinnerungsfeier an ihre Schmerzen liegt dicht neben der Erinnerung an sein heiliges Leiden. Die Aufnahme Mariens in den Himmel ist für die Muttergottesfeste, was die Himmelfahrt für die Feste Jesu ist. In dieser ganzen Anordnung bemerken wir das eine, beständige und bleibende Gefühl der Kirche, daß das Leben Jesu unser Leben ist, das Beispiel unseres Lebens und auch die übernatürliche Kraft desselben. Alles ist in der einfachen, aber unerschöpflichen Wahrheit enthalten, daß Christen Christusse sind. –
aus: Frederick William Faber, Opferwillige Hingebung für den Papst, 1860, S.5 – S. 7

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