Heiligenkalender
23. April
Der heilige Adalbert Bischof und Märtyrer
Im Jahre 956 wurde dem frommen Grafen Slawnik in Böhmen ein Söhnlein geboren und auf den Namen Woytiech (Trost des Heeres) getauft. Dieser wunderliebliche und schöne Knabe, der jüngste unter mehreren Brüdern, war der besondere Liebling im Hause und wurde etwas mehr verhätschelt, als die christliche Kinderzucht es gestattet. Doch Gott erbarmte sich der Eltern und des Kindes und sorgte für eine bessere Erziehung. Woytiech wurde gefährlich krank. Die Eltern, unbeschreiblich bestürzt, nahmen ihre Zuflucht voll Vertrauen zu Gott und Maria, dem Heil der Kranken; sie trugen den Knaben in die Kirche, legten ihn dort auf den Mutter-Gottes-Altar und machten das Gelübde, ihn für den Dienst des Herrn zu erziehen, wenn ihm Gott das Leben schenke. Sogleich war der Knabe gesund, und die Eltern treu ihr Gelübde, indem sie die früheren Fehler wachsam verbesserten. Um ihn für den geistlichen Stand tüchtig zu bilden, übergaben sie ihn dem berühmten Erzbischof Adalbert in Magdeburg, wo damals eine ausgezeichnete Schule blühte. Diese Schule leitete der fromme und gelehrte Benediktiner-Mönch Aderich, der mit besonderem Geschick die Studierenden zu begeistern wußte, einander nicht bloß durch Fortschritt in den Wissenschaften, sondern auch durch Sittenreinheit und Frömmigkeit zu übertreffen. Der junge Woytiech, dem der Erzbischof aus besonderer Zuneigung bei der Firmung als Pate seinen eigenen Namen Adalbert gegeben hatte, zeichnete sich besonders aus durch Fleiß im Studium und Eifer im Gebet. Seine Erholung suchte und fand er in der Kirche, in den Spitälern und bei den Kranken.
Der schauderhafte Tod eines Bischofs
Nach neun Jahren kehrte Adalbert reich an Kenntnissen und noch reicher an Tugenden in die Heimat zurück und empfing die heilige Priesterweihe vom Bischof Dittmar in Prag, der bald nachher starb. Dieser Bischof hatte ein sehr laues Leben geführt und wurde auf dem Totenbett von den Qualen des Gewissens so geängstigt, daß er zum bleibenden Schrecken aller Anwesenden laut jammerte:
„Wehe mir! Wie ganz anders habe ich gelebt, als ich jetzt gelebt zu haben wünsche! Wehe mir, ich habe meine Tage mit Sündigen verloren, und jetzt habe ich keine Zeit mehr, Buße zu tun! Was helfen mir jetzt meine vergänglichen Schätze? O verwesliches Fleisch, du Speise der Würmer, wo ist jetzt deine Herrlichkeit und der Reiz deiner Eitelkeit? Du hast mich getäuscht – getäuscht, du trügerische Welt; du hast mir ein hohes Alter versprochen und siehe, jetzt schon endet der unerwartete Tod mein Leben! Meine eigenen Sünden, wenn sie auch unbedeutend wären, werden zum Ungeheuer durch die Flüche des Volkes, zu dessen Sünden ich schwieg: Wehe mir, daß ich schwieg! Das ist es, was mich jetzt schmerzt und ewig quälen wird in der Hölle, wo der Wurm nie stirbt, und das Feuer nie erlischt!“
Furchtbar war der Eindruck dieser Worte des sterbenden Bischofs auf das fromme Gemüt des jungen Adalbert. Voll Reue über seine Jugendsünden legte er eine Generalbeichte ab, zog ein Bußkleid an, gab reiches Almosen und faßte den festen Entschluss: sein ganzes Leben nur der Ehre Gottes und der Rettung von Menschenseelen zu widmen.
Seine Wahl zum Bischof
Bei der Wahl eines neuen Bischofs fielen alle Stimmen auf Adalbert; sein Bitten und Sträuben half nichts; er musste sich unterwerfen. Von da an sah man ihn nie mehr lachen. Als er in einer großen Gesellschaft gefragt wurde, warum er denn in beständiger Trauer sich abhärme, erwiderte er: „Meine Herren, sehr leicht ist es, als Bischof Inful und Stab zu tragen; aber es ist schrecklich, einst vor dem Richter der Lebendigen und der Toten Rechenschaft von einem Bistum ablegen zu müssen.“
Seinen Einzug in Prag hielt er voll Demut mit bloßen Füßen: und da alles Volk mit Freuden ihm huldigte, flehte er auf den Knien, für ihn um die göttliche Gnade zu bitten, daß er seine Pflichten als treuer Hirte erfüllen möge. Das Bistum befand sich in einem erbärmlichen Zustand; der größere Teil der Bewohner war noch heidnisch und diejenigen, die sich Christen nannten, lebten ärger als die Heiden.
Adalbert bot alle seine Kräfte auf, diesen Übelständen abzuhelfen: er verschönerte den Gottesdienst, überwachte die Priester mit größter Sorgfalt, predigte fast täglich, unterstützte die armen und leuchtete selbst in allen Tugenden mit dem schönsten Beispiel voran. Seinen Haushalt beschränkte er auf das Notdürftigste, fastete streng, schlief auf bloßem Boden, war in Arbeit und Gebet rastlos und entließ nie einen Bedrängten ohne Hilfe.
Doch alle seine Mühe blieb ohne Frucht, das Volk blieb unverbesserlich, von allen Seiten wurde er verspottet, gehaßt, gelästert. Bekümmerten Herzens klagte er dem Papst Johannes XV. seine Lage und erhielt die Erlaubnis, sein Bistum einstweilen verlassen zu dürfen.
Seine Misserfolge
Dankend für diese Gnade begab er sich in das Kloster des hl. Bonifatius zu Rom und empfing das Ordenskleid des hl. Benedikt. Voll Demut betrachtete er sich als den niedrigsten der Mönche und tat mit Vorliebe die gemeinsten Dienste, so daß Niemand in ihm den großen Bischof ahnte.
Unterdessen hatten die besser Gesinnten in Prag den Papst mit Bitten gedrängt, daß er den Bischof zurückschicken wolle. Auf Befehl des Papstes kehrte Adalbert zu seiner Herde zurück, die ihn mit lebhafter Freude aufnahm und ihm willigen Gehorsam gelobte. Sobald er aber mit dem früheren Ernst und Eifer auf Zucht, Ordnung und christliches Leben drang, stellten sie ihm auch wieder den früheren Trotz entgegen.
Deshalb verließ er Böhmen zum zweiten Male. Auf seiner Rückreise in sein Kloster zu Rom nahm er den Weg über Ungarn und predigte den dortigen Heiden das Evangelium mit großem Erfolg. Unter den vielen Bekehrten war auch der König Stephan.
In Rom wurde er von seinen Mitbrüdern mit freudiger Herzlichkeit empfangen und zum Prior ernannt; doch nach wenigen Monaten schon befahl ihm der Papst auf das Drängen des Erzbischofs von Mainz, wieder nach Prag zu gehen. Adalbert riß sich los aus den Umarmungen seiner trauernden Brüder und wanderte über die Alpen – trübe Ahnungen begleiteten ihn. Auf dem Wege nach Prag traf ihn die schmerzliche Nachricht, daß eine starke Partei sich wegen seiner Ankunft empört, vier seiner Brüder mit deren Familie grausam ermordet, ihre Güter geraubt und ihre Schlösser verbrannt hätten. Deshalb ging er nicht nach Prag, sondern zu seinem Freund Boleslau, Herzog von Polen, und fragte durch eine Gesandtschaft die Böhmen, ob sie ihn als ihren Bischof aufnehmen und ihm gehorchen wollten. Sie antworteten höhnisch: „Wir sind verstockte Sünder, du bist ein großer Heiliger; folglich taugen wir so wenig zusammen wie Wasser und Feuer: Wir kennen deine Tücke, du wünschest nicht unsere Seelen zu retten, sondern den Tod der Deinen zu rächen; zu solcher Ankunft aber darfst du keinen freundlichen Empfang gewärtigen.“
Sein Märtyrertod
Nun war das Band durchschnitten, welches ihn an seine Heimat und an sein Bistum geknüpft, und er übernahm die schwere Aufgabe, den Preußen, einem an der Ostsee wohnenden Volk von wildem Gemüt und rohen Sitten, das mit den Polen beständig im Krieg lag, den Segen des christlichen Glaubens und friedlicher Gesinnung zu bringen; aber die Preußen wollten von einem neuen Gott nichts wissen. Doch gelang es ihm, in Danzig die Mehrzahl der Bürger für Christus zu gewinnen. Allein der Haß und die Verleumdungen der Götzenpriester verfolgten ihn auf seiner weiteren Mission von Ort zu Ort. Der Heilige wurde in der Gegend, wo jetzt Fischhausen liegt, überfallen und mit sechs Lanzenstichen ermordet, am 23. April 997. Der Herzog von Polen zahlte den Preußen für die heilige Leiche so viele Pfund Gold, als sie schwer war, setzte sie im Dom zu Gnesen bei, und Gott verherrlichte Adalbert durch zahlreiche Wunder.
Im Jahre 1039 eroberten die Böhmen die Stadt Gnesen und führten die Reliquien ihres früher verstoßenen Bischofs im Triumph nach Prag. Der Herzog und der neue Bischof benützten die Festfreude, legten in des hl. Adalberts Namen dem Volk Verordnungen zur Abstellung der Mißbräuche vor, gegen welche derselbe vergeblich gekämpft hatte, und ließen sie als Landesgesetze beschwören: so erreichte der Heilige nach seinem Tode, im Sarg ruhend, was er im Leben mit der größten Anstrengung nicht vermocht hatte. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 313 – S. 315