Die Päpste der Katakomben
Heiliger Soter (regierte von 166-174) *
Auf Papst Anicet folgt der heilige Papst Soter. Seine Vaterstadt war Fundi in Campanien. Er zeichnete sich durch große Wohltätigkeit aus, wozu er auch reichlich Gelegenheit fand. Unter der Regierung des Kaisers Markus Aurelius ward nämlich eine große Anzahl griechischer Christen zu äußerst schweren Arbeiten in den Bergwerken verurteilt worden. Die Lage dieser Unglücklichen war eine höchst erbarmungswürdige. Um ihnen die Flucht unmöglich zu machen, wurde ihnen ein Knie gelähmt und ein Auge ausgestochen. So mussten die bemitleidenswerten Christen unter schwerster Anstrengung und schlechter Nahrung ein armseliges Leben hinbringen, das härter war als der Tod. Da erbarmte sich ihrer der römische Papst, der heilige Soter. Mit einem Schreiben schickte er den bedrängten Mitbrüdern in Griechenland eine namhafte Summe von Liebesgaben aus Rom. So erwies sich der römische Papst nicht bloß als oberster Bischof, der für das Seelenheil aller Gläubigen sorgte, sondern auch als helfender Vater, der in seiner alle umfassenden Liebe auch auf das leibliche Wohl seiner Kinder bedacht war. Während die kaiserlichen Beamten die Völker ihrer Güter und ihrer Freiheit beraubten, gaben die Päpste denselben die wahre Freiheit in Christo und unterstützten sie in ihren Bedrängnissen mit irdischen Gütern. Nach achtjähriger Regierung errang auch Papst Soter die Palme eines Märtyrers. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 40 – S. 41
Dieser Papst leitete die Kirche Gottes zur Zeit, in welcher die vierte große Christenverfolgung unter Kaiser Mark Aurel am heftigsten wütete. Dieser Kaiser regierte das Römerreich von 161-180 und wird von den alten römischen Geschichtsschreibern mit den höchsten Lobsprüchen gefeiert. Er besaß manche edle Eigenschaften, „der Philosoph auf dem Thron“. Dabei steckte er im tiefsten heidnischen Aberglauben der Vielgötterei. Als er in den Krieg zog, opferte er so viele weiße Stiere, daß selbst die Heiden darüber lachten und folgende Bitte zum besten gaben: „Die weißen Stiere an den Kaiser Markus: Wenn du siegst, gehen wir zu Grunde.“ Die Gladiatorenkämpfe nahmen ihren ungestörten Fortgang. Das Aussetzen und Töten der Kinder war nach wie vor vom Gesetz erlaubte Sitte. Seine nächste Umgebung war schlecht. Als Mitregenten nahm er seinen Bruder an, einen Mann von höchst ausschweifendem Leben. Seine Gemahlin Faustina war eine gemein unsittliche Frau. Der Kaiser ließ ihr abscheuliches Leben gewähren und beförderte sogar ihre ehebrecherischen Liebhaber zu verschiedenen Ehrenstellen. Beide, der lasterhafte Bruder und die ehebrecherische Gattin, wurden nach ihrem Tode mit großem Pomp von Mark Aurel unter die „Götter“ des römischen Reiches aufgenommen, der Gemahlin ein Tempel erbaut. Und dieser philosophische, als milde und weise gepriesene Kaiser, brachte es über sich, gegen die Christen ein so unmenschliches Verfolgungs-Edikt zu erlassen, daß es gegen barbarische Feinde des Feindes zu hart gewesen wäre. Dabei gab er sich gar keine Mühe, das Wesen des Christentums kennen zu lernen; seine Anhänger betrachtete er als Fanatiker und ihre Bereitwilligkeit, für den Glauben zu sterben, brandmarkte er als bloße Hartnäckigkeit. Diese Verfolgung dauerte lange und war sehr grausam. Umsonst traten mehrere heilige Männer für die Christen ein und richteten ihre Verteidigungs-Schriften direkt an den Kaiser, wie Melito, Athenagoras, Applinaris, Miltiades. Wir haben von dieser Verfolgung genauere Kunde aus Rom, Gallien und Asien. In Rom wurde außer vielen anderen Christen der erwähnte Philosoph Justin mit sechs Gefährten zu Tode gemartert. Von den Verfolgungen und Qualen der Christen in Gallien (Frankreich) besitzen wir noch einen eingehenden Bericht, den die Christengemeinden in Asien sandten. Unter den Märtyrern befanden sich der heilige 90jährige Bischof Pothinus, der infolge der vom Pöbel erlittenen Misshandlungen im Gefängnis starb und die jugendlichen Geschwister Blandina und Pontikus. Diese suchte man durch alle erdenklichen Mittel namentlich durch ausgesuchte Folterqualen zum Abfall zu verleiten…
Mark Aurel, der Philosoph blieb ein Feind und Verfolger der Christen bis zu seinem Tod, der 180 in Vindobona (dem heutigen Wien) erfolgte. Sein Leben zeigt, daß der Philosoph ohne Christus ohnmächtig ist, sich und andere zu wahrer Tugendgröße zu erheben, daß die erhabenste Philosophie nicht vor Torheit, Ungerechtigkeit und Grausamkeit schützt.
In welchem Ansehen der Papst und die römische Kirche damals standen, beweisen folgende Tatsachen. Soter hatte einen Brief an die Kirche von Korinth geschrieben, welcher so hoch in Ehren gehalten wurde, daß er wie der Brief des Papstes Klemens in den gottesdienstlichen Versammlungen der Gläubigen verlesen wurde. Zugleich preist der Bischof Dionys von Korinth in einem Schreiben, das er an die Römer gerichtet hatte und das noch teilweise bei Eusebius uns erhalten blieb, die Großmut der Römer, die seit dem Anfang des Christentums durch ihre Liebesgaben den Kirchen der ganzen Welt, sowie auch den Bedürfnissen aller Gläubigen, die wegen des Glaubens in Bedrängnisse gerieten, zu Hilfe kommen. Dionys fügt dann noch bei: „Diesen Brauch hat euer ehrwürdiger Bischof nicht bloß beibehalten, sondern noch gesteigert, indem er nicht bloß dir für die Heiligen (Christen) bestimmten Gaben reichlich spendet, sondern die fern herkommenden Brüder, wie ein Vater seine Kinder, mit gottseligen Worten tröstet.“
Eusebius bezeugt seinerseits, daß diese allgemeine Freigebigkeit der römischen Kirche bis zu seiner Zeit fort dauerte. So bewies sich das Papsttum damals wie zu allen Zeiten als Zuflucht und Tröster der Armen und Leidenden. –
Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 106 – S. 108
* Andere Angaben: 175 oder 176