Heiligenkalender
10. August
Der heilige Laurentius und sein Martyrium
„Wie Jerusalem durch den hl. Stephanus verherrlicht wurde, so Rom durch den hl. Laurentius“, sagt der heilige Papst Leo; und es ist keine Frage, daß unter allen römischen Märtyrern der hl. Laurentius von den größten Kirchenfürsten und von allen christlichen Völkern ganz besonders verehrt wird. Er war von Geburt ein Spanier, erhielt aber in Rom durch den Erzdiakon Sixtus eine vortreffliche religiöse und wissenschaftliche Erziehung. Dieser, im Jahre 257 zum Papst erwählt, weihte den jungen Laurentius zum Diakon und ehrte seine hervorragende Tugend dadurch, daß er ihm die Verwaltung des Kirchenvermögens und die Armenpflege übertrug – gewiß ein sehr ruhmvolles Zeugnis für den heiligen Jüngling.
Im Sommer 258 befahl Kaiser Valerian, daß alle christlichen Bischöfe und Priester sogleich hingerichtet, daß die Senatoren, Ritter und adeligen von ihren Gütern vertrieben und im Falle des Ungehorsams gegen die Götter getötet, daß die Frauen verbannt und die Gemeinen zum Sklavendienst verurteilt werden sollten.
Unter den ersten wurde der Papst Sixtus gekreuzigt. Laurentius begleitete ihn auf den Richtplatz und klagte weinend: „Wohin gehst du, teurer Vater, ohne deinen Sohn? Wohin eilst du, heiliger Priester, ohne deinen Diakon? Sonst pflegtest du nie ohne deinen Diener den Opferaltar zu besteigen, und jetzt willst du es ohne mich tun! Habe ich dich beleidigt, meine Pflicht nicht getan? Prüfe mich doch, ob du einen geeigneten Diener für die Ausspendung des Blutes unseres Herrn erwählt hast: o schließe mich jetzt nicht aus von der Teilnahme an deinem eigenen Blute!“ Mit freudiger Rührung tröstete der Statthalter Jesu den opfermutigen Diakon: „Ich verlasse dich ja nicht, mein Sohn, schwerere Kämpfe warten deiner; ich, schwacher Greis, gehe durch einen leichten Kampf hinüber; dir, dem jungen Manne ist ein härterer Streit beschieden: höre auf zu weinen; nach drei Tagen schon wirst du mir nachfolgen – der Levit dem Priester. – Meine Gegenwart hast du nicht mehr nötig, nur schwache Schüler bedürfen der Aufmunterung des Meisters, die starken wissen zu siegen ohne denselben.“
Laurentius, hoch erfreut über die Weissagung, daß er nach drei Tagen für den heiligen Glauben sterben dürfe, beeilte sich, alles ihm anvertraute Kirchengut vor der Staatsgewalt zu sichern, indem er es unter die Armen verteilte. Wirklich streckte der Stadtpräfekt schon seine Hand nach diesen schätzen aus, ließ den Laurentius ergreifen und sprach zu ihm: „Ihr Christen klagt gerne, daß wir euch grausam behandeln: doch siehe, dir lege ich nicht Folter und Marter vor, sondern nur ein leichtes Begehren. Man sagt, daß ihr euerm Gott in goldenen Bechern Trankopfer weiht und das Blut des Opfers in silbernen Schalen darbringt, daß in euern nächtlichen Versammlungen die Kerzen auf goldenen Leuchtern brennen… Liefere mir diese Schätze aus, ihr braucht sie nicht, der Staat hat sie sehr nötig, und euer Gesetz sagt ja: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist.“ Laurentius erwiderte ruhig: „Ja, unsere Kirche ist sehr reich, der Kaiser hat solche Schätze nicht: ich will dir alle diese Kostbarkeiten zeigen, gib mir eine kurze Frist, daß ich sie zusammen bringe.“ Der Präfekt bewilligte ihm drei Tage.
Laurentius verteilte noch die letzten Reste an die Armen und lud sie ein, am dritten Tage sich an einem bestimmten Orte zu versammeln. Dann ging er zum Präfekten und lud ihn ein: „Komm und besichtige unsere aufgestellten Schätze.“ Er führte ihn mitten unter die Menge von Blinden, Tauben, Stummen, Lahmen, Krüppeln und Preßhaften aller Art, und erklärte ihm. „Diese sind die Schätze der Kirche, unsere Perlen und Edelsteine: Kleinodien sind sie, in denen der Glaube Christi und Christus selbst lebt; nimm sie zu Nutz und Frommen des Staates, des Kaisers und deiner selbst: das Gold, nach du so begierig bist, ist ja die Quelle aller Verbrechen; wegen dieses gelben Metalles wird die Schamhaftigkeit preisgegeben, die Redlichkeit verletzt, der Friede zerstört, die Treue gebrochen, das Gesetz übertreten: solches Gift wollte ich dir nicht geben; deshalb habe ich das Kirchenvermögen in die Hände dieser Armen gelegt, welche nichts wissen von jenen Lastern und Leidenschaften, damit sie es niederlegen in der himmlischen Schatzkammer: besorge und pflege nun diese unsere Lieblinge: dadurch wirst du die Wohlfahrt des Staates, dein und des Kaisers ewiges Heil begründen.“
Wütend knirschte der Heide: „Ha, du spottest meiner und – lebst noch! Zweifle nicht, ich zahle dir diesen Hohn gut: ich kenne wohl deinen wahnsinnigen Wunsch nach dem Martertod, aber ich will dir die Folter lange genug zu verkosten geben, nur eines kann dich retten: wenn du den Göttern opferst.“ Als Laurentius sich dessen weigerte, ließ er ihn mit Skorpionen peitschen, mit Bleikugeln schlagen, mit glühenden Eisenplatten an den Seiten brennen, auf die Folter spannen und nochmals mit Skorpionen peitschen. Durch die wunderbare Standhaftigkeit und Fürbitte des heiligen Blutzeugen wurden mehrere Soldaten zum christlichen Glauben bekehrt.
Von neuem Ingrimm entflammt schrie der Präfekt: „So will ich dir denn ein würdiges Sterbebett bereiten“, ließ einen eisernen Rost über eine starke Kohlenglut stellen und den heiligen Diakon darauf legen. Die Hitze durchdrang das zerschlagene Fleisch, das Blut kochte in den Adern, das Mark in den Gebeinen, des Heldenjünglings Antlitz aber leuchtete wie das des hl. Stephan, als er den Himmel offen sah, und von seinem Leibe ging ein lieblicher Wohlgeruch aus. Nachdem die Marter längere Zeit gedauert, sprach Laurentius heiter zum Präfekten: „Nun kannst du meinen Leib umwenden lassen: denn auf dieser Seite ist er gut gebraten.“ Und so geschah es. Nach einiger Zeit, als auch die andere Seite von der Glut ausgedörrt und der Heilige dem Tode ganz nahe war, sprach der Dulder in fröhlichem Ton zu Präfekten: „Jetzt ist mein Fleisch fertig gebraten, nun magst du davon essen.“ Dann hob er seine Augen zum Himmel, betete voll Inbrunst zu Jesus Christus um die Bekehrung Roms und starb am 10. August 258.
Rom zählt sieben Kirchen, welche dem hl. Laurentius geweiht sind; die prachtvollste aber besitzt Spanien, Philipp II. ließ sie zu Ehren des hl. Laurentius für den am 10. August 1557 über die Franzosen erfochtenen Sieg erbauen. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 591 – S. 593