Heiligenkalender
23. Oktober
Der heilige Severin Bischof von Köln
Der heilige Severin, den die Stadt Köln als ihren besonderen Patron verehrt, wurde zu Bordeaux in Frankreich um die Mitte des vierten Jahrhunderts geboren und von seinen gottseligen Eltern vortrefflich erzogen. Nach Vollendung seiner Studien lernte er den hl. Martin, Bischof von Tours, kennen und folgte seinem frommen Beispiel. Nach empfangener Priesterweihe widmete er sich dem Seelenheil des Nächsten. Durch seine geistvollen Predigten bekehrte er viele Sünder und Irrgläubige. Die arianische Ketzerei nahm damals sehr überhand und gewann auch einige Anhänger in der von den ältesten Zeiten an stets katholisch gesinnten Stadt Köln. Euphrates, der Bischof selbst, ließ sich zu weit mit den Arianern ein und trat zu ihnen über. Es versammelten sich aber auf Befehl des Papstes einige Bischöfe im Jahre 348, um die Sache zu untersuchen. Euphrates ward schuldig befunden, abgesetzt, und Severin an dessen Stelle zum Bischof erhoben.
Der wider seinen Willen zum bischöflichen Amt erhobene heilige Mann widersetzte sich mit apostolischem Eifer den Arianern, widerlegte ihre gottlose Lehre, machte sie sowohl durch öffentliche, gelehrte Streitreden, als durch Predigten so zuschanden, daß viele aus der Stadt entflohen, viele zum wahren Glauben sich bekehrten, und die von der Irrlehre verführten Katholiken zur katholischen Kirche reuevoll zurück kehrten. Auf diese Weise wurde die Reinheit der katholischen Lehre bald wieder hergestellt, und der erlittene schaden reichlich ersetzt. Um das angefangene Werk im guten Stande zu erhalten, arbeitete Severin unermüdlich fort, und so lange er lebte, ließ er nicht nach, seine Untergebenen mit Wort und Beispiel zu ermahnen.
Einst, als er außer der Stadt die Gräber der heiligen Märtyrer besuchte, sah er, wie die Seele des heiligen Bischofs Martin, mit großem Glanz umgeben, von himmlischen Geistern in den Himmel getragen wurde. Es war dieselbe Stunde, in welcher jener heilige Bischof verschied; so berichteten jene, die bei dessen heiligem Tode zugegen waren. Dies bewog den heiligen Severin, dem heiligen Martin noch eifriger in seiner Lebensweise und in seinen Tugenden nachzufolgen.
Zu welch großer Heiligkeit er dadurch gelangte, erfuhr ein Einsiedler zu seiner Beschämung. Dieser, von fürstlichem Geblüt entsprossen, hatte alle zeitlichen Güter, Ehren und Freuden der Welt verlassen und sich in eine Einöde von der Welt zurück gezogen, wo er ein so strenges und heiliges Leben führte, daß er öfters die Gnade hatte, von seinem heiligen Engel sichtbar zur Standhaftigkeit aufgemuntert zu werden. Einst kam ihm, höchst wahrscheinlich aus Eingebung des bösen Geistes, der vorwitzige, hoffärtige Gedanke: ob jemand in der Welt zu finden sei, der frömmer lebe und eine noch größere Belohnung zu erwarten habe, als er. Sein Schutzengel erschien ihm und sprach: Ja, es sei jemand zu finden, und zwar Severin, der Bischof von Köln. Der Einsiedler machte sich auf den Weg und reiste nach Köln, um sich nach Severin zu erkundigen. Er traf den heiligen Severin bei der Tafel an, wo verschiedene hohe Standespersonen speisten. Da sah er kostbare Speisen und viele Bediente. Der Einsiedler konnte sich gar nicht überreden, daß er nicht frömmer sein sollte und eine größere Belohnung zu erwarten hätte, indem er doch alles verlassen habe und ein so strenges Leben führe. Der Engel benahm ihm aber seinen Irrtum, indem er sagte: „Du sollst wissen, daß dieser Bischof, um von seinen anderen Tugenden nichts zu melden, sein Herz weniger an alles, was er besitzt, geheftet habe, als du selbstgefällig bist bei deinem Wasserkruge.“ Dies war dem Einsiedler schon genug; denn er erkannte daraus, daß die Armut nicht darin bestehe, daß man nichts habe, sondern vielmehr darin, daß man sein herz nicht an das hefte, was man hat, und daß man bei der strengsten Lebensweise nicht mit Wohlgefallen auf sich selbst sehen soll. Er bereute diesen Fehler sein ganzes Leben hindurch.
Als der heilige Severin vernommen hatte, daß der Bischof von Bordeaux sehr vieles von den Ketzern zu erleiden hätte, begab er sich dahin und leistete ihm allen möglichen Beistand. Dies erbitterte die Ketzer; er aber widerstand ihnen mit solchem Nachdruck, daß sie nicht mehr wagten, den eifrigen Bischof zu beunruhigen. Die Wunder, die der hl Severin dort zur Bekräftigung der katholischen Lehre wirkte, erfüllten die Ketzer mit Schande und Spott, die Katholiken aber mit Trost und Freude. Endlich gefiel es dem Herrn über Leben und Tod, seinen treuen Diener zur himmlischen Belohnung abzurufen. Severin wurde in jener Stadt krank, und weil er durch eine göttliche Offenbarung die heran nahende Stunde seines Todes voraus wußte, so bereitete er sich dazu durch andächtigen Empfang der hl. Sakramente vor, erteilte hierauf den anwesenden die heilsamsten Lehren und entschlief sanft den 23. Oktober um das Jahr 408.
Sein heiliger Leib wurde zu Bordeaux begraben, in der Folge aber nach Köln überbracht und in jene Kirche mit größter Feierlichkeit übersetzt, welche der heilige Bischof selbst vorher zu Ehren der heiligen Märtyrer Cornelius und Cyprianus samt einem Kloster erbaut hatte, und die heutzutage von ihm den Namen führt (Severinkirche). –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 848 – S. 849