Heiligenkalender
20. Februar
Der heilige Eucherius Bischof von Orleans
Der heilige Eucherius war der Sohn adeliger und frommer Eltern in der Stadt Orleans in Frankreich. Schon vor seiner Geburt opferte ihn seine Mutter täglich Gott dem Herrn auf. Ihr Gebet ward erhört; denn schon als Kind zeigte Eucherius die Blüten großer Tugend. Überraschend schnell entfalteten sich seine geistigen Anlagen, und seine Fortschritte in geistlichen wie weltlichen Wissenschaften gingen weit über sein Alter. Jetzt war die heilige Schrift das liebste seiner Bücher; täglich las er darin zum großen Nutzen seiner Seele.
Einst, da er die Worte des Apostels las: „Die Gestalt dieser Welt vergeht“, und. „Die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott“, fühlte er eine besondere göttliche Erleuchtung. Die Augen gingen ihm auf, und er erkannte die Eitelkeit der Welt also, daß er einen Ekel an derselben fühlte und sich auf der Stelle entschloss, allem Zeitlichen durch den Eintritt in den Ordensstand zu entsagen, um so sicherer zu den ewigen Gütern und Freuden zu gelangen. Deshalb begab er sich in die Abtei Jumièges in der Normandie (/14). In diesem Kloster gelangte er zu so großer Vollkommenheit, daß er nach dem Tode des Bischofs von Orleans, der seines Vaters Bruder war, einstimmig zu dessen Nachfolger erwählt wurde. Man sah seine Weigerung voraus und ordnete deshalb einen Abgesandten an den französischen Reichsverweser (Majordomus) Karl Martell ab mit der Bitte, die geschehene Wahl gut zu heißen, und den frommen Eucherius zur Annahme des Bistums zu bewegen. Karl Martell, der schon vieles von der Tugend des heiligen Eucherius gehört hatte, schickte einen Gesandten in das Kloster, wo der Heilige sich aufhielt, mit dem Befehl, denselben, wenn er sich widersetzen sollte, mit Gewalt aus dem Kloster zu dem bischöflichen Stuhl zu führen. So gehorchte denn der Mann Gottes; weinend ging er nach Orleans und ward daselbst 721 zum Bischof geweiht.
Als solcher befliß er sich, alle Pflichten desselben vollkommen zu erfüllen. Er eiferte für die Zierde und Reinlichkeit der Kirchen und konnte nichts Unpassendes darin dulden. Die Geistlichen hielt er zu einem geistlichen Leben an; den Weltlichen suchte er durch Predigten und Ermahnungen möglichst Unterricht zu geben. Er visitierte fast alle Klöster und Pfarreien und bemühte sich, selbe von allen Missbräuchen zu reinigen, aber auch mit heilsamen Satzungen zu versehen. Für die Armen wendete er den größten Teil seiner bischöflichen Einkünfte an und versah sie nicht nur mit Nahrung, sondern auch mit Kleidern und anderm Notwendigen. Wo es die Umstände erforderten, strafte er ohne Ansehen der Person, so hoch sie immer war. Er gab Karl Martell selbst einen ernsten Verweis. Es hatte derselbe unter dem Vorwand, den Krieg wider die Sarazenen fortzusetzen, sowie um Offiziere für ihre geleisteten Dienste zu belohnen, die geistlichen Güter angegriffen und sowohl die Güter von Bistümern, als anderer geistlicher Benefizien nach seinem Belieben ausgeteilt. Karls Ungnade zog er sich zu; er achtete sie nicht; hatte er ja nach Pflicht und Gewissen gehandelt. Ebenso wenig beachtete er die Verleumdungen und Verfolgungen, welche einige Mißvergnügte wider ihn angesponnen hatten. Er unterließ deswegen nichts, was nach seiner Überzeugung zur Ehre Gottes, oder zum Heil seiner Untergebenen war. Seine Feinde brachten es am Ende dahin, daß Karl Martell ihn aus seinem Bistum nach Köln verwies, nachdem der heilige Bischof demselben 16 Jahre bestens vorgestanden war.
Zu Köln war der heilige Eucherius bei allen beliebt und in größten Ehren gehalten; deshalb verwies ihn Karl Martell noch weiter fort in das Lütticher Land. Der Herzog Robert, dessen Verwahrung er anvertraut wurde, lernte ihn bald als einen Mann nach dem Herzen Gottes kennen und schätzte ihn so sehr, daß er ihn zu seinem Almosenier machte und ihm erlaubte, sich in das Kloster von St. Trond zu begeben. Hier lebte er Gott allein. Nach sechs Jahren seiner Verbannung, während welcher man ihn niemals im mindesten über Karl Martell oder andere seiner Feinde klagen hörte, schickte ihm Gott eine Krankheit. Diese sah er als einen Vorboten seines Todes an, bereitete sich dazu vor und starb mit freudigem Angesicht am 20. Februar im Jahre 743. In der Stunde seines Hinscheidens sah man sein Angesicht mit himmlischem Glanz umgeben. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 127 – S. 129