Ansprachen Pius IX zur Verehrung des Herzens Jesu
Um die Verehrung des göttlichen Herzens immer mehr zu verbreiten, benützte der große Papst sehr häufig die Gelegenheit der Besuche von Gläubigen, um in seinen väterlichen, begeisternden Ansprachen sie dazu anzuleiten. Hier enthüllte er sein eigenes Herz, seinen eigenen Glauben und seine innige Liebe zum göttlichen Herzen.
Ansprache vor italienischen Studenten:
Eine Anzahl von beiläufig 200 italienischen Studenten war am 17. Jänner 1871 zum heiligen Vater gegangen, um ihn ihrer Treue am katholischen Glauben zu versichern. Da sagte der Papst zu ihnen:
„Ich danke Euch von ganzem Herzen, meine Kinder, für die Gesinnungen, welche Ihr offen kund gebt. Bewahret sie treu, und Gottes Beistand wird Euch gewiß nicht fehlen. Ich meinerseits erwidere Euch dasselbe, was einst Jesus Christus jenen beiden jungen Schülern seines geliebten Johannes entgegnete, die ihn fragten: Meister, wo wohnest du? – Jesus Christus antwortete mit einer ganz göttlichen Milde: Kommt und seht, wo ich wohne. Das Evangelium berichtet uns, daß diese Jünglinge ihm gefolgt und den ganzen Tag in himmlischer Unterhaltung bei ihm geblieben seien.
Ebenso antworte ich Euch auf die Frage: Meister, wo wohnest du? Kommt und sehet! Kommt in mein Herz und sehet, welche Liebe ich für Euch alle hege, welche Gebete ich täglich Gott darbringe, daß er Euch vor allen Gefahren schütze, welche Euch umgeben, daß er Euch die Früchte jener christlichen Erziehung bewahre, die Ihr durch seine Gnade empfangen, daß er Euch führe in dieser Zeit der Unruhe und der Begriffs-Verwirrung, denen gegenüber wir unsere Hoffnung nicht aufgeben, besonders aber, daß Jesus Christus Euch in seinem göttlichen Herzen zu wohnen gestatten möge. In diesem Herzen werdet Ihr Euch weit besser als in meinem jenes unendlichen Glückes erfreuen, welches allen seinen treuen Dienern bereitet ist.“
Wenn wir Jemanden aufrichtig und innig lieben, so sagen wir, er liege uns im Herzen, er liege uns im Sinn. Wir tragen sein Bild, sein Andenken überall mit uns herum, und sind auf seinen Schutz, auf sein Wohl bedacht; es ist, als lebte und wohnte er in unserem Geiste, in der Liebe unseres Herzens. Demnach kann man mit Recht sagen, die Jugend wohne dem Herrn und Erlöser im Herzen. Denn er liebt sie in ganz besonderer Weise, sie liegt ihm ungemein im Herzen. Darum sagte der heilige Vater, in dieser Liebe, welche das Herz Jesu für sie trage, könne und werde die Jugend ihr wahres Glück finden, wenn auch sie ihm in treuer Liebe diene.
Ansprache vor italienischen Jünglingen
Zwei Jahre später, am 21. Juni 1873, an welchem Tage damals das Fest des heiligsten Herzens gefeiert wurde, war eine zahlreiche Schar italienischer Jünglinge vom hl. Vater zur Audienz zugelassen. Es waren zugleich die Abgesandten aus mehreren Bistümern Italiens und überdies die Königin von Spanien Isabella II. mit ihren Kindern zugegen. An der Spitze der jugendlichen Schar stand ihr Präsident, Johann Aquaderni. In einer längeren Ansprache an sie redete der heil. Vater von dem Kampfe, welchen die Kirche in der Gegenwart mit der Welt zu führen habe. Dann fuhr er fort:
„Das Fest, das wir heute feiern, der Tag, dem Andenken an das heilige Herz Jesu geweiht, zeigt Euch die Waffen, womit Ihr Euch in diesem Kampfe stark machen könnt. Aus der offenen Wunde dieses heiligen Herzens geht mit Hoheit die Kirche hervor. Sie ist getragen von sieben geheimnisvollen Säulen, den Sakramenten, woraus die reinsten Quellen sprudeln. Von diesen Sakramenten hat eines die Kraft, die Menschen in die große Christenfamilie einzuführen; ein anderes, sie stark zu machen und sie zu Christen und wachsamen Streitern heran zu bilden; wieder ein anderes, uns zu nähren mit der Himmelsspeise, die uns erhält, und noch ein anderes, uns wieder in den Besitz der verlorenen Gnade zu bringen, und die Makel zu tilgen, die wir uns zugezogen. Eines kräftigt uns für die Reise in die Ewigkeit; sodann folgt das Sakrament, das die Priester Gottes weiht, um sie unter die Menschen zu stellen, daß sie die Gläubigen unterweisen, ihnen die Schätze der Gnade öffnen und sie kräftigen. Endlich gibt es noch eines, welches das große Sakrament genannt wird, und den Bund Jesu Christi mit seiner Kirche darstellt. Stärken wir uns denn oft mit der Kraft dieser Sakramente, welche das Herz Jesu eingesetzt hat für unser Heil; stimmen wir nicht bei denjenigen, welche der Lehre Christi nicht glauben und die heiligen Dinge verachten; einen solchen Menschen sollt ihr nicht einmal grüßen, empfiehlt der greise Apostel, wo er von den Ketzern redet. Ich ermutige Euch also, liebe Kinder, Eurer guten Entschließung stets treu zu bleiben, und ich ermahne zu noch immer größerem Eifer. -Verdoppelt auch Ihr fort und fort Eure Kräfte, um Euch dem Bösen entgegen zu setzen, wie es Eure Feinde machen, um das Gute zu hindern und zu zerstören.“
Durch den Empfang der Sakramente also soll die katholische Jugend aus dem Herzen Jesu den Kampfesmut und die Streitkraft schöpfen, um fest zu stehen in unseren gefahrvollen Zeiten.
Ansprache vor Müttern
Am 12. August desselben Jahres waren von mehreren Städten Italiens Frauen vom Vereine der „frommen Mütter“ zur Erziehung der weiblichen Jugend nach Rom gekommen und mit den römischen Vorsteherinnen und den Zöglingen desselben Vereines zum heiligen Vater gegangen, um den päpstlichen Segen zu erhalten. Da sagte der Papst zu ihnen:
„Ich gebe Euch meinen Segen, und hoffe, er werde Euch schützen, um den bestehenden Gefahren zu entgehen, daß Ihr frisch und heil aus der Finsternis, die uns umgibt, und dem Sturme, der uns zu verderben droht, hervorgehen könnt. Aber ich empfehle Euch in ganz besonderer Weise die Andacht zum Herzen Jesu. Liebet dieses so liebenswerte Herz mit der ganzen Kraft Eurer Seele; gehet zu ihm, um dort die Mittel zu finden, die Euch notwendig sind zum Heile, und es wird Euch geben Licht und Kraft, deren Ihr bedürfet, um alle Gefahren zu überwinden. Geht zum Herzen Jesu und richtet an es jene Bitte, welche die heilige Klara von Assisi, deren Fest heute die Kirche feiert, ihm vorgebracht. Als die Horde der Sarazenen auf dem Punkte stand, in das Kloster einzudringen, ließ sie das heiligste Sakrament an die Pforte des Konventes tragen, und Angesichts dieser barbarischen Banden betete sie zu Jesus mit den Worten: Übergib nicht, o Herr, die Seelen, die dich bekennen, den wilden Tieren und beschütze die Dienerinnen, die du mit deinem kostbaren Blute erlöst hast.
Auch ihr müßt zum Herzen Jesu sagen: Überlasse nicht den Tieren in Menschengestalt die Seelen, die für immer dein sein wollen, die dich lieben und zu dir rufen: Ne tradas bestiis animas confitentes tibi. Bewahre sie, daß sie doch nicht in die Hände solcher Menschen geraten, welche sie sofort jenen andern noch wilderen Tieren, den Teufeln, übergeben würden. Das ist es, um was Ihr das herz Jesu bitten sollt. Belebt Euern Glauben und zweifelt nicht; das Herz Jesu wird uns zu Hilfe kommen und uns retten.“
Ansprache an den Pius-Verein
Bei der traurigen Lage, in welcher sich die Katholiken seit dem Jahre 1870 in Rom befinden, hatten sich die verschiedenen katholischen Vereine zur Wahrung der kirchlichen Interessen zusammen getan unter dem Titel: Pius-Verein. Dieser Verein beschloß ein Gelübde zu machen, in Rom eine Kirche zu Ehren des Herzens Jesu zu bauen, wenn der Herr die gegenwärtigen Bedrängnisse gnädig abwenden würde. Der Vorstand des Vereines begab ich mit den leitenden Mitgliedern am 18. September 1873 zum heiligen Vater, um dort zu seinen Füßen feierlichst dies Gelübde abzulegen.
Der heilige Vater richtete sofort an die Gelobenden eine herrliche längere Ansprache, in welcher er auf die Übel unserer Tage und das vergebliche Bemühen der glaubenslosen Welt, ihnen abzuhelfen, hinwies, und sodann fortfuhr:
„Ihr aber habet das Mittel gegen diese Übel gefunden, o ja, meine Kinder, Ihr habt es gefunden. Ihr habt Euch erinnert, daß es im Himmel ein göttliches Herz gibt, welches Euch trösten, Euch beistehen und erleuchten kann. Nähern wir uns diesem Herzen und beim Anblick seiner durch die Lanze geöffneten Wunde betrachten wir es mit Liebe und Glauben. Prospiciens per cancellos. Bedenken wir, daß dieses Herz sehnlichst wünscht, das Feuer, welches es verzehrt, auszubreiten, jenes Feuer, das die ganze Welt mit der Liebe Gottes und des Nächsten entzünden möchte. Kommen wir zu diesem Herzen und von Bewunderung erfüllt, betrachten wir die himmlische Einrichtung, mit der die Kirche gebildet wurde und wie sie voller Kraft aus dieser Quelle des Heiles, gestützt durch die sieben Säulen der Sakramente, hervor ging. Nähern wir uns aber auch mit Demut und Vertrauen diesem heiligsten Herzen und wir werden die süßen Worte vernehmen: Erunt oculi mei tibi cunctis diebus., d.h. das Herz und die Augen Christi werden fortwährend auf diese über die ganze Erde verbreitete Kirche geheftet sein und besonders auf dieses Rom, welches der Sitz der Wahrheit und der Mittelpunkt des katholischen Glaubens ist. Hierher war der Fürst der Apostel gesandt (was immer auch die Gottlosen, diese fanatischen Feinde der Kirche sagen mögen), hierher kam der hl. Petrus, furchtlos sich unter die wilden Tiere wagend, und unerschrocken die Wahrheit verkündend in Mitte der Irrtümer der römischen Nation, welche alle Torheiten und Schändlichkeiten der übrigen Völker angenommen, nachdem sie deren so viele unterjocht hatte. Als aber das Blut der Päpste und das Blut von Millionen Märtyrern geflossen, wurde diese bevorzugte Stadt, nachdem sie so lange Zeit eine Dienerin des Irrtums und allen Gräueltaten unterworfen gewesen, durch die Verdienste dieses Blutes und die Macht des göttlichen Willens die Lehrerin der Wahrheit. Von diesem Lehrstuhle der heiligsten Lehren verbreiteten sich die Grundsätze, welche die Menschen unterrichteten, und die Räte, welche sie erleuchteten vom Anbeginn der Kirche bis zum Syllabus und zu den Dekreten des vatikanischen Konzils, Es sei darum gebenedeit dieses göttliche Herz, welches der Ursprung so vieler Güter und die Quelle aller Tröstung und Erleuchtung ist. Aber auch Ihr, meine Brüder, seid gesegnet, die Ihr, anstatt Zerstreuung in den irdischen Freuden zu suchen, Glück und Frieden an der Quelle suchet, die allein Euch beides geben kann. Ich weiß, daß die Gottlosen selbst dieses göttliches Herz verfluchen, aber die Zeit wird kommen, wo Gott selbst diese Lästerer verfluchen wird. Wir aber wollen zu dieser Zuflucht der Seelen eilen; bieten wir ihm unsere Liebe dar und bitten wir ihn, uns durch seine Liebe stark zu machen. Sagen wir ihm mit Jakob: Ich entlasse Dich nicht, ehe Du mich gesegnet hast. O du heiligstes Herz, von Liebe erfülltes Herz, du Quelle aller Gnaden, segne uns und verleihe uns durch Deinen Segen Mut in allen Kämpfen, Ausdauer in unsern Vorsätzen, und gib, daß Dein Segen bei uns bleibe bis zum letzten Tage unseres Lebens. Unterdessen aber seid durch meine schwache Hand gesegnet, gesegnet seien auch Eure Verwandte und Freunde. Werdet das Echo, durch welches sich dieser Segen ausbreite über alle Kinder der katholischen Kirche; er gebe allen den nötigen Mut und erhalte Euch standhaft bis zum letzten Augenblick Eures Lebens.“
aus: Franz Hattler SJ, Das große Herz-Jesu-Buch für die christliche Familie, 1897, S. 722-724
siehe auch den Beitrag: Die Bedeutung der Herz-Jesu-Andacht