Die mühsamen Versuche der Abschaffung der Sklaverei in Amerika
Bis zum Schluss des 18. Jahrhunderts war es ausschließlich die katholische Kirche, die sich der Indianer und Neger annahm; die protestantische Kirche tat so gut wie nichts dafür mit Ausnahme einiger Sekten (der Mennoniten und Quäker). Paul III. trat in der berühmten Bulle von 1537 gegen die Indianer-Sklaverei auf und hob mit Anerkennung hervor, daß Karl V. durch allgemeines Gesetz sie untersagt habe. Erfolgreicher freilich als diese Bulle war das Wirken der Jesuiten in portugiesischen Gebieten, besonders in Brasilien; sie setzten die Bemühungen der Dominikaner mit noch größerem Heldenmut und mehr Geschick fort. Große Verdienste erwarben sich die Patres Alonso Sandoval und Petrus Claver in Cartagena, wovon der ein 30000, der andere 300000 Negersklaven taufte. Den größten Ruhm aber erwarb sich die Gesellschaft Jesu durch die Reduktionen in Paraguay, deren patriarchalisches Regiment und ebenso humane wie glückliche Benutzung der Indianerarbeit die Bewunderung auch ungläubiger Geister erregte; leider wurden ihre Niederlassungen von europäischen Sklavenjägern (Mamelucken) fort und fort beunruhigt. Vor allem den Jesuiten war es auch zu danken, daß die Päpste Pius V., Klemens VIII. und Urban VIII. gegen die Sklaverei auftraten. Urban wiederholte feierlich die Bulle Pauls III. und exkommunizierte den, „der es wagen würde, einen Indianer, gleichviel ob christlich oder nicht, zum Sklaven zu machen, zu verkaufen oder zu vertauschen, von Weib und Kindern zu trennen und seines Eigentums zu berauben“.
Als die Jesuiten mit dieser Bulle in Amerika auftraten, entstand ein Aufstand; so tief verwurzelt war die Habsucht und Rohheit. Zwar hörten infolge ihrer Bemühungen allmählich die systematischen Sklavenjagden auf, aber noch immer wurden frei Indianer zu Knechtsdiensten und Sklaverei gezwungen. In feurigen Predigten verdammte der Jesuit Vieira die Ausnützung der Indianer und erwirkte eine Milderung der Frondienste und die Freilassung vieler widerrechtlich Verknechteten. Es folgte eine Reihe von staatlichen Verordnungen, welche den Zweck hatten, die Indianer-Sklaverei einzuschränken, bis sie 1755 durch König Joseph I. vollständig aufgehoben wurde, nachdem Papst Benedikt XIV. nochmals seine Autorität in die Waagschale gelegt hatte.
Die Verdienste der Quäker bei der Abschaffung der Sklaverei
Dagegen dauerte die Negersklaverei in Amerika bis in die neuere und teilweise neueste Zeit fort. England hatte im 18. Jahrhundert mit verdoppeltem Eifer seine Schuld gut zu machen gesucht. Zuerst waren es die Quäker, welche mit frommem Sinn gegen den unchristlichen Menschenhandel und gegen die Sklaverei auftraten;1718 veröffentlichte der Quäker Wilhelm Burling die erste Schrift gegen die Sklaverei. Ihm folgten andere seiner Parteigenossen, namentlich William Penn, und in dem von ihm gegründeten Staat Pennsylvanien in Nordamerika wurde die Sklaverei zuerst abgeschafft. Das Gleiche geschah bald darauf in dem kleinen Staat Delaware und in allen Kolonien, welche die Quäker besaßen. Zugleich sorgten diese Männer für Negerschulen. Von nun an, d. h. seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, verstummte der Ruf nach Gnade für die Neger nicht mehr in England, und Prediger und Gelehrte, Dichter und Staatsmänner führten offen und kräftig die Sache der Menschlichkeit. Pitt, Fox, Wilberforce, Grenville, Buxton und Andere machten sich dadurch unsterbliche Namen. Die erste Frucht war ein milderes Sklavengesetz vom Jahre 1784, welches die Tötung eines Negers bei Todesstrafe verbot und 30 Peitschenhiebe als das Höchste der Züchtigung zuließ.
Verbot des Sklavenhandels (Abolition)
In allem, was hinfort für Aufhebung der Sklaverei geschah, ist Abolition und Emanzipation zu unterschieden; erstere ist das Verbot des Sklavenhandels, letztere die wirkliche Loslassung der schon vorhandenen Sklaven. Abilition schien das erste, was Not tat; durfte kein Sklave mehr eingeführt werden, so musste man die schon vorhandenen milde behandeln, damit sich die benötigte Zahl in den Kolonien selber ergänze. Ein solches Verbot der Sklaveneinfuhr haben zuerst 1787 einige der nördlichen Freistaaten von Nordamerika gegeben, während die südlichen Freistaaten (Virgina, Maryland, Georgia, Süd-Carolina, Louisiana, Missouri, Ohio) bis 1863 die Sklaverei hegten.
Die erste wirkliche Emanzipation von Seiten eines Staates wurde durch den französischen Nationalkonvent am 4. Februar1794 gegeben, welcher alle Sklaven in den französischen Kolonien frei erklärte, ohne daß jedoch diesen schönen Worten der gehörige Nachdruck gegeben worden wäre; noch Napoleon spielte in der Negerfrage eine zweideutige Rolle.
Von größter Wichtigkeit dagegen war die Abilitionsakte, die trotz des Widerstandes von Seiten Vieler auch des alten Helden Nelson, im Jahr 1807 vom englischen Parlament auf Fox‘ Andringen angenommen wurde. Durch sie hörte der englische Sklavenhandel auf, und der erste große Schritt war getan. Aber nicht bloß für sich wollte England den Sklavenhandel aufheben, auch alle anderen christlichen Staaten suchte es dafür ins Interesse zu ziehen. Mit den einzelnen Staaten wurden Traktate geschlossen, wodurch sich auch diese zur Abstellung solchen Handels verpflichteten, 1813 mit Schweden, 1814 mit den Niederlanden und Dänemark, 1815 mit Portugal, 1815 und 1817 mit Spanien, 1826 mit Brasilien, 1831 mit Frankreich, welches übrigens schon früher ein darauf bezügliches Versprechen gegeben hatte. Eben ein solches gaben im Jahr 1814 auch die Vereinigten Staaten; im Jahr 1814 aber kamen neue Verträge mit Österreich, Preußen und Russland zustande, nachdem sich diese Mächte schon auf dem Wiener Kongress für die Sache interessiert hatten. Allein von manchen Staaten wurden diese Verträge schlecht gehalten, namentlich von Brasilien, Frankreich, Portugal und den Vereinigten Staaten, und unter der Flagge der letzteren, welche sich der englischen Kontrolle (Schiffsdurchsuchung) nicht unterwarfen, ging der Sklavenhandel fort, und die englischen Kreuzer waren nicht imstande, viele Sklavenschiffe aufzubringen. –
Schwierigkeit der Emanzipation der Sklaven
Von England aus ist auch für die Emanzipation der Sklaven mehr als anderwärts geschehen. Wilberforce trat zuerst dafür auf im Jahre 1816, und vereint mit Buxton im Jahre 1823, zunächst ohne seine Vorschläge durchzusetzen. Es wurden Versuche zur vorläufigen Bildung der Neger gemacht, Pflanzstätten freier Neger und Schulen angelegt. Allmählich gewann dann die Überzeugung immer mehr Boden, daß durch die Aufhebung der Sklaverei die Kolonien nicht nur nicht verlieren, sondern bei der Lohnarbeit vielleicht noch gewinnen möchten, indem die Sklaven teuer und träge sind, auch Hüter und andere Auslagen notwendig machen und oft sogar die Plantagen anzünden.
Endlich im Jahre 1833 ging die Aufhebungsbill im Parlament durch erhielt die königliche Sanktion am 25. August 1833. Den Sklavenbesitzern wurden 20 Millionen Pfund Sterling zum Ersatz gegeben. Vom 1. August 1834 an waren nun alle Sklavenkinder unter sechs Jahren in den englischen Kolonien frei. Die Anderen, Alten und Jungen, wurden einer Lehrzeit unterworfen, und auch sie sollten, die Haussklaven am 1. August 1838, die Feldsklaven am 1. August 1840, frei werden. Seitdem gibt es in den englischen Kolonien keine Sklaven mehr. Das Nämliche trat in Mexiko seit dessen Abfall von Spanien, sowie in den Freistaaten Südamerika’s ein. Unter den Vereinigten Staaten von Nordamerika dagegen haben die nördlichen die Sklaverei früher abgeschafft als die südlichen; denn in diesen wie auch in Südamerika wurde die Beibehaltung der Sklaverei als eine Lebensfrage betrachtet, da man glaubte, den Baumwoll-, Tabak- und Zuckerbau, die Plantagen-Wirtschaft nicht ohne Sklaven betreiben zu können.
Die Gründe waren ähnliche wie die, womit in Deutschland die ostelbischen Großgrundbesitzer die Beibehaltung der Hörigkeit rechtfertigen und vom Staat sogar gesetzliche Bindung der Landarbeiter verlangen. Infolge der gesteigerten Produktion vermehrten sich sogar in den amerikanischen Sklavenstaaten die Sklavenmassen. Trotz aller Maßregeln gegen den Sklavenhandel wurden jährlich 200000 neue Sklaven eingeführt, während ein Jahrhundert vorher die Hälfte genügt hatte. Gegen diese gewaltige Sklaverei halfen alle humanen und religiösen Einzelbestrebungen nicht viel. Wohl erhoben Dichter und Staatsmänner, vor Allem aber Papst Gregor XVI., ihre Stimme (1839); aber durchgreifend konnte nur gesetzlicher Zwang wirken.
Dieser wurde erst möglich, nachdem in den Vereinigten Staaten die Nordstaaten politisch das Übergewicht über die Südstaaten erlangt hatten, wie dies 1860 durch den Wahlsieg der republikanischen oder Freiboden-Partei eintrat. Die Folge war der Bürgerkrieg, in welchem die Südstaaten unterlagen, und nach dessen Beendigung 1865 die schon zwei Jahre vorher gesetzlich ausgesprochene Emanzipation der Sklaven durch geführt werden konnte. Hieran schloss sich 1871 die Emanzipation in Brasilien, in Kuba u.s.f. an, so daß Amerika jetzt so ziemlich von der Sklaverei frei ist. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 11, 1899, Sp. 415 – Sp. 418
Fortsetzung: Versuch der Abschaffung des Sklavenhandels in Afrika