Das Kreuz und der Halbmond
Das Pontifikat von Papst Urban VIII. (regierte von 1623 bis 1644)
Als Nachfolger des Papstes Gregor am 6. August der Kardinalpriester Barberini gewählt, der sich den Namen Urban VIII. beilegte. Er stand noch im schönsten Mannesalter und entfaltete eine große Tätigkeit. Urban war im April des Jahres 1568 zu Florenz geboren und studierte in Rom und Pisa. Er war zweimal päpstlicher Gesandter bei König Heinrich IV. von Frankreich und wurde zuerst Bischof von Nazareth, dann von Spoleto und im Jahre 1606 Kardinalpriester. Urban war sehr gebildet und in allen Geschäften sehr gewandt. Ins einem Privatleben wich er von seinen Vorgängern nicht im geringsten ab. In Rom stellte er die beste Ordnung her und besuchte Kirchen, Klöster, Spitäler und Schulen. Das Jubeljahr 1645 eröffnete der heilige Vater mit aller Feierlichkeit und machte, wie jeder einfache Pilger, seine Kirchenbesuche zu Fuß. In das Spital der heiligen Dreifaltigkeit kam er im Laufe des genannten Jahres sehr oft, um den armen Pilgern die Füße zu waschen und sie zu speisen. Gegen Bischöfe und Priester, die als Pilger nach Rom kamen, war er stets ein herablassender Freund und nahm sie in seinem Palast auf. Papst Urban baute in Rom auch ein Priesterseminar für Missionare und errichtete dort eine Druckerei. Er sorgte für die Sicherheit im Kirchenstaat, erbaute mehrere Festungen und verstärkte die Engelsburg. Auch nahm der Papst mehrere Heiligsprechungen vor, so die der Elisabeth von Portugal und des heiligen Franz Xaver, des Missionars für Indien.
Wenig kann im übrigen die Regierung dieses Papstes gelobt werden. Urban begünstigte nämlich zu sehr seine Verwandten und neigte sich stark auf die Seite Frankreichs. Gleichwohl unterstützte er auch den edlen deutschen Kaiser Ferdinand II. und den tapferen Bayernherzog Maximilian I., der ein Schutz und Schirm des katholischen Glaubens in Deutschland war. Unter diesem Papst entstand in Frankreich eine neue und ungemein gefährliche Irrlehre, der Jansenismus, der noch heute fortdauert und viel Unheil stiftet.
Viel wird dieser Papst geschmäht, daß er einen hoch gebildeten Mann grausam verfolgt habe, nämlich den berühmten Galilei. Allein Papst Urban war nicht ein Feind, sondern vielmehr ein Gönner des berühmten Gelehrten Galilei, wie die Geschichte überzeugend nachgewiesen hat. Die berühmten Entdeckungen dieses Mannes hat der heilige Vater weit mehr anerkannt und gefeiert als die Feinde des Papstes. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 653 – S. 654
Der Prozess gegen Galilei unter Urban VIII.
Unter dem Pontifikat Urbans VIII. fand der Prozess gegen Galilei statt, der noch gegenwärtig zu Schmähungen und Verleumdungen gegen die Kirche benützt wird. Nikolaus Kopernikus, Domherr zu Frankenberg, hatte 1543 in seinem Epoche machenden Werk nachgewiesen, daß nicht die Erde als Mittelpunkt des Weltalls anzusehen sei und daß sich die Erde um die Sonne drehe, nicht die Sonne um die Erde. Galilei suchte das System des Kopernikus zu begründen. Philosophen und Theologen bekämpften ihn und spielten den Streit auf das Gebiet des Glaubens hinüber. Man glaubte, daß diese Lehre gegen die Hl. Schrift verstoße, da es im Buch Josue heißt: „ Sonne stehe still zu Gibson und Mond im Tale Ajalon“. Im Jahre 1616 wurde der Beschluss der römischen Indexkongregation veröffentlicht, daß die Lehre von der Beweglichkeit der Erde und der Unbeweglichkeit der Sonne der Hl. Schrift widerspreche und daher dürfe diese Lehre nicht mehr festgehalten werden. Dieser Ausspruch darf für die damalige Zeit nicht Wunder nehmen. Ein wirklich naturwissenschaftlicher Beweis ward von Galileo Galilei auch nicht erbracht. Galilei war sich selbst seiner Sache nicht sicher. Über dies waren damals die meisten Gelehrten gegen dieses neue System und bekämpften es aufs entschiedenste, ganz besonders protestantische Theologen. Daher konnte die Kongregation betonen, daß man sich an die einmütige Erklärung der Väter zu halten habe, so lange noch nicht der Beweis für das Gegenteil erbracht sei. Hierauf gab die Kongregation des hl. Offiziers das Dekret vom 5. März 1616 heraus, welches irrtümlich die Lehre, daß die Erde sich um die Sonne bewege, verwarf. Paul V. approbierte zwar dieses Dekret einfachhin, aber er gab damit weder eine lehramtliche Entscheidung, noch wurde dieses Urteil als päpstliche Entscheidung oder Glaubenssatz der Welt verkündet; eine Entscheidung der hl. Inquisitions-Kongregation oder des hl. Offiziers ist keine Entscheidung ex cathedra. Da Galilei seine Lehre verteidigte, wurde ihm der Prozess gemacht. Am 22. Juni 1633 musste er abschwören. Daß er gefoltert wurde, wie auch, daß er die Worte gesprochen: „Und sie (die Erde) dreht sich doch!“ sind Erdichtungen des 18. Jahrhunderts. Seine Richter haben sich eben auch geirrt, wie sich weltliche Richter irren. Sie waren das Opfer einer alten Meinung. Im übrigen wurde Galilei mit Rücksicht und aller Schonung behandelt. Er ertrug sein Schicksal mit Ergebung und starb 1642 als guter Katholik, nachdem er die hl. Sakramente empfangen und den Segen Urbans VIII. erhalten hatte.
Weitere Verdienste des Papstes Urban VIII.
Auf kirchlichem Gebiet hat er so Erfolgreiches geleistet, daß seine Tätigkeit noch nachwirkt. Er verbesserte das römische Brevier und schrieb es für die ganze Kirche vor, er erweiterte die Propaganda, das großartige Institut zur Verbreitung des Glaubens, erließ wichtige Bestimmungen über die Selig- und Heiligsprechung und verminderte die Zahl der Feste.
Unsterbliche Verdienste um die Ausbreitung der Kirche hat sich Urban durch die Gründung des Kollegiums Urbanem (1. August 1672), welches jetzt mit der Kongregation de propaganda fide vereinigt ist, erworben. Es soll Priester für die Missionsländer, überhaupt für Priester bedürftige Gegenden heran bilden. Die Zöglinge dieses Institutes haben unter allen Himmelsstrichen Großartiges in der Bekehrung der Heiden und Irrgläubigen geleistet. Nicht wenige sind als Märtyrer gestorben.
In kirchenpolitischer Beziehung erlebte er wenig Erfreuliches. In Deutschland tobte der dreißigjährige Krieg. Urban unterstützte zuerst tatkräftig den Kaiser Ferdinand II und freute sich über dessen glückliche Waffenerfolge. Kardinal Richelieu, ein schlauer, französischer Politiker, dem die französischen Interessen höher standen als das Wohl de Kirche, täuschte den Papst und unter dem Vorwand, es handle sich um die Freiheit der Reichsstände gegen die Anmaßungen des Kaisers, wußte er Urban zu hindern, später dem Kaiser energischer beizustehen. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, III. Band, 1907, S. 570 – S. 572