Heiligenkalender
8. Juli
Die heilige Elisabeth Königin von Portugal
Die heilige Elisabeth war die Tochter des Königs Peter III. von Aragonien in Spanien und dessen Gemahlin Constantia, die Tochter Manfreds, des Königs von Sizilien. Bei ihrer Geburt versöhnten sich ihr Vater und Großvater. Von Kindheit an folgte sie den Eingebungen der Gnade in der Liebe zu Gott, zum Gebet, zu den Armen und zum Besuch der Kirchen, wo sie vor dem heiligsten Altarsakrament stets kniend betete. Von dem achten Jahre an betete sie täglich die priesterlichen Tagzeiten und setzte diese Gewohnheit fort, so lange sie lebte. Zur selben Zeit fing sie schon an, strenge zu fasten, besonders an den Samstagen und Vorabenden der Marianischen Festtage. Aus ihrem ganzen Benehmen leuchtete eine englische Reinigkeit hervor. Ihr Verstand überstieg das Alter, und ihre Tugenden flößten allen Hochachtung und Verehrung gegen sie ein.
Als sie frühzeitig mit Dionysius, König von Portugal, vermählt worden war, änderte sie nichts in ihrem frommen Leben, sondern benützte vielmehr ihre Standesverhältnisse, um die Andachten zu vermehren. Dreimal hielt sie im Jahr eine 40tägige Fasten, und zwar nur mit Wasser und Brot. Sie hatte ihre bestimmten Stunden zum Gebet und zu Arbeit. Niemals traf man sie müßig an; denn sie beschäftigte sich mit Gebet, geistlicher Lesung oder Arbeit. Was sie arbeitete, gab sie gewöhnlich zur Zierde der Kirchen, oder zum Trost der Armen. Die heiligen Sakramente empfing sie öfters, als sonst hohe Standespersonen zu tun pflegten, aber allzeit mit vorzüglicher Andacht und Vorbereitung. Als man in sie drang, ihr Gebet, ihre Arbeiten und Bußübungen zu vermindern, denn sie wäre ja eine Königin, sprach sie: „Wo ist denn das Gebet und die Abtötung nützlicher und notwendiger als da, wo die Versuchungen so zahlreich und die Gefahren am größten sind?“ Die Liebe gegen die Armen und Kranken hatte ihr ganzes Herz eingenommen. Sie pflegte zu sagen: „Ich bin von Gott auf den königlichen Thron erhoben, damit ich um so mehr Mittel hätte den Armen zu helfen.“ Einigen derselben ließ sie Getreide, anderen Kleider reichen. Wieder anderen verschaffte sie Wohnungen. Kein Tag ging vorüber, an welchem sie nicht einige Kranke besuchte. Als sie einst ein armes Weib, welches voll Geschwüre war, liebreich umarmte, wurde das Weib in demselben Augenblick vollkommen gesund. Sie pflegte an allen Feiertagen in der Fasten und an dem Gründonnerstag dreizehn armen Weibern die Füße zu waschen. Unter diesen traf sie einstmals eine an, welche ein Ekel erregendes Geschwür an einem Fuße hatte. Die heilige Königin küßte zur Abtötung nach der Fußwaschung auch ihr Geschwür, und in diesem Augenblick verschwand es. Auch machte sie einmal von Geburt blinde Person wieder sehend und heilte mit dem bloßen Kreuzzeichen verschiedene Kranke. Sie trug einst in ihrer Schürze eine ziemliche Geldsumme, welche sie unter die Armen austeilen wollte. Der ihr unerwartet entgegen kommende König fragte sie, was sie trage? Sie antwortete: „Rosen.“ Weil es aber nicht die Zeit war, wo es solche Blumen gab, wurde der König begierig, selbe zu sehen. Die Königin öffnete die Schürze, und der König sah in der Tat eine Menge Rosen, worüber er ganz erstaunt fort ging. Die heilige Königin aber dankte Gott, der ihr so wunderbar beigestanden war.
Als sie acht Jahre mit dem König in friedlicher Eintracht gelebt, und Gott ihnen eine Tochter Constantia und einen Sohn Alphons geschenkt hatte, fing der König an, mit Weibspersonen ausschweifend zu leben. Da die heilige Königin Jesus mehr als den König liebte, so schmerzte sie am meisten die Beleidigung Gottes; sie machte dem König keine Vorwürfe, zeigte sich voll Liebe und Sanftmut gegen ihn, und betete unaufhörlich um seine Bekehrung. Man hörte sie nie klagen wider ihn oder ihre Leiden. Ihre Geduld und Feindesliebe war so groß, daß sie den Weibspersonen, die mit ihrem Gemahl Schuld und Schande teilten, durch Wohltaten das Böse mit Gutem vergalt. Dadurch wurde endlich das Herz des verblendeten Königs so gerührt, daß er seine Verirrungen bereute und seine Liebe wieder ungeteilt der Königin zuwandte. Um aber den König vollkommen von der treuen Liebe der Königin zu überzeugen, ließ Gott zu, daß einer seiner Diener bei dem König einen adeligen Jüngling, dessen sich die Königin zur Austeilung der Almosen bediente, eines unehrbaren Umganges mit der Königin beschuldigte. Da beschloß der König, diesen Jüngling zu töten; er befahl einem Kalkbrenner, den Jüngling, der kommen und fragen würde, ob des Königs Befehl vollzogen sei, zu verbrennen. Nach diesem Kalkofen sandte nun der König den Jüngling; dieser ging dahin, wohnte aber, ehe er zum Kalkofen kam, unterwegs in einer Kapelle einer hl. Messe bei. Der Verleumder, von Rachsucht und Ungeduld getrieben, war ihm nachgeeilt und früher, als jener angekommen. Als er nun fragte, ob des Königs Befehl vollzogen sei, ward er sogleich ergriffen und in die Glut geworfen. Der König erkannte darauf die Unschuld des Jünglings und seiner heiligen Gemahlin, sowie die strafende Gerechtigkeit Gottes. Diese Begebenheit verherrlichte der Dichter Schiller in seinem Gedicht „Der Gang zum Eisenhammer“.
Später strafte Gott die Untreue des Königs gegen seine getreue Gemahlin durch die Untreue seines Sohnes Alphons, der einen Aufruhr erregte und gewaltig nach der Krone strebte. Die Bemühungen der heiligen Elisabeth, ihren Sohn von dieser Ungerechtigkeit abzubringen, erregten bei dem König den Verdacht, sie sei mit ihm einverstanden; deshalb entzog er ihr alle Einkünfte und verbannte sie auf einen Meierhof. Elisabeth ertrug auch dieses Leiden, wie das der Untreue des Königs, und hörte nicht zu bitten und zu mahnen auf, bis sie Vater und Sohn, die bereits mit ihren Heeren einander gegenüber standen, versöhnt hatte. Von dieser Zeit an lebte sie mit ihrem Gemahl in Frieden bis zu dessen Lebensende.
Bald darauf fiel der König in eine schwere Krankheit; die heilige Elisabeth pflegte und tröstete ihn mit aller Liebe einer treuen und christlichen Gattin und half ihm zu einem seligen Tode. Nach seinem Verscheiden ging sie in das nächste Zimmer, warf sich vor dem Kruzifix nieder auf die Erde und opferte sich aufs neue Gott dem Herrn zu seinem Dienst. Dann legte sie die königliche Kleidung ab, schnitt sich selbst die Haare ab, kam als Mitglied des 3. Ordens des heiligen Franziskus (mit einem Ordenskleid der Klarissen angetan) in das Zimmer, wo die Vornehmsten des Hofes versammelt waren, und bat sie, man wolle sie künftig nicht mehr Königin nennen, noch sie als solche betrachten. Hierauf begab sie sich in das von ihr für Klarissen gestiftete Kloster zur heiligen Klara in Coimbra mit dem Vorsatz, sich der Zahl der Klosterfrauen anzuschließen. Weil man ihr aber vorstellte, daß sie außer dem Kloster viel mehr zur Ehre Gottes und zum Besten der Armen tun könne, so ließ sie sich nächst dem Kloster eine Wohnung bauen und brachte hier die noch übrige Zeit mit gottseligen Übungen zu. Keine andere Sorge nahm sie mehr über sich, als für arme Waisen, bedürftige Witwen und Kranke, denen sie nach Möglichkeit zu Hilfe kam, solange sie lebte. Zweimal verrichtete sie eine Wallfahrt nach Compostela zu dem Grab des heiligen Apostels Jakobus, und zwar das erste Mal gleich nach dem Tode des Königs, das zweite Mal aber zur Jubiläumszeit. Die letztere verrichtete sie zu Fuß mit zwei Frauen, indem sie sich durch Verkleidung unkenntlich machte und sich die notwendige Nahrung erbettelte. Als sie von der letzteren Wallfahrt zurückkehrte, bekam sie Nachricht, es hätte sich ihr Sohn Alphons IV., der König entschlossen, gegen den König Alphons XI. von Kastilien, ihren Schwiegersohn, zu führen. Die heilige Witwe machte sich sogleich auf den Weg, die zwei erbitterten Gemüter zu vereinigen. Als sie aber nach Estremadura kam, erkrankte sie infolge der vielen ausgestandenen Beschwerden tödlich. Sie bereitete sich mit aller Sorgfalt zu ihrem hinscheiden. Die heilige Wegzehrung empfing sie kniend vor dem Altar in der Kleidung der Klarissen. Sie ermahnte ihren Sohn zur Einigkeit und alle zu einem christlichen Lebenswandel. Hierauf richtete sie zu der Mutter Jesu, welche sie von ihrer Kindheit an beständig verehrt hatte, ihr gewöhnliches Gebet: „Maria, Mutter der Gnaden! Mutter der Barmherzigkeit! Beschütze mich vor dem bösen Feind und nimm mich auf in der Stunde des Todes!“ Maria erschien sichtbar ihrer getreuen Dienerin und erfüllte sie mit himmlischem Trost. Auf diese Weise gestärkt, gab sie ihren Geist auf am 4. Juli 1336 im 65. Lebensjahr. Man fand ihren heiligen Leichnam im Jahre 1612 noch unverwest. Ein lieblicher Geruch, der aus demselben hervor drang, erquickte alle Anwesenden. Ihr Grab wurde durch viele und große Wunder verherrlicht. Papst Urban VIII. sprach sie heilig 1625 und bestimmte den 8. Juli zu ihrem Verehrungstag. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S.525-528