Papst Hadrian II. (867-872)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Das Fundament des Hl. Stuhls ist Christus

Papst Hadrian II. (regierte von 867 bis 872)

Papst Hadrian II.: PorträtEr führt den Beinamen „Vater der Armen“, ein Name, der den meisten Päpsten mit Recht beigelegt werden könnte. Denn die Mehrheit aus ihnen lebte möglichst einfach, nur um die Armen möglichst unterstützen und trösten zu können. Wollten wir alle die Nachfolger des heiligen Petrus mit Namen anführen, die Freunde der Armen waren, so müssten wir wohl wieder alle die Päpste aufzählen, welche wir bis jetzt kennengelernt haben.

Aus der Familie, welcher der greise Hadrian angehörte, gingen auch die Päpste Stephan IV. und Sergius II. hervor. Ehe unser Papst in den Stand der römischen Geistlichkeit eintrat, war er verheiratet, verlor aber seine Frau bald darauf durch den Tod.

Gregor IV. hatte ihm die Weihe des Subdiakonats gegeben und die Würde eines Kardinals bei der Kirche St. Marco erteilt. Von da an stand er mehreren Päpsten sehr nahe und hatte jederzeit Zutritt im päpstlichen Palast. Seine Liebe für die Armen gewann ihm die ganze Stadt; denn durch sein tadelloses Leben und eine an das Wunderbare grenzende Wohltätigkeit hatte sich Hadrian die Achtung aller erworben. (1) Schon zweimal, nach dem Tod Papst Leo IV. und Benedikt III., dachte man daran, ihn auf den Heiligen Stuhl zu erheben, aber in seiner Demut wusste er der gefahrvollen Ehre jedes Mal auszuweichen.

Nach dem Ableben des heiligen Nikolaus konnte sich aber Hadrian der höchsten apostolischen Würde nicht mehr entziehen, so sehr sich seine Demut auch dagegen sträubte. Geistlichkeit und Volk war einstimmig für ihn, die Zeitverhältnisse aber so drohend, dass er das hohe Amt annehmen musste.

(1) Sein Haus war für alle Pilger, sowie für alle Armen, Bittenden und Ratsuchenden stets geöffnet. Man erzählt von ihm, dass sich eines Tages bei Austeilung von Almosen das Geld wunderbarer Weise vermehrt habe. Er hatte nämlich zugleich mit einigen anderen Priestern 40 Geldstücke vom Papst Sergius empfangen. Obgleich er nun an alle Arme, welche haufenweise seine Tür umlagerten, so dass ihm der Eingang völlig versperrt wurde, je drei Geldstücke ausgeteilt und außerdem einem jeden von seinen Dienern gleichfalls drei geschenkt hatte, blieben ihm doch noch 6 Geldstücke übrig.

Selbst überrascht, sagte er zu seinem Hausmeister: „Siehe, wie freigebig der Herr ist. Weil wir von diesen 40 Stücken einem jeden unserer Brüder drei mitgeteilt haben, hat er für dich und für mich noch je drei aufbewahrt.“ Dieselbe Mildtätigkeit bewies er auch als Papst. (Hamerle, S. 275)

Gleich nach der Erhebung Hadrians auf den päpstlichen Thron, am 14. Dezember des Jahres 867, wurde Rom vom Herzog Lambert von Spoleto überfallen und durch Raub und Plünderung verwüstet. Die meisten Teilnehmer an dieser Gewalttat zwang Hadrian durch kirchliche Strafen zur Buße, Herzog Lambert aber verlor durch ein kaiserliches Gericht seinen Thron.

Sehr bald wurde der Papst auch von häuslichem Unglück getroffen. Seine Tochter wurde von Eleutherius, dem Sohn des Bischofs Arsenius von Orta in Toskanien, entführt. Als Eleutherius vom Kaiser vor ein Gericht geladen wurde, ermordete er aus Rache die Tochter des Papstes und wurde deshalb zum Tode verurteilt.

Papst Hadrian bezeichnete seine Erhebung auf den Heiligen Stuhl durch eine edle Tat der Milde und bewies im allgemeinen solche Nachgiebigkeit, dass die Anhänger des heiligen Nikolaus ängstlich wurden. Hadrian hatte nämlich mehrere von Papst Nikolaus verurteilte Bischöfe begnadigt, so den Erzbischof Thiedgaud von Trier, Bischof Zacharias von Anagni und andere. Diese Befürchtungen waren so allgemein und lebendig, dass mehrere Bischöfe des Abendlandes Briefe an den Papst schickten, in denen sie dem Andenken seines berühmten Vorgängers das höchste Lob spendeten und Hadrian baten, dessen strengen Ernst nachzuahmen. Ja, einige Ordensleute aus Griechenland und andern Ländern, die sich zufällig in den ersten Tagen der Regierung unseres Papstes in Rom aufhielten, sonderten sich für einige Zeit sogar von seiner Gemeinschaft ab.

Papst Hadrian kannte die über ihn verbreiteten Gerüchte sehr wohl und suchte nur eine geeignete Gelegenheit, um aller Welt zu offenbaren, wie er zu regieren entschlossen sei. (2) Bald genug hatte der heilige Vater auch Gelegenheit, seine Übereinstimmung mit seinem seligen Vorgänger, dem heiligen Papst Nikolaus, durch die Tat zu beweisen.

(2) Den Ernst seines Charakters trotz aller Milde anerkennt auch der Protestant Gregorovius, der schreibt: „Hadrian war kein schwacher Charakter, sondern mit Entschiedenheit führte er, was Nikolaus begonnen hatte, in demselben Geist fort.“ Da der greise Papst bei aller Milde unerschütterliche Prinzipientreue und Charakterfestigkeit bewies, hatte er auch fortwährend mit Schwierigkeiten zu kämpfen. (Hamerle, S. 276)

Der erste, welcher von der Milde des neuen Papstes einen Vorteil zu ziehen hoffte, ohne sich bessern oder seiner Leidenschaft entsagen zu müssen, war König Lothar, den wir aus dem Leben des heiligen Papstes Nikolaus schon kennen.

Der Ärgernis erregende Ehestreit des Königs Lothar und seiner Gemahlin Theutberga setzte sich nämlich auch noch unter der Regierung des gegenwärtigen Papstes fort. Lothar schrieb an den Papst: „Ich unterwerfe mich der Macht des heiligen Papstes Nikolaus oder vielmehr der des Apostelfürsten Petrus mit einer meinen Vorfahren gewiss unbekannten Bereitwilligkeit. Ich befolge die väterlichen Wünsche und die Ermahnungen seiner Gesandten, selbst zum Nachteil meiner königlichen Würde. Ich habe den Papst sogar gebeten, selbst nach Rom kommen und mich von den Verleumdungen reinigen zu dürfen. Aber er hat es mir verweigert und mich gehindert, den Apostolischen Stuhl zu besuchen, dessen Beschützer meine Ahnen gewesen sind.“

Dieser Brief enthält kein Wort der Reue oder des aufrichtigen Bekenntnisses. Dennoch hoffte der sündhafte König vom Papst Verzeihung, weil er die verstoßene Königin überredet hatte, nach Rom zu reisen und dort die Auflösung der Ehe zu erwirken. Der Papst antwortete dem König mit Würde und Milde, ein Besuch in Rom sei ihm unverwehrt; wenn er sich frei wisse von den ihm vorgeworfenen Verbrechen, so solle er kommen, um den päpstlichen Segen zu empfangen; fühle er sich aber schuldbewusst, so solle er kommen, um eine vom Papst bestimmte Buße zu übernehmen.

Nun kam König Lothar wirklich nach Rom, um vom Papst Verzeihung zu erbitten. Er traf ihn in Monte Cassino, in dem uns bereits bekannten berühmten Benediktiner-Kloster. Der König schwur feierlich, dass er, seit Papst Nikolaus ihn aus der Kirche auszuschließen drohte, nie mehr mit Waldrada zusammengelebt habe. Auch die Begleiter des Königs leisteten einen Eid, dass sie mit der mit dem Bann belegten Scheinkönigin nie verkehrt hätten.

Dadurch erhielten sie vom Papst die Gnade, dass er in ihrer Gegenwart die heilige Messe las und ihnen die Kommunion reichte. Hierauf begleitete der König mit seinem Gefolge den Vater der Christenheit nach Rom und wollte dann nach Frankreich zurückreisen. Aber schon in Piacenza befiel ihn eine Krankheit, an der er am 6. August des Jahres 869 starb. Auch viele aus seinem Gefolge wurden eine Beute des Todes. (3)

(3) Er beschwor mit mehreren Eideshelfern, dass er mit Waldrade, seit sie Nikolaus I. exkommuniziert hatte, keinen Umgang mehr gehabt habe. Lothar leistete seinen Eid mit vielen aus seinem Gefolge. Darauf las der Papst die heilige Messe, gab König Lothar ein Zeichen, sich dem Kommuniontisch zu nähern und den Leib Christi in den Händen haltend, sprach er:

„Wenn Ihr Euch des Ehebruchs, der Euch vom Papst Nikolaus untersagt worden ist, für unschuldig erachtet, und wenn Ihr fest und entschlossen seid, nie in Eurem Leben mit Waldrade, Eurer Konkubine, verbrecherischen Umgang zu pflegen, so tretet ohne Scheu hinzu, zu empfangen das Sakrament des ewigen Heils, dass es Euch dienen wird zur Vergebung der Sünden. Wenn Ihr aber den Willen habt, den Ehebruch fortzusetzen, so tretet zurück und habt nicht die Vermessenheit, den heiligen Leib zu empfangen, damit er, den Gott für seine Gläubigen als Heilmittel verordnet hat, Euch nicht ewige Verdammnis bereite.“

Bei diesen furchtbaren Worten blieb Lothar unerschüttert. Von seiner Leidenschaft geblendet, trat er ohne Zögern hinzu und empfing aus den Händen des Papstes die heilige Kommunion. Darauf wandte sich der Papst zu den Begleitern des Königs mit den Worten: „Wenn ihr den bezeichneten Handlungen eures Königs nicht zustimmt und keine Gemeinschaft mit Waldrade und den übrigen vom Heiligen Stuhl exkommunizierten Personen gepflogen habt, so gereiche euch der Leib und das Blut unseres Herrn Jesu Christi zum ewigen Leben.“ Einige traten zurück, die meisten aber empfingen die heilige Kommunion…

Voll Freude verließ Lothar Rom und machte mit seinen Freunden noch frivole Bemerkungen, doch das Gericht Gottes ereilte die Frevler. Alle Herren seines Gefolges, die in ihrer Vermessenheit an jener Kommunion teilgenommen hatten, wurden im Laufe des Jahres vom Tode ereilt. Einer nach dem anderen erlagen sie einer gefährlichen Fieberkrankheit. Trotz so vieler erschreckenden Todesfälle wollte Lothar den Finger Gottes nicht erkennen. Noch in voller Gesundheit kam er in Piacenza an. Hier wurde er plötzlich ohnmächtig, brach sprachlos zusammen und starb … um 2 Uhr nachmittags….

Wer jetzt herbeieilte, um den unglücklichen und charakterlosen Fürsten eine wehmütige Träne aufs Grab zu weinen und sich um sein Seelenheil zu kümmern, das war die fromme, von ihm jahrelang misshandelte und verfolgte Theutberga. So rächte sich die edle Fürstin für die Schmach, die ihr der treulose Wüstling angetan hatte. Fürwahr ein heroisches Denkmal treuer ehelicher Liebe. Zum Ableben Lothars schreibt der Protestant Gregorovius: „In seinem Tod erblickte die Welt das wohlmeinende Strafgericht des Himmels für Meineid und Buhlerei.“ (Hamerle, S. 277f)

Die Umstände veranlassten den Papst Hadrian, sich auch um die weltlichen Streitigkeiten Frankreichs zu kümmern. König Lothar war nämlich dort ohne Nachkommen gestorben. Sein Land fiel nach dem Erbrecht an seinen Bruder, Kaiser Ludwig II.

Der ländersüchtige Karl der Kahle benützte aber die Gelegenheit, die Erbschaft an sich zu reißen, während Kaiser Ludwig im Kampf mit den Sarazenen lag und den Papst bat, ihm seine Rechte zu wahren. Das tat dieser auch mit aller Entschiedenheit und zeigte sich ebenso wie sein heiliger Vorgänger als einen Beschützer des Rechtes und der Gerechtigkeit. Aber Karl der Kahle ließ sich im September des Jahres 869 zu Metz durch den Erzbischof Hinkmar als König von Lothringen krönen und salben. In derber Weise wiesen Hinkmar und Karl die päpstlichen Ansprüche für den Kaiser zurück.

Hinkmar, Bischof von Laon, ein Neffe des Erzbischofs Hinkmar von Reims, stimmte dem tyrannischen König Karl dem Kahlen nicht zu und schickte über den König und seinen Oheim ungünstige Berichte nach Rom. Dafür wurde er vom Erzbischof Hinkmar, der auf Seiten des Königs stand, nach mehrfachen Verhandlungen auf einer Versammlung im Jahr 871 abgesetzt. Diese Handlungsweise war offenbar ungerecht, da der Bischof von Laon unschuldig verfolgt wurde. Der Papst trat für ihn ein; allein „Gewalt ging vor Recht“, der unschuldige Bischof blieb abgesetzt, wurde in die Verbannung geschickt und später gewaltsam seines Augenlichtes beraubt. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 309 – S. 315

Unter diesem Papst kamen die Slawen-Apostel, die Heiligen Cyrillus und Methodius nach Rom und brachten die zu Cherson aufgefundenen Reliquien des heiligen Papstes Klemens I. mit. Sie hatten die Bewohner Mährens bekehrt und auch in Böhmen segensreich gewirkt. Hadrian war darüber hoch erfreut. Er weihte sie zu Bischöfen über die von ihnen bekehrten Völker. Cyrill jedoch trat zu Rom in ein Kloster, wo er am 14. Februar 869 starb und in der Klemenskirche beigesetzt wurde. Methodius kehrte zurück und arbeitete an der Bekehrung der Slawen unverdrossen weiter.

Die Hl. Cyrillus und Methodius wurden als Glaubensboten der Slawen verehrt. Sie wurden um die Mitte des 9. Jahrhundert zuerst zu den Chazaren (*) , dann zu den Bulgaren gesandt, die sie fast vollzählig bekehrten. Endlich wirkten sie erfolgreich bei den Böhmen und Mähren und erwarben sich große Verdienste um die slawische Sprache. In Rom wurden sie beim Papst verklagt, als ob sie nicht den rechten Glauben predigten, konnten sich jedoch glänzend rechtfertigen. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, II. Band, 1907, S. 278 – S. 279

(*) siehe dazu auch den Beitrag auf weltgeschehen.info: Die Christianisierung der Chazaren

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