Fundament des heiligen Stuhles ist Christus

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Das Fundament des Heiligen Stuhles ist Christus

Einleitung

Sie regierten vom Jahre 858 bis zum Jahr 964 und heißen:

Hl. Nikolaus I. 858-867
Hadrian II. 867-872
Johann VIII. 872-882
Marinus I. 882-884
Hl. Hadrian III. 884-885
Stephan VI. 885-891
Formosus 891-896
Bonifaz VI. 896
Stephan VII. 896-897
Romanus 897
Theodor II. 897
Johann IX. 898-900
Benedikt IV. 900-903
Leo V. 903
Christophorus 903-904
Sergius III. 904-911
Anastasius 911-913
Lando 913-914
Johann X. 914-928
Leo VI. 928
Stephan VIII. 929-931
Johann XI. 931-936
Leo VII. 936-939
Stephan IX. 939- 942
Marinus II. 942-946
Agapet II. 946-955
Johann XII. 955-964

Die katholische, von Jesus Christus zum Heil der Menschheit gestiftete Kirche wird gern mit einem Schiff verglichen, das oft mit schwerem Sturm zu kämpfen hat. Im letzten Viertel des neunten und im zahnten Jahrhundert brach ein solcher Sturm über Rom herein, dass er ohne Zweifel das Papsttum vernichtet hätte, wenn es nur eine menschliche Einrichtung gewesen wäre. Der Sturm, den die Kirche und die Päpste im neunten und zahnten Jahrhundert bestanden, war noch gefährlicher als die Völkerwanderung.

Daher können wir sagen, dass der Heilige Stuhl gerade in dieser Zeit die Feuerprobe glänzend bestand. Weil damals das „alte Gebäude“ nicht unterging, sondern fest stehen blieb, so zeigt sich auch hierin wieder, dass es ein übernatürliches Fundament hat, auf dem es ruhen kann. Und dieses übernatürliche Fundament ist Christus. Darum geben wir diesem Zeitabschnitt die Aufschrift: „Das Fundament des Heiligen Stuhles ist Christus!“

Am Ende des neunten und im zehnten Jahrhundert, also in dem Zeitabschnitt, den wir jetzt beschreiben müssen, trafen mehrere sehr gefahrvolle Ereignisse zusammen, die dem Heiligen Stuhl unsägliche Leiden brachten. Es ist uns schon aus einem früheren Abschnitt bekannt, dass in Arabien der Prophet Mohammed eine neue Religion gepredigt hat.

Durch die Schuld der griechischen Kaiser war es möglich geworden, die neue Lehre in Asien und in Afrika zu verbreiten und Millionen von Menschen zu zwingen, sie anzunehmen. Mit einer fast unwiderstehlichen Gewalt griffen die Mohammedaner den ganzen Süden von Europa, besonders Italien an. Rom selbst wurde mehrmals bedroht, wie wir im vorigen Abschnitt gehört haben. Es lag ja im Plan der Anhänger Mohammeds, das Christentum auch in Europa zu vernichten.

Um das Elend und die Gefahr noch größer zu machen, kamen aus dem Norden von Europa die wilden Normannen. Sie raubten, mordeten und eroberten sich mit dem Schwert in der Hand eine wärmere Heimat in den christlichen Ländern. Mit ihnen traten auch noch die Slawen als Feinde des christlichen Europas auf. Auch aus Nordosten kamen beutelustige Scharen, nämlich die Ungarn.

Die unbezwingliche Faust eines Karl des Großen wäre notwendig gewesen, um so vielen Feinden Widerstand leisten zu können. Statt dessen waren seine Nachkommen kraftlose Regenten geworden, die beständig untereinander Krieg führten und ihre Länder unglücklich machten. Das schöne und große Reich, welches das Glück und die Tapferkeit des großen Karl gegründet hatten, war in viele kleinere Reiche zerfallen. Dennoch wäre jedes einzelne Reich für sich imstande gewesen, die äußeren Feinde abzuwehren. Allein es fand sich kein tapferer Kaiser, der die Völker zum Sieg hätte führen können.

Zum Unglück machten diese schwachen Fürsten auch noch den argen Missgriff, dass sie in Feindschaft mit den Päpsten traten.

Karl der Große war ein gewaltiger Herrscher. Er erkannte aber recht gut, dass zwei Gewalten zusammen helfen müssen, um auf der Welt Frieden und Ordnung zu erhalten; er erkannte, dass alle Ordnung und aller wahrer Fortschritt an das Papsttum geknüpft ist. Der große Kaiser Karl wollte, dass der Friede und die Eintracht zwischen den Päpsten und seinen Söhnen und Enkeln fortdauere. Dieses hat er seinen Nachfolgern mit allem Ernst ans Herz gelegt.

Der Sohn des großen Kaisers, Ludwig der Fromme, betrachtete sich ebenfalls als Schirmherr der Päpste, indem er zu seinen Söhnen sagte: „Weil es der göttlichen Vorsehung gefallen hat, meine Armseligkeit zu bestimmen, dass ich für das Wohl der Kirche sorge, so wünsche ich, dass auch meine Söhne und Freunde dafür kämpfen.“ Allein es blieb beim frommen Wunsch.

Statt mit den Päpsten Hand in Hand zu gehen, und gemeinsam mit ihnen am Wohl der Völker zu arbeiten, statt sie gegen die Tyrannen zu schützen, traten sie selbst feindselig gegen die Kirche auf. Sie betrachteten sogar, wie einst die Griechenkaiser, die Päpste als ihre Untergebenen. Diese verkehrte Anschauung führte zur heillosesten Verwirrung im Staat und in der Kirche. Und die von allen Seiten herbei stürmenden Feinde fanden darum keinen kräftigen Widerstand.

Die Lage des Heiligen Stuhles war also eine sehr gefahrvolle. Er glich in Wahrheit einem Schiff, das von einem furchtbaren Sturm umhergeworfen wird. In einer so verwirrten und bedrängten Zeit, in der die bischöflichen Stühle verwaist oder mit unwürdigen Männern besetzt waren, die Klöster im Schutt lagen und überall Verwüstung zu sehen war, hätten auf dem Heiligen Stuhl nur ausgezeichnete Männer sitzen sollen. Allein das war nicht der Fall. Und wenn wirklich einmal ein kräftiger Papst auftrat, drohten ihm Kerker, Gift und Dolch.

In Konstantinopel bestieg, wie wir im Leben des heiligen Papstes Nikolaus sehen werden, ein gewisser Photius den bischöflichen Stuhl. Dieser ehrgeizige Mensch war noch nicht einmal Priester, als er sich zum Patriarchen ausrufen ließ. Er empörte sich gegen den Papst und verleitete das Morgenland zur Trennung von der Kirche Jesu Christi zu einer Zeit, als der Heilige Stuhl in Europa so schwere Prüfungen zu bestehen hatte. Wir fragen daher mit Recht, wie es möglich war, dass die Päpste dennoch siegreich aus diesen Gefahren hervorgehen konnten? Die Antwort darauf lautet nur: Christus ist das Fundament der Kirche.

Noch wichtiger und lehrreicher für uns ist eine andere Frage. Warum hat Gott diesen gefährlichen Sturm über Rom und seine Kirche überhaupt kommen lassen? Und die Antwort lautet wiederum: Es sollte auch auf diese Weise offenbar werden, dass Christus das Fundament ist, auf dem die Kirche ruht. Nichts ist imstande, dieses Gotteswerk zu vernichten; das zeigt uns besonders das neunte Jahrhundert. Darum sagte auch einst der gelehrte Bellarmin: „Damit wir nicht etwa glauben, dass der Heilige Stuhl nur wegen des tadellosen Lebens und der unbescholtenen Sitten der Päpste so lange gestanden ist, ließ es Gott zu, dass auch einige weniger tugendhafte Päpste den Heiligen Stuhl auf einige Zeit inne hatten.“

Noch eine andere wichtige Lehre wird uns im gegenwärtigen Zeitabschnitt klar werden. Man sagt so oft, dass die Päpste sich die oberste Leitung in der Kirche angemaßt haben. Wenn aber die päpstliche Macht eine willkürlich angemaßte wäre, so hätte sie im neunten und zehnten Jahrhundert ganz gewiss für immer verloren gehen müssen. Das Reich des großen Kaisers Karl ruhte auf der Tapferkeit dieses Fürsten. Es zerfiel, sobald diese Kraft in seinen Nachkommen erlosch. Es wurde schwach, nachdem die Hände schwach wurden, welche es tragen, stützen und erhalten sollten. Die Schwächen der Herrscher bereiteten dem Thron und dem Reich der Karolinger den Untergang. Nicht so war es und ist es in der katholischen Kirche.

Trotzdem mehrere unwürdige Päpste den Stuhl Petri einige Zeit inne hatten, zerfiel die päpstliche Macht nicht, weil sie eben auf dem von Christus gegründeten unerschütterlichen Felsen stand. Zu der nämlichen Zeit nimmt sich keine menschliche Macht um die Päpste an. Ränkesüchtige Barone, liederliche Weiber treiben in Rom ihr Unwesen und stören das Wirken der Päpste, räumen missliebige Personen aus dem Wege, verleumden edle Männer, beeinflussen die Papstwahlen, aber der Heilige Stuhl wankt nicht. Das geistige Reich der Kirche Christi nimmt nicht ab, sondern breitet sich auch in dieser Zeit zusehends aus. Dies lässt sich nur erklären, wenn wir bedenken, daß Jesus Christus das Fundament des Heiligen Stuhles ist.

Nachdem wir nun im allgemeinen die Zeit, welche wir beschreiben wollen, geschildert haben, wollen wir jetzt das Leben und Wirken der einzelnen Päpste näher kennen lernen. Die edle und erhabene Gestalt des heiligen Nikolaus tritt uns zuerst in ihrem Glanz entgegen. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 293 -S. 296

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