Kirchenversammlung in Konstantinopel (869)

Die Kirchenversammlung in Konstantinopel im Jahr 869

Während alles dieses im Abendland sich ereignete, nahmen die Zustände des Morgenlandes eine etwas günstigere Wendung. Die Ursache war die Einigkeit zwischen Kaiser Basilius und dem heiligen Patriarchen Ignatius. Sogleich nach der Vertreibung des Photius eilten Gesandte zum Papst Nikolaus, den sie aber nicht mehr am Leben trafen. Die Gesandten übergaben daher die mitgebrachten Briefe dem neu gewählten Papst Hadrian.

Mit großer Freude vernahm dieser die guten Nachrichten und die Bitte des Kaisers, die Berufung einer allgemeinen Kirchenversammlung zu gestatten, um die Trennung zwischen der morgenländischen und abendländischen Kirche zu beendigen. Alsbald ließ er drei Gesandte, zwei Bischöfe und einen Diakon Marinus, der später Papst wurde, nach Konstantinopel abreisen. Sie hatten Briefe an den Patriarchen und den Kaiser zu überbringen.

„Mit großer Freude“, so schrieb der Papst an Basilius, „hat das ganze Abendland die Vertreibung des Photius vernommen. Was die Maßregeln gegen den Abtrünnigen angeht, so überlasse ich das der Einsicht meiner Gesandten, die sich mit meinem ehrwürdigen Bruder, dem Patriarchen Ignatius, besprechen werden. Ich bin sehr gern bereit, Nachsicht gegen alle Schuldigen zu üben, den Photius ausgenommen, dessen Weihe ungültig ist. Auch billige ich die Abhaltung einer Kirchenversammlung, um die Schuldigen zu strafen, die Angriffe auf die Würde des Heiligen Stuhles zu widerlegen und die Akten der Versammlung von Rom gegen Photius zu unterschreiben.“

Die römischen Gesandten trafen im September des Jahres 869 in Konstantinopel ein, wo sie von einer jubelnden Volksmenge in der Stadt geleitet wurden. Der Kaiser selbst empfing sie, umgeben von seinem glänzenden Hofstaat, in seinem Palast.

Alsbald wurde die achte allgemeine Kirchenversammlung in der prächtigen Sophienkirche daselbst eröffnet. Sie war die letzte im Morgenland und dauerte vom 5. Oktober des Jahres 869 bis zum 28. Februar des folgenden Jahres. Den ersten Platz nahmen dabei die Gesandten der römischen Kirche ein. Der Kaiser ließ sich durch elf angesehene Männer seines Hofes vertreten. Als in diese Versammlung zwölf Bischöfe eintraten, welche noch die Merkmale der Verfolgung an sich trugen, erhob sich die erhabene Versammlung aus Ehrfurcht vom Sitze. Hierauf las man das von Papst Hadrian übersendete Schreiben vor.

In der nächsten Sitzung ging man daran, die Bischöfe und die Geistlichen, welche sich der Buße unterwarfen und Reue zeigten, wieder in die Kirche aufzunehmen. Nur wenige blieben übrig, die ihre Fehler nicht einsahen, sondern in ihrer Verkehrtheit beharrten.

Photius und sein Kampf gegen die Päpste: Ikone von Photius in Kiew

Selbst Photius erschien in der Versammlung. Anfangs beteuerte er seine Unschuld und erklärte sich für einen ungerecht Verfolgten. Da entschloss sich Kaiser Basilius, selbst einer Sitzung anzuwohnen, vor der Photius erscheinen musste. Da kam dieser mit dem Hirtenstab eines Patriarchen in der Hand und erklärte, dass er sich weder dem Römischen Stuhl, noch einem Engel vom Himmel unterwerfen könne in den Punkten, die gegen die Vernunft und gegen die Gesetze der Kirche seien.

Der Kaiser gab dem Photius und seinen Anhängern nach einer langen Ermahnung zur Unterwerfung sieben Tage Bedenkzeit und ließ in der siebenten Sitzung den Photius wieder vorführen; dieser erklärte aber, er sei nur dem Kaiser, nicht aber den päpstlichen Gesandten Rechenschaft abzulegen bereit, und beharrte trotzig auf seinen angeblichen Rechten.

Auf dieses hin erklärten die römischen Gesandten, dass Photius durch das Urteil des heiligen Papstes dem Kirchenbann verfallen sei. Photius wurde aus der Gemeinschaft der Kirche Christi ausgeschlossen, die ihm anhängenden Geistlichen wurden für immer abgesetzt, die von ihnen Geweihten als nicht geweiht erklärt. Der Friede zwischen Morgen- und Abendland war somit geschlossen und die Eintracht zwischen Rom und Konstantinopel wieder hergestellt, die päpstlichen Gesandten und die griechischen Bischöfe hatten sich in allen wichtigen Angelegenheiten geeinigt.

Freilich blieb trotzdem noch viel Misstrauen und Eifersucht bei den Morgenländern zurück. Nachdem alle Arbeiten vollendet waren, sprach der Kaiser Basilius noch ein Wort, das er selbst zu schnell vergaß: „Wer gegen diese heilige Versammlung etwas vorzubringen hat, der möge es sagen, solange die Bischöfe noch hier sind. Hernach findet vor mir niemand mehr Gnade, mag er was immer für eine Stellung einnehmen. Haltet den Frieden unter euch und bewahret die Einheit, welche ihr auf dieser Versammlung geschlossen habt. Den Weltleuten ist es nicht gestattet, über kirchliche Fragen zu streiten. Die Wissenschaft und Tugend, die einem Weltmann ziemt, ist die, dass er den geistlichen Hirten folgt. Hüten wir uns, unsere Richter zu richten und leben wir in der Unterwürfigkeit.“

Es sind goldene und kluge Worte, die der Kaiser des Morgenlandes hier sprach. So wollte es die göttliche Vorsehung, dass das gesamte Morgenland, auf dieser allgemeinen Versammlung zum letzten Mal geeint, vor allen Völkern und Jahrhunderten, sowohl durch seine Patriarchen als durch den Kaiser die oberste Gewalt des Römischen Stuhles anerkannte, und ebenso die Notwendigkeit, mit ihm vereinigt zu sein, um selig werden zu können. „Gott wollte“, sagt der Geschichtsschreiber Rohrbacher, „dass das Morgenland in diesem Wort sich vor der Trennung von Rom sein eigenes Urteil sprach.“

Bevor die römischen Gesandten Konstantinopel verließen, kam vom Bulgarenkönig Bogoris noch eine Gesandtschaft, um anzufragen, ob die bulgarische Kirche unter dem Patriarchen von Konstantinopel stehen oder unmittelbar von Rom aus geleitet werden sollte. Die päpstlichen Gesandten verlangten das letztere, während ihnen die Griechen widersprachen. Das war die Ursache, dass die Bulgaren später in den Abfall der Griechen mit hineingezogen wurden. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 312 – S. 314

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