Heiligenkalender
7. September
Der heilige Petrus Claver Apostel der Neger
Dieser selige (*), im Jahre 1581 zu Verdu in Spanien geboren, war der sehr begabte Sohn hoch adeliger, frommer Eltern, studierte mit glänzender Auszeichnung bei den Jesuiten zu Barcelona und erhielt die Aufnahme in ihren Orden 1602, die er begrüßte mit dem Gebet: „O mein Gott, wie bist Du so unendlich gut! Könnte ich doch aus Dank für diese Gnade mich ganz in Liebe zu Dir auflösen! O Maria, teuerste Mutter, danke du für mich deinem geliebten Sohne Jesus und hilf mir, daß ich sein werde, wie Er mein ist!“
Nach dem Noviziat studierte er die Philosophie auf der Insel Mallorca, wo er an dem hoch begnadigten Bruder Alphons Rodriguez, den Leo XII. am 12. Juni 1825 selig gesprochen, einen vortrefflichen Lehrer des inneren Lebens fand.
Mit Bewilligung der Obern reiste Petrus im Jahre 1610 als Missionar nach Amerika und landete in Carthagena, einer Stadt mit 201000 Einwohnern am mexikanischen Meerbusen. Hierher hatte ihn die göttliche Vorsehung geführt, damit er der Schutzengel der Negersklaven sei, welche aus Afrika hierher gebracht und für die Umgegend verkauft wurden.
Nachdem er die theologischen Studien vollendet und die Priesterweihe empfangen hatte, begann er seine unbeschreiblich mühsame und leidenvolle Arbeit. Sobald ein Schiff landete, welches Neger – mit Ketten geknebelt, in Schmutz und Elend fast verschmachtet – brachte, gewann sein sonst blasses und mageres Angesicht den Ausdruck lieblicher Freundlichkeit. Mit einem Sack auf dem Rücken, in welchem sich Brot, Obst, Tabak, Wein etc. befand, was er von Tür zu Tür gebettelt hatte, eilte er zum Schiff, um den Armen Erfrischung zu bringen, ihren Ingrimm über die lange Qual zu besänftigen und ihr Zutrauen zu gewinnen; dann bat er sie, ihn zu ihren Kranken zu führen, um ihnen geistlichen und leiblichen Trost zu bringen und für ihre weitere Verpflegung zu sorgen. Nach dieser ersten Begrüßung begleitete er diejenigen, die noch des Gehens fähig waren, in ihre Pferche, dunkle, feuchte Räume, in denen keine Bank, kein Tisch, kein Strohsack, gar nichts als die nackte Erde war. Hier wurden Männer und Weiber, Junge und Alte, fast ohne Kleidung zusammen gesperrt und bekamen ihr schlechtes Essen in großen schmutzigen Geschirren, bis sie auf dem Markt verkauft werden konnten. Der Unrat, der Gestank, die Hitze, das Wutgeschrei der Einen, das Stöhnen der Andern, die Krankheiten, Geschwüre, Blattern usw. machten diese Pferche zu einer qualvollen Hölle. Und jährlich wurden im Durchschnitt 12000 Neger dort gelandet und auf die Märkte geführt.
Während der kurzen Zeit ihres Aufenthaltes war Petrus täglich in ihren Pferchen, reinigte und tröstete sie mit der Zärtlichkeit einer Mutter, bettelte für sie Kleider und Lebensmittel, unter richtete sie im heiligen Glauben und betete mit ihnen. An eine Wand hängte er ein großes Bild auf, das in lebhaften Farben Jesus am Kreuz darstellte, wie aus dessen heiligen fünf Wunden fünf Ströme Blutes flossen, welche ein Priester in ein großes Becken auffing, um einen neben ihm knienden Neger damit zu taufen; im Vordergrund des Bildes standen einige Neger, welche die Taufe empfangen, in schöner Gestalt und mit freudigem Angesicht; im Hintergrund standen andere Neger, welche die Taufe verschmähten, mit finstern Gesichtern und von bösen Geistern umringt. Vor diesem Bilde lehrte er sie das heilige Kreuz machen, das Vater unser und Ave Maria beten, erzählte er in rührender Einfachheit von der Güte des allmächtigen Schöpfers, von der Barmherzigkeit des um unsertwillen gekreuzigten Erlösers, von der Liebe des heiligen Geistes und bereitete sie zur heiligen Taufe vor, die er ihnen dann mit möglichster Feierlichkeit spendete. Um in solchen Winkeln so schwach begabte und oft fast vertierte Menschenfür die taufe zu befähigen, dazu war ein Mut, eine Geduld und Selbstaufopferung notwendig, wie sie nur der heldenmütigsten Mitwirkung der göttlichen Gnade erreichbar ist.
Diese Riesenarbeit vollbrachte Petrus vierzig Jahre lang so oft, als neue Neger-Transporte aus Afrika landeten, und immer vollbrachte er sie mit wachsender Liebe und vollkommenerer Opferfreudigkeit. Die Zahl der Sklaven, die er allein während dieses Zeitraumes getauft und dem Leibe Jesu eingegliedert hat, wird von glaubwürdigen Zeugen auf 350000 angegeben. Dafür aber ehrten und liebten ihn die dankbaren Neger mit einer unbeschreiblichen Anhänglichkeit und Folgsamkeit, und ihr Abschied von ihm, wenn sie Carthagena verlassen mussten, rührte sehr oft sogar die Zuschauer zu Tränen. Weil diese Stadt ein sehr ungesundes Klima hat, war die Zahl derKranken immer sehr groß. Die Krankheit der Neger ist sehr oft eine Art Aussatz: sie bekommen Wunden zuerst am Zahnfleisch und an den Lippen, dann allmählich an allen Gliedern, bis der ganze Körper nur mehr eine einzige faule Wunde voll Würmer ist. Mit Vorliebe verpflegte P. Claver die Ekelhaftesten. Seine Natur empörte sich anfangs dagegen; aber er gebrauchte ein wirksames Mittel. Als er einmal einem Neger, der mit dieser scheußlichen Krankheit behaftet war, die Beichte hören wollte, wurde er fast ohnmächtig. Sogleich stand er, sich selbst zürnend auf mit den Worten: „So, du Elender, es ekelt dich an, deinem Nächsten beizustehen? Ist er nicht auch mit dem Blute Jesu erlöst wie du? Diese Feigheit sollst du büßen!“ er ging auf die Seite, geißelte sich blutig, kniete vor den Kranken hin und küßte jede seiner scheußlichen Wunden. Und wenn er bei strömendem Regen mit großer Anstrengung den tiefen Kot durchwatete, um die Kranken in den zerstreuten Hütten zu besuchen, gab er denen, die ihn voll Mitleid baten, er möge sich schonen, lächelnd die Antwort: „Wer das Fischer-Handwerk treiben will, darf nicht wasserscheu sein.“
In der heiligen Fastenzeit strengte er sich jedes Mal übermenschlich an, um seinen lieben Negern in der Stadt und der nächsten Umgebung den Empfang der heiligen Osterbeichte und Kommunion zu ermöglichen. Wochenlang saß er täglich fünfzehn Stunden im Beichtstuhl, und nicht selten mussten die Neger ihn ohnmächtig in seine Zelle tragen. Nach Ostern benützte er jeden freien Tag, um den weiter entfernten Sklaven Missionen zu geben und die Kranken zu besuchen; sehr oft heilte er sie wunderbar. Kehrten die Gesunden am Abend von der Arbeit zurück, grüßte und umarmte er sie, beschenkte sie mit Rosenkränzen, Bildern und Büchlein und hieß sie ausruhen und essen; dann betete er mit ihnen, unterrichtete sie, schlichtete ihre Zwiste und spendete ihnen die heiligen Sakramente. Gingen sie dann spät nach Mitternacht in ihre Hütten zur Ruhe, so leistete er der göttlichen Gerechtigkeit Genugtuung für ihre Sünden dadurch, daß er sich selbst furchtbar geißelte und noch mehrere Stunden betete; erst dann gönnte er sich, in den Mantel gehüllt und auf dem Boden liegend, einen kurzen Schlaf.
Wo immer er allein des Weges ging, war er im Gebet vertieft, viele Nächte betete er vor dem Tabernakel, wo öfters ein strahlender Lichtglanz sein Haupt umleuchtete und Entzückungen ihn den Himmel schauen ließen. Er trug ständig einen scharfen Bußgürtel, ruhte nur auf dem Boden, ein Stück Holz unter dem Haupte, und fastete sehr streng.
Von außen her regnete es Kreuze und Leiden auf ihn. Der Laienbruder, welcher den P. Claver stets begleiten musste, ein störriger Mensch, hatte wider ihn eine besondere Abneigung. Wollte Petrus ausgehen, so ließ der Bruder absichtlich sehr lange auf sich warten; hatte jener Eile, so war dieser erfinderisch in Verzögerungen, wollte jener beten, so fing dieser zu murren und zu zanken an, kam jener nach Hause zurück, so spottete dieser über des Paters Scheinheiligkeit und närrische Übertreibung… Der Selige schwieg, verlor nie die Gemütsruhe und dankte noch Gott, daß er mit so schonender Geißel ihn für seine Sünden züchtige. Von den Sklavenhändlern wurde er sehr oft arg beschimpft, gestoßen, zur Türe hinaus gejagt; Petrus duldete Alles schweigend, besänftigte die Zürnenden mit Bitten, bis sie ihm wieder Zutritt zu den Sklaven gewährten. Er wurde gelästert, mit dem Tode bedroht, aber er fürchtete sich nicht. Oft wurde er bei seinen Obern, die wegen des vielen Außerordentlichen wider ihn mißtrauisch waren, verleumdet, daß er die Neger verderbe, zweimal taufe usw., weshalb sie ihm für einige Zeit die Ausspendung der heiligen Sakramente ganz verboten. Er hätte sich leicht verteidigen können; aber er sagte kein Wort und klagte nur dem lieben Jesus im Tabernakel seine Not.
Der Schlüssel zum Verständnis solcher Demut findet sich in seinen Schriften, wo er sagt: „Die wahrhaft demütige Seele erschwingt sich aus allen Kräften zu Gott: da lernt sie seine Heiligkeit und Liebe zu den Menschen klar kennen. Kehrt sie dann in sich selbst zurück, so sieht sie, wie unendlich weit sie von denselben entfernt ist, und schaut, vom göttlichen Licht durchleuchtet, ihre eigenen Gebrechen, wie man im Licht der Sonnenstrahlen, die durch das Fenster dringen, die in der Luft schwebenden Stäubchen gewahr wird.“
Während der Pest, welche im Jahre 1650 wütete, war Petrus immer an den gefährlichsten Posten übermenschlich tätig, bis er selbst von ihr ergriffen wurde; sie tötete ihn nicht, aber lähmte ihn so, daß er nicht mehr gehen, Messe lesen und essen konnte. Dennoch ruhte er nicht; täglich ließ er sich in die Kirche tragen, um der heiligen Messe beizuwohnen und hörte noch zahlreiche Beichten in seiner Zelle. Der für ihn bestellte Wärter vernachlässigte oft in unverzeihlicher Weise seine Pflege; er aber blieb imm er zufrieden und gottergeben, bis nach vier leidvollen Jahren ihn die von ihm so innigst verehrte Gotte-Mutter Maria an ihrem Geburtsfest 1654 heim holte in die ewige Seligkeit.
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 663-665
(*) Am 21. September 1851 hat Pius IX. Petrus Claver selig gesprochen; Leo XIII. sprach ihn am 15. Januar 1888 heilig.