Die Christenverfolgung unter Nero
Die Päpste der Katakomben
Petrus erster Apostelfürst und erster Papst
Augustus, der erste römische Kaiser, überlebte die Geburt des Weltheilandes noch vierzehn Jahre. Durch seinen Tod erhielten die Römer um einen Gott und um einen Tempel mehr. Da der Kaiser keinen Sohn hatte, folgte ihm ein Verwandter nach, dessen Grausamkeit und Sittenlosigkeit den römischen Kaiserthron dreiundzwanzig Jahre schändete. Er hieß Tiberius. Wir müssen seinen Namen hier nennen, weil unter seiner Regierung das große Erlösungs-Opfer auf dem Berg Golgotha in Jerusalem vollbracht worden ist. Als für Jesus nach dreijähriger öffentlicher Lehrtätigkeit die Stunde des Todes gekommen war, übergab er sich freiwillig in die Hände seiner Feinde. Von Bethanien aus hielt er am Palmsonntag noch einen feierlichen Einzug in Jerusalem. Große Volksscharen begleiteten ihn und riefen: „Hosanna dem Sohn Davids, Hosanna dem, der da kommt im Namen des Herrn.“ Aber schon am Freitag hernach rief dasselbe Volk, von den Todfeinden Jesu aufgestachelt: „Ans Kreuz mit ihm! Ans Kreuz mit ihm!“ und der kaiserliche Landpfleger Pontius Pilatus sprach den unschuldigen Jesus das Todesurteil.
Nach dem Tode des Kaisers Tiberius bestieg der wahnsinnige Caligula den römischen Thron. Während Caligula in Rom sein Unwesen trieb, breitete sich die Lehre Jesu im Morgenland aus. Der heilige Apostel Petrus kam während der Regierung dieses Kaisers nach Antiochia und gründete dort eine zahlreiche christliche Gemeinde.
Nun bestieg Kaiser Claudius den Kaiserthron, unter dessen Regierung der heilige Petrus nach Rom kam, um dort den Grund zum Reiche Christi zu legen…
Der Herr zeichnete ihn mehrmals vor den übrigen Jüngern aus. Schon daraus müssen wir erkennen, daß Petrus außer dem allgemeinen Beruf zur Apostelwürde noch eine andere höhere Aufgabe hatte. Petrus war ausersehen, die oberste Leitung der von Jesus gestifteten Kirche zu übernehmen; er sollte der erste Papst der katholischen Kirche werden.
Der Vorrang des hl. Petrus
Der heilige Petrus besitzt vor seinen Mitaposteln einen dreifachen Vorzug. Erstens ist er der Fels, auf den Jesus seine Kirche so fest gründete, daß es keiner Macht gelingen solle, sie zu zerstören; zweitens übergibt ihm der Herr die Schlüssel des Himmelreiches, d.h. die Gewalt, die Menschen in seine Kirche aufzunehmen und von ihr auszuschließen; drittens beauftragt ihn der Herr, die ganze Herde Christi als gemeinsamer und oberster Hirte zu weiden…
Bisher war Petrus meistens in Jerusalem und in der allernächsten Umgebung tätig. Nun begann er seine Missionsreisen; zuerst ging er nach Lydda in Kleinasien, wo er einen Mann, der jahrelang krank lag, wunderbar heilte. Dann zog er nach Joppe in Palästina hinab. Dort erweckte er eine große Wohltäterin der Armen namens Tabitha wieder zum Leben. Auf seinen weiteren Reisen durch das Judenland besuchte er viele Christengemeinden, welche von den anderen Aposteln oder Jüngern gegründet worden waren…
Von den Juden aufgereizt ließ nun Herodes Agrippa zu Ostern des Jahres 43 den heiligen Petrus abermals ergreifen. Allein der mutige Apostel wurde durch das Gebet der Gläubigen durch einen Engel wunderbar aus dem Kerker befreit.
Die Hauptstadt des Morgenlandes war zur Zeit, da das Christentum sich über die Welt zu verbreiten anfing, Antiochia. Dahin begab sich nun der heilige Petrus, nachdem er den Apostel Jakobus den Jüngeren zum Bischof von Jerusalem aufgestellt hatte. In Antiochia war schon früher durch Gläubige, welche bei der Steinigung des heiligen Stephanus geflohen waren, das Wort Gottes bekannt geworden. Aber ein Bischof befand sich dort noch nicht. Der heilige Petrus errichtete nun zuerst in Antiochia einen Bischofssitz, verblieb dort ungefähr sieben Jahre und gilt daher als der erste Bischof dieser Stadt.
Im Jahre 50 kam der heilige Petrus noch einmal nach Jerusalem, um in einer Kirchenversammlung den Vorsitz zu führen. Die Apostel hielten dort Rat über die wichtige Angelegenheit, ob man den aus dem Heidentum übergetretenen Christen das Gesetz des Moses zur Beobachtung auftragen sollte oder nicht. Und hier entschied der heilige Petrus mit den übrigen Aposteln, daß den Heidenchristen die Lasten des Gesetzes Moses nicht auferlegt werden solle. Dieser Beschluss rief große Freude unter den Neubekehrten hervor. Von Jerusalem hinweg begeben sich die Apostel nach den verschiedensten Gegenden der Welt, um das Wort Gottes zu verkünden.
Der hl. Petrus in Rom
Über die Ankunft des heiligen Petrus in Rom schreibt ein französischer Gelehrter: „Unter der Regierung des Kaisers Claudius sieht man in Rom einen Mann ankommen, dessen Wangen vom Fasten abgehärmt und von den Tränen durchfurcht sind. Er ist armselig gekleidet, barfüßig und trägt nur einen Stock in seiner Hand. Als ein Fremdling kommt der heilige Petrus in die Hauptstadt der Welt. Er will dort eine Religion predigen, die Selbstverleugnung und Abtötung des Fleisches verlangt. Wird sich auch nur ein Sklave bewegen lassen, diese Lehre anzunehmen? Wird ein einziger vornehmer Römer den alten heidnischen Glauben verlassen?
Hatte der heilige Petrus Schätze mitgebracht, um damit das römische Volk zu gewinnen?
Petrus ist nicht von hoher Geburt, ist nicht im Besitz der Weltweisheit oder großer Reichtümer. Wenn er dennoch in Rom etwas ausrichtet, wenn er zahlreiche Schüler gewinnt, dann ist Gott mit ihm. Wenn er keine Wunder getan hätte, so wäre dieses das größte Wunder, daß ohne Wunder die so tief gesunkenen Heiden sich zur strengen Lehre Christi bekehrten und bereitwillige Schüler des Gekreuzigten wurden.
Der heilige Petrus betritt unbeachtet der Riesenstadt und lenkt seine Schritte rechts dem Tal zu, das die zwei Hügel Esquilin und Viminal bilden. Dort hat der römische Beamte Pudens ausgedehnte Besitzungen. Bei ihm findet der heilige Petrus gastliche Aufnahme und tauft den Pudens mit seiner ganzen Familie. Im Hause desselben wurde die erste christliche Kirche in Rom eingerichtet und steht heute noch. Bis heute findet sich noch in der Kirche der heiligen Pudentiana ein Teil des hölzernen Tisches, der dem Petrus als Altar gedient hat.
Durch Gottes wunderbare Fügung regierte nun der heilige Petrus fünfundzwanzig Jahre von Rom aus die Kirche Jesu Christi.
Während seiner ersten Anwesenheit in Rom bekehrte er sogar mehrere kaiserliche Offiziere. Später sendete er seinen Schüler Markus nach Alexandria, um dort als Bischof eine Christengemeinde zu begründen und zu leiten. Somit hat der heilige Petrus die drei Hauptkirchen in den drei damals bekannten Weltteilen gegründet: in Asien die Kirche von Antiochia, in Afrika jene von Alexandria, in Europa die von Rom.
Im Jahre 54 nach Christi Geburt starb Kaiser Claudius. Der neue Kaiser, namens Nero, war seiner Vorgänger würdig. Er war grausam und gottlos wie Caligula und Claudius es waren.
Der Martertod des hl. Petrus
Es nahte die Zeit, da der heilige Petrus Jesum Christum durch sein Blut verherrlichen sollte. Die Macht der Hölle erhob sich mit Gewalt gegen die Christen… Allein die Kirche Jesu Christi war bereits erstarkt, der Sturm konnte sie nicht mehr vernichten. Die Gläubigen baten aber den heiligen Petrus, er sollte sein Leben durch die Flucht aus Rom retten. Petrus gab nach; als er aber bereits außerhalb des Stadttores war, erschien ihm plötzlich der göttliche Heiland mit dem Kreuz auf seinen Schultern. Petrus fragte ihn: „Herr, wohin gehst du?“ Und Jesus antwortete: „Ich gehe nach Rom, um mich dort aufs neue kreuzigen zu lassen.“
Da erkannte Petrus, was der Herr ihm sagen wollte; er kehrte wieder um und blieb in der Stadt. Bald aber wurde er ergriffen und ins Gefängnis geworfen. Am 29. Juni des Jahres 64 verließ der heilige Apostel das Gefängnis, um seinem göttlichen Meister auf dem Kreuzesweg nachzufolgen. Vor der Annagelung an das Kreuz bat er, der demütige Nachfolger Christi, noch seine Mörder, sie möchten ihn mit dem Kopf nach unten kreuzigen; denn er sei nicht wert, wie sein Herr und Meister zu sterben. So gab der Apostelfürst Petrus, der erste römische Papst, freiwillig und freudig sein Leben für den göttlichen Heiland hin. Die Christen kauften den Leichnam des heiligen Petrus, um ihn auf dem vatikanischen Hügel zu bestatten. Daselbst befanden sich bereits unterirdische Grabkammern, die Katakomben. Heute wölbt sich die Riesenkuppel von St. Peter über das Grab des heiligen Petrus. Die Gräber der römischen Kaiser sind verschwunden, kein Mensch weiß mehr von ihnen. Zum Grab des heiligen Petrus aber eilen die Völker des Erdkreises, eilen Fürsten, Bischöfe und Scharen des Volkes. So verherrlicht Gott diejenigen, die ihm dienen…
Das oberste Hirtenamt ist in Rom geblieben. Nach dem heiligen Petrus haben diese Würde seine Nachfolger ohne Widerspruch übernommen und ausgeübt. Darüber sind sich die Väter und Lehrer der Kirche geradeso einig, wie über den Vorrang des heiligen Petrus über die anderen Apostel selbst. Die römische Kirche ist die erste Kirche der Welt, das Haupt der allgemeinen Kirche. Der römische Bischof ist der rechtmäßige Nachfolger und Stellvertreter des heiligen Petrus. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 16 – S. 27