Ein Prophetenwort des Ezechiel

Das Bild zeigt die Sünde und ihre Folgen

Ein Prophetenwort des Ezechiel für Geistliche und Weltliche

Nebukadnezar oder Nabuchodonosor war ein mächtiger König zu Babylon. Dieser zog gegen Jojachin, König von Juda, mit einem großen Kriegsheer und belagerte Jerusalem. Der jüdische König sah wohl, daß fernerer Widerstand vergeblich sei ließ deshalb die Tore öffnen und unterwarf sich dem fremden Eroberer. Nebukadnezar führte nun den König und eine große Anzahl Juden von höherem Stand mit sich in die Gefangenschaft nach Babylon. Unter diesen Gefangenen war auch Ezechiel. Er war der Sohn eines jüdischen Priesters und wurde während seines Aufenthaltes in Babylon von Gott zum Propheten berufen. Fast gegen 30 Jahre lang war er unaufhörlich tätig um den gefangenen Juden Gottes Ratschlüsse und Willen mitzuteilen und sie zur Treue aufzumuntern. Seine Weissagungen sind im alten Testament noch vorhanden und sind jetzt in 48 Kapitel abgeteilt. Insbesondere prophezeite er, wie noch zu lesen, daß Jerusalem wegen der vielen und schweren Sünden des Volkes bald zerstört werde. Gott spricht im 5. Kapitel zu Ezechiel: „Und du, Menschensohn, nimm dir ein scharfes Schwert, ein Schermesser der Barbiere nimm dir, und fahre damit über dein Haupt und über deine Bart, und nimm dir eine Waagschale und teile sie. Ein Drittel sollst du verbrennen in der Flamme in der Stadt, ein Drittel nimm und schlage mit dem Schwert ringsumher, ein Drittel streue in den Wind und das Schwert will ich hinter ihnen her zücken. Fürwahr, so wahr ich lebe, ist der Spruch Gottes des Herrn, weil du verunreinigt hast mein Heiligtum durch all` deine Scheusale und all` deine Gräuel, werde auch ich entziehen mein Auge, daß es nicht schonend blicke, und ich werde kein Erbarmen haben. Ein Drittel von dir soll durch Pest sterben und durch Hunger enden in deiner Mitte, und ein Drittel durch das Schwert fallen rings um dich her, und ein Drittel will ich in alle Winde zerstreuen und das Schwert hinter ihnen zücken.“ Sieben Jahre nach dieser Prophezeiung wollte der König Jojachin sich von der Abhängigkeit frei machen und verweigerte die üblichen Geschenke. Da zog Nebukadnezar mit einem großen Heer nach Judäa und vor die Stadt Jerusalem. Anderthalb Jahre lang wurde sie belagert, dann aber erobert und zerstört. Dabei ging dann genau in Erfüllung, was der Herr durch Ezechiel voraus verkündigt hatte.

Wenn Gott aber auf diese Weise durch den Mund seiner Propheten dem Volk zukünftige Ereignisse voraus sagen ließ, und die Ereignisse dann wirklich eintrafen: so hatte er hierbei ganz besonders auch den Zweck, bei dem Volk Glauben zu erwecken für alle Belehrung und Ermahnung, welche die Propheten sonst noch mitteilten. Denn die Propheten waren keineswegs bloß berufen Zukünftiges voraus zu sagen, sondern sie waren vielmehr von Gott gesandte Religionslehrer, Nachfolger des Moses und Vorgänger des Heilandes, gleichsam die Mittelglieder zwischen Moses und Christus. Deshalb ist auch für uns viele Wahrheit und Erbauung in den Schriften der Propheten hinterlegt, indem der nämliche hl. Geist aus ihnen ebenso wohl als aus den Aposteln gesprochen hat. Ich will nun aus dem Propheten Ezechiel ein solches Lehrstück hier vorführen, worin einige sehr ernste wichtige Aussprüche Gottes für Geistliche und Weltliche enthalten sind.

1. Und es erging das Wort des Ewigen an mich also:
2. Menschensohn, rede zu den Söhnen deines Volkes und sprich zu ihnen: Ein Land, so ich über dasselbe das Schwert bringe, und das Volk des Landes nimmt einen Mann aus ihrer Mitte, und sie bestellen ihn sich zu ihrem Wächter;
3. Und er sieht das Schwert kommen über das Land, und stößt in die Posaune, und verwarnt das Volk;
4. Und es hört einer den Schall der Posaunen und läßt sich nicht warnen, und das Schwert kommt und rafft ihn hin: so kommt sein Blut über sein Haupt.
5. Den Posaunen Schall hat er gehört, er hat sich aber nicht verwarnen lassen, sein Blut kommt über ihn; hätte er sich warnen lassen, er würde sein Leben gerettet haben.
6. So aber der Wächter das Schwert kommen sieht, und stößt nicht in die Posaune, und das Volk wird nicht gewarnt, und das Schwert kommt und rafft von ihnen seine Seele hin: Dieser ist hingerafft worden ob seiner Schuld, aber sein Blut werde ich heimsuchen von der Hand des Wächters.
7. Nun, dich Menschensohn habe ich zum Wächter bestellt dem Hause Israel; hörst du aus meinem Mund ein Wort, so verwarnst du sie von meinetwegen.
8. Wenn ich spreche zum Frevler: Frevler, du wirst sterben! Und du redest nicht, den Frevler zu verwarnen vor seinem Wandel; so stirbt der Frevler ob seiner Schuld, aber sein Blut suche ich heim von deiner Hand.
9. Wenn du aber den Frevler verwarnt hast vor seinem Wandel, daß er davon umkehre, und er kehrt nicht um von seinem Wandel; so stirbt er ob seiner Schuld, doch du hast deine Seele gerettet.
10. Und du, Menschensohn, sprich zu dem Hause Israel: Mit Recht sprecht ihr also: Ja, unsere Missetaten und Sünden lasten auf uns, und durch sie schwinden wir hin, und wie mögen wir leben?
11. Sprich zu ihnen: So wahr ich lebe, ist der Spruch Gottes des Herrn, daß ich kein Wohlgefallen habe an dem Tod des Sünders, sondern an der Rückkehr des Frevlers von seinem Wandel, daß er lebe. Kehrt um, kehrt um von eurem bösen Wandel, denn warum wollt ihr sterben, Haus Israel?
12. Und du, Menschensohn, sprich zu de Söhnen deines Volkes: Die Gerechtigkeit des Gerechten wird ihn nicht retten am Tag seines Abfalles, und der Frevel des Frevlers, er wird nicht straucheln darüber am Tage, da er umkehrt von seinem Frevel, und der Gerechte wird nicht leben können durch jene, am Tage, da er sündigt.
13. Wenn ich spreche von dem Gerechten: Leben wird er! Und er verläßt sich auf seine Gerechtigkeit und verübt Ungerechtigkeit: so wird all seiner Gerechtigkeit nicht gedacht, und durch die Ungerechtigkeit, die er verübt, durch sie stirbt er.
14. Und wenn ich spreche zu dem Frevler: sterben musst du! Und er kehrt um von seiner Sünde und übt Gebühr und Recht;
15. Der Frevler gibt das Verpfändete zurück, das Geraubte erstattet er, in den Satzungen des Lebens wandelt er, damit er nicht Ungerechtigkeit verübe: so wird er leben, nicht sterben.
16. All seiner Sünden, die er begangen, wird ihm nicht gedacht werden; Gebühr und Recht hat er geübt: leben wird er.
17. Und die Söhne deines Volkes sprechen: Unangemessen ist das Verfahren des Herrn! Da doch ihr Verfahren unangemessen ist.
18. Wenn der Gerechte umkehrt von seiner Gerechtigkeit und verübt Ungerechtigkeit, so stirbt er dadurch.
19. Und wenn der Frevler umkehrt von seinem Frevel und übt Gebühr und Recht, so wird er leben deswegen.
20. Und doch sprecht ihr: Unangemessen ist das Verfahren des Herrn! Jeglichen nach seinem Wandel richte ich euch, Haus Israel.

Von den zwei wichtigen Lehren, welche Gott uns hier geben läßt, geht die eine besonders die Seelsorger, Eltern, Lehrer und jeden an, der in solchem Verhältnis zu Andern steht, daß er sie warnen könnte und sollte. Unterlässest du diese Warnung und der Andere macht in seinen Sünden fort, so wird zwar der Sünder die Strafe seiner Sünden bekommen, aber auch du wirst darüber zur Verantwortung gezogen, z. B. wenn Jemand einen falschen Eid schwört und der Geistliche, von welchem er belehrt werden sollte, hat nur eine leichtfertige kurze Belehrung oder gar keine gegeben; so sind beide dem schrecklichen Gericht des Heiligen verfallen. Die andere Lehre muntert jeden Sünder auf, sich zu bekehren; seine Sünden dürfen ihn nicht verzagt machen; Gott verzeiht gern. Hingegen darf der tugendhafteste Mensch nicht auf seine bisherigen Werke in der Art vertrauen, daß er manche Sünde ungestraft tun könnte. Eine einzige Todsünde löscht all` deine Ansprüche auf die Seligkeit aus. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 3 April bis Juni, 1872, S. 132 – S. 135

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