Tautropfen für das kleinmütige Herz
Das christliche Leben als drückendes Kreuz
Das drückende Kreuz
Auch die Dornen um sein Herz im Bild sind sehr trostreich für ein geplagtes Herz. Solche Dornenstiche in das Herz waren bei Jesu Lebzeiten der Undank der Juden für alle die Liebe, die er ihnen erzeigt, der Verrat seines Freundes Judas, die Verzagtheit der übrigen Jünger, die ihn bei seinem Leiden im Stich lassen; nach seinem Tod sind es die Christenleute, die solches Verfahren fortsetzen. Aber auch dieses Leid hat er über sich kommen lassen und hat es aufgeopfert für dich als Zahlung für deine Sündenschuld. Daran denk, wenn auch du von Seiten der Deinigen Dornenstiche des Undanks, der Zurücksetzung, der Lieblosigkeit ins Herz bekommst. Denk, es geschehe, um dich hier gelind zu strafen, auf daß du drüben in der Ewigkeit nicht mögest tausendfach ärger gequält werden…
Es gibt noch ein anderes, drückendes Kreuz, das christliche Leben selbst. Nach Vorschrift des Glaubens zu leben ist kein Kinderspiel. Der natürliche Mensch ist dazu einesteils zu schwach, anderenteils sträubt er sich sogar gegen das christliche Leben, weil es seinen Gelüsten Abbruch tut. Und die böse Welt von Außen lockt fort und fort auf ihre Seite, und der Widersacher, der Teufel, steht ebenfalls ununterbrochen auf der Lauer, um dich in seine Netze zu bringen. Heute regt sich die Ungeduld, und du solltest trotzdem sanftmütig sein wie ein Lamm; morgen hörst du feindselige Reden gegen dich und du solltest ein versöhnliches Herz zeigen; dann trifft dich ein Ungemach, und du solltest es gottgefällig ertragen; hernach bekommst du von den Deinigen Verdruss und du solltest liebevoll sein, als hättest du keinen bekommen; bisweilen geschieht wilder Andrang von mehreren Seiten auf einmal, von innen und von außen, und du solltest zu gleicher Zeit nach allen Seiten hin streiten.
Durch alle diese Stürme, und über alle diese aufgeregten Wogen des täglichen Lebens solltest du mutig voran schreiten. Aber woher die Kraft nehmen? Aus dir selbst kannst du nur sinken und fallen und mußt kleinmütig verzagen. Es braucht also zu einem Leben nach dem Glauben, auch eine gläubige Hoffnung, feste Zuversicht, männlichen Mut, all das zu vollbringen, was deine Schwachheit allein nie zu vollbringen vermag, und Gott doch von dir fordert. Da nun sieh dir recht genau das Herz des Herrn selber an; es wird dir werden, wie der heiligen Angela Foligno.
Das Beispiel Angela Foligno
Angela hatte am Anfang ihrer Bekehrung mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Weltleben, dem sie früher ergeben war, hatte tiefe Wurzeln geschlagen, die sich nur mit großer Anstrengung ausrotten ließen. Der Satan flüsterte ihr ein, sie werde ein solches Leben der Bekehrung nicht aushalten, es wäre unklug, sich solche Entsagungen aufzulegen, auch die Vernünftigen würden sie darüber tadeln. In diesem Kampf und in großer Angst ihrer Seele fing sie an zu beten, daß Gott ihr helfen möge. Und wie sie wieder einmal so betete, schlief sie ein, und im Traum sah sie das Herz Jesu, und sie hörte die Worte sagen: „In diesem Herzen ist alles wahr, und kein Schatten der Lüge.“ Sie verstand zwar nicht sogleich, was damit für sie sollte gemeint sein. Aber später ließ der Herr sie erkennen, wie treu er in seinen Verheißungen sei, Allen zu helfen, die ihn darum bitten. „O“, sprach er, „was habe ich nicht gelitten, zumal für die Sünden deines Herzens! Dein Herz war gegen Gottes Gebot voll Zorn, Neid, Trauer, Weltlust, ein See von sündhaften Gefühlen und bösen Begierden. Aber, ich habe darum mein Herz durchbohren lassen; aus diesem Herzen kommt die Heilkraft, die alle Übel des Menschenherzen wegnimmt. Das Wasser ist daraus geflossen, um die Flammen der Begierlichkeit zu löschen, und das Blut ist daraus hervor gequollen, um Trauer und Ermüdung weg zu nehmen.“ So tröstete, so ermutigte sie der Herr zum weiteren Kampf, und sie hat ihn im Vertrauen auf die Heilkraft des göttlichen Herzens auch siegreichst durchgekämpft, und gelangte bis zur höchsten Vollkommenheit des christlichen Lebens.
Gebet um Bußgeist
Hast du nun so oder ähnlich am Bild des Herzens Jesu sein Beispiel betrachtet, dann bete auch kräftig um Stärke und Geduld, um Bußgeist, daß du dein Leiden zur Abzahlung deiner vielen Schulden christgemäß ertragest. Solches Gebet hört das mitleidige Herz Christi gern, und gibt dir von seinem Geist, wie er dir von seinem Leiden gegeben. Seinem geliebten Vetter Johannes hat er einen Kessel siedendes Öl bereiten und ihn darin eintauchen lassen, um ihn desto herrlicher ewig beseligen zu können. Denke auch du, dein Leiden sei gleichsam siedendes Öl vom Herrn selber zugerichtet, auf daß in demselben alles Unreine und Schadhafte und Sündige und Unhimmlische an dir ausgekocht werde, und du rein befunden werdest vor Gottes Augen. So hat ehedem auch der heilige Märtyrer Ignatius die Sache betrachtet. Er dachte, die Löwen, welche die Heiden auf ihn hetzten, seien mit ihren Zähnen die Mühle, auf welcher er als Weizen Christi sollte gemahlen erden, um ein süßes Brot Christi zu werden.
Auf solche Weise wird dir das Anschauen des Herz-Jesu-Bildes fortwährend Christum lebendig vor die Seele bringen und sein Beispiel dich anlocken und ermuntern, dein Kreuz alle Tage wieder von Neuem auf dich zu nehmen und ihm still ergeben nachzutragen. –
aus: Franz Ser. Hattler SJ, Christkatholisches Hausbrod für Jedermann, der gut leben und fröhlich sterben will., II. Band, VII. Teil, 1892, S. 132 – S. 133