Das dreifache Glaubenslicht ist Trost bei Leiden
Es kann sehr leicht geschehen, daß auch dir, du Menschenkind, Stunden kommen, am Morgen oder am Abend, bei Mittag oder Mitternacht, Stunden, welche dir gar nicht gefallen.
Das Leiden fruchtbar machen
Ist es nicht dein Geschäfts- und Vermögensstand, der dir Kummer macht, so ist es dein Leib, der kränkelt oder schlaflose Nächte hat oder matt und alt und zur Plage und Last geworden; und ist es nicht der Leib, so ist es deine Seele, die sorgenschwer, trostlos und verlassen, wie ein Gefangener in finsterem Kerker einsam hinbrütet. Und wärest du selber auch an Seele und Leib frisch und wohl, wie der Vogel in der Luft und der Fisch im Wasser, so kann eines der Deinigen in Jammer, Elend und Not geraten und dich in sein Leiden hinein ziehen; kurz – an betrübten, armseligen Zeiten und Stunden wird es dir auf die Dauer schwerlich mangeln. Was machst du nun mit solchen Stunden? – Du kannst sie mit ihren Plagen über dich ergehen lassen, gedankenlos, gedankenlos und stumpfsinnig in der Ansicht, es sei einmal nichts zu ändern. So nimmt auch der Heide die Drangsalen des Lebens hin. Da du auf diese Weise nichts aussäest, kannst du auch nichts ernten; von selbst, ohne dein Zutun geht nichts auf. – Du kannst solche Stunden der Widerwärtigkeiten zubringen mit Ungeduld, mit Murren gegen Gott, mit Unwillen, Gereiztheit oder Zorn gegen deine Umgebung, mit nutzlosen Sorgen, mit Hinbrüten in Verzweiflung. Da säest du allerdings Samen aus in die Zeit; aber es sind Brennnesseln, Disteln und Dornen, was du säest; sie werden dir aufgehen und Brennen und Stechen bringen zeitlich und ewig. – Du kannst aber solche widerwärtige Stunden auch fruchtbar und nutzreich machen; du kannst sie, wie die Gottesmutter, als fettes, von Gott eigens dir zubereitetes und geschenktes Erdreich ansehen, und guten Weizen hinein streuen, der dann unter Gottes Regen und Sonnenschein heranwachsen und gesegnete Ernte tragen wird. Ich will dir sagen, wie du dieses anstellen kannst.
Wen Gott liebt den züchtigt Er
Wenn dir also solche unangenehme, dunkle Stunden kommen, so zünde vorerst ein rechtschaffenes Licht an. Das ist nicht wegen Aberglauben, sondern im Gegenteil. Stecke in deiner Seele das Licht des rechten Glaubens an Gottes Vorsehung auf. Nimm dir einige Augenblicke Zeit und denke, wie es eine göttliche Glaubenswahrheit ist, daß dir diese Widerwärtigkeiten nicht gekommen sind ohne Gottes Wissen. Wenn nach Christi unfehlbarem Worte dir kein Haar vom Kopf ausfällt, ohne daß Gott davon weiß, so wird dir noch weniger ohne sein Wissen ein Zahn mit Schmerzen heraus begehren, oder der Schlaf deine Augen fliehen, oder das Getreide am Feld erfrieren oder von Hagel nieder geschlagen werden, oder Eines der Deinigen krank sein, oder dir Jemand deinen guten Namen zerzausen, mit einem Wort: es wird und kann dir durchaus gar nichts Widerwärtiges begegnen, ohne daß Gott es weiß. – Denke weiter, wie es eine ebenso gewisse Glaubenswahrheit ist, daß derselbe Gott allmächtig ist, und die trübseligen Stunden dir nur kommen können, weil und in so weit er es will oder zuläßt, gegen seinen Willen dir aber nie was zustoßen kann. – Endlich denke, daß Gott dein Vater ist, und was er immer über dich verfügt oder verhängt, nur in Liebe zu dir und zu deinem besten geschieht, selbst in dem schlimmsten Fall, wo er dir ein Leiden zur Strafe schickt für deine Sünden. Gerade da sollst du recht erkennen, daß Gott dich lieb hat und dein Wohl will. Er tut es ja nicht als hätte er Freude daran, dich zu plagen und zu schlagen, sondern er schlägt, um zu heilen, um den bösen Geist der Sünde aus dir auszutreiben. Deswegen steht geschrieben: „Diejenigen, die Gott liebt, die züchtigt er.“
Trost durch das Glaubenslicht
Dieses dreifache Glaubenslicht wird dir zunächst wunderbaren Trost bringen. Das macht ruhig und mutig den Soldaten im Krieg, den Schiffer auf dem Meer, den Kranken am Schmerzens-Lager, den Armen in Not, den Betrübten in dunklen Sorgen und Ängsten. Sodann wird dieser lebendige Glaube zeigen, wie du das zugeschickte Kreuz anfassen und auf die Schultern legen sollst, um es mit Nutzen zu tragen. Ist es dir einmal sonnenklar, daß Gott damit nur dein Bestes will, so wirst du nicht unwillig seine Anordnung tadeln, und nicht seinen liebevollen Willen nach dem deinigen biegen wollen, sondern den deinigen nach dem göttlichen richten, und still und ruhig dich seiner Fügung hingeben. Das aber ist edler, echter Gottesdienst, wo der Mensch sich Gottes Willen unterwirft, wenn der ihm schwer wird; und solcher Gottesdienst wird dir viel reichlicher belohnt, als wenn du stundenlang in der Kirche beten würdest. Da opferst du dein Bestes Gott dem Herrn, deinen Willen und dein Herz in der Feuerglut des Leidens. Lege es alles hinein in das Herz des Erlösers und seiner Mutter, daß sie von dem Ihrigen dazu geben, zu den Myrrhen deines Opfers noch das Gold und den Weihrauch ihrer Leiden legen, und so dein Verdienst noch reicher werde.
Und dann noch eins. Willst du diese Leidensstunden als Kapital bei Gott anlegen zu besonders großen und hohen Zinsen, dann mache es, wie es die Gottesmutter in allen Trübsalen, auch an jenem wehmütigen Abend in Bethlehem getan; bringe deine Schmerzen Gott dar für das Heil der Seelen, z. B. für die Bekehrung eines Sünders…
Nun, Lieber Leser! vielleicht hat Gott für die nächsten Tage einige bittere Kräuter in Bereitschaft, die er dir schicken will. Jetzt weißt du, wie du sie annehmen und einnehmen sollst, wenn sie dir gut tun und dich in christlicher Tugend stark machen sollen. Denk alsdann an die liebe Gottesmutter und folge ihrem Beispiel, das sie dir am heiligen Abend in den Gassen und im Stall zu Bethlehem gegeben. –
aus: Franz Ser. Hattler SJ, Christkatholisches Hausbrod für Jedermann, der gut leben und fröhlich sterben will., II. Band, VI. Teil, 1892, S. 83 – S. 85