Seliger Berthold von Regensburg

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

14. Dezember

Der selige Berthold von Regensburg OFM

(Die Schlösser des Teufels)

Vor 600 Jahren starb in Regensburg ein Franziskaner, Berthold genannt, von welchem die damaligen Chroniken außerordentliches Lob verkünden. Sie nennen ihn einen großen heiligen Prediger, der im Geist des Propheten Elias mit seinen feurigen Worten wie mit einer Fackel die erblindeten Herzen der Sünde durchdrungen und zahllose Menschen von ihren schlechten Wegen zur Bekehrung des Lebens gebracht hat. Über seinem Haupt, berichten zuverlässige Zeugen beiderlei Geschlechtes, sah man zuweilen während der Predigt strahlende Kronen schweben.

Der Herzog Otto von Bayern war anfänglich ein rechtschaffener, gerechter Fürst; später aber kam er mit der katholischen Kirche in Zwiespalt, wurde vom Papst exkommuniziert und verfolgte die Geistlichkeit. Damals kam auch der berühmte Prediger Berthold nach Landshut, um daselbst zu predigen; er verweilte am Hofe des Herzogs, um denselben zu bewegen, sich mit der Kirche zu versöhnen und abzustehen von seiner Gehässigkeit gegen die Geistlichkeit. Zu derselben Zeit meldetet sich auch ein armes Bäuerlein an dem herzoglichen Hofe und begehrte, bei dem Fürsten vorgelassen zu werden, indem er ihm eine Offenbarung mitzuteilen habe. Allein der Bauer wurde abgewiesen; deshalb ging er zu Bruder Berthold und offenbarte diesem seinen Auftrag. Er sei nämlich in verflossener Nacht des hl. Michaelsfestes zu einem Richterstuhl im Geist geführt worden und habe gehört, wie der Herzog Otto daselbst angeklagt und verurteilt worden sei zum Tod; und wenn er nicht schnell ablasse von Verfolgung der Armen und der Kirche, so werde bald das Gericht über ihn kommen. Ungeachtet aber Bruder Berthold nun dem Herzog diese Androhung des göttlichen Gerichtes mitteilte und ihm, wie ein zweiter Johannes, scharf in das Gewissen redete, so wirkte solches ebenso wenig, als einst bei Herodes. Was geschah nun? Am Vorabend des nächsten Andreasfestes saß Herzog Otto mit Frau und Freunden fröhlich beisammen, als er plötzlich umstürzte und eines jähen Todes starb – ohne sich mit Gott versöhnt zu haben.

Es war bei den Predigten des Bruders Berthold ein solcher Zusammenlauf des Volkes, daß manchmal mehr als sechzigtausend Menschen zusammen strömten; ein Gerüst wurde ihm dann auf einem Baum gemacht, von wo aus er mit seiner mächtigen Stimme predigte. So zog er in der Schweiz, in Schwaben, Bayern, Thüringen, Böhmen, Österreich umher bis nach Ungarn hinab, und übte mit seinen Predigten eine solche Gewalt, daß vieles Raubgut erstattet wurde, Todfeinde sich versöhnten, Religionsspötter zum Glauben zurück kehrten. Von seinen Predigten konnte man sagen, was der Prophet Jesaias vom Worte Gottes sagt: „Er ist stark wie Feuer, wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert.“ Manche Sünder wurden bis in die Tiefe der Seele von der Kraft seiner Rede erschüttert, daß sie ohnmächtig nieder fielen. Da er einst gegen das Laster der Unzucht ganz besonders scharf predigte, wurde eine Person, welche mit dieser Sünde ein Gewerbe trieb, von so grimmigem Reueschmerz ergriffen, daß sie den Geist aufgab. Alle anwesenden kamen darüber in Schrecken und sagten, sie sei durch Gottes Strafgericht verdammt. Berthold befahl Allen, sie sollten sich zum Gebet nieder werfen, damit der göttliche Ratschluss über ihr Schicksal geoffenbart werde. Und sieh` da! – die Tote erwachte wieder zum Leben und erzählte, daß sie wegen ihrer Lastertaten vor das Gericht Gottes gerufen worden sei, aber in Betracht ihrer großen Reue sei die Seele wieder in den Leib zurück gesandt worden, damit sie ihre Sünden im hl. Sakrament der Buße tilgen könne.

Noch andere wunderbare Ereignisse werden erzählt, durch welche Gott dem seligen Berthold ein Zeugnis gab, wie wohlgefällig ihm dessen Wandel und Wirken sei. Ich will nun eine Reliquie seines Geistes hier noch folgen lassen, nämlich ein Stück aus seinen Predigten (Die Missionspredigten des Berthold von Regensburg, Manz 1857). Er spricht in einer derselben von dem mit sieben Siegeln verschlossenen Buch in der Offenbarung, welches Niemand öffnen kann, als das Lamm Gottes. Berthold sagt nun, das Menschenherz sei ein solches Buch, welches vom Teufel mit sieben Siegeln verschlossen sei, damit Gott nicht darin einkehre.

„Das erste Schloss heißt: Leichtmachen der Sünde, daß du dir selber deine Sünden gar gering machen kannst. Mit dem Schloss führt der Teufel manche tausend Herzen irre, da du denkst: „Ach, es ist so gräulich und so groß nicht um die Sünde, wie es die Geistlichen machen! Wie möchte auch unser Herr je einen Menschen verloren gehen lassen, um solcher Sünden, wie sie da sagen!“ – Fürwahr, Gott duldet keine Sünde. Wenn ein lediger Mann und eine ledige Person mit einander Unkeuschheit treiben, das wollen manche Leute nicht für eine Hauptsünde halten. Nun will ich dich hören lassen, wie groß diese Sünde sei. Wenn du zuvor so heilig gewesen wärest, wie Sankt Johannes, und du wirst bei dem Tod mit dieser einen Sünde ohne Reue gefunden, so musst du zur Hölle fahren und ewiglich da sein. Und beteten alle Geistlichen immer für dich und alle Mönche und alle Nonnen und Alle, die seit Anbeginn der Welt je geboren wurden, und alle Heiligen und alle Engel: sie könnten dich nimmer von dannen bringen mit ihrem Gebet!

Das zweite Schloss ist die Sünde deines Nächsten. Du sagst: „Der hat zehnmal mehr Sünden auf sich, und getraut sich auch selig zu werden!“ – Dessen musst du dich viel eher mißtrösten als trösten: denn je mehr Seelen zur Hölle sind, desto mehr Marter ist da zur Hölle. Je mehr Scheiter an einem Feuer liegen, desto größer wird die Hitze; also steht es auch in der Hölle: je mehr euer dahin kommen, desto größer wird die Marter und die Not.

Das dritte Schloss ist: Hoffnung langen Lebens. Manche Menschen denken: „Was soll ich mich so frühe den Freuden entziehen, von Tanzen oder Unkeuschheit oder Zierde meines Leibes oder unrechtem Gute?“ – Und so schieben manche hundert Menschen Beichte und Buße auf, heuer bis später, und wenn dann Später kommt, so ist der Sündenmehr geworden, und ihm ist dann zweimal so schwer dazu, als ihm heute ist. Und also schieben sie es je von Jahr zu Jahr auf und setzen sich Manches vor, bis daß sie der Tod ergreift mit Sünden, daß sie der Teufel zur Hölle führt, wo ihrer nimmer Rat wird.

Das vierte Schloss, damit dich der Teufel irrt, das ist Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit, daß du denkst: „Fürwahr, Gott, der ist so gut – er läßt Niemand verloren gehen?“ – Darüber spricht Jeremias: „Verflucht sei, der sündigt auf Gottes Barmherzigkeit!“ Es ist wohl wahr, daß Gott barmherzig ist und gnädig und mild und gut; er will Niemand verloren gehen lassen. Er spricht aber: „Wie ich dich finde, so lohne ich dir! Finde ich dich in gutem Leben, so lohne ich dir darnach; finde ich dich in üblem Leben, so lohne ich dir auch darnach!“

Das fünfte Schloss heißt: Scham in der Beichte. O weh, daß so viele tausend Menschen mit diesem Schloss beschlossen sind! „Ja, sollte ich alle meine Heimlichkeiten einem fremden Herrn sagen? Wie möchte ich den Schimpf und die Schande je überwinden!“ – Nein, du darfst dich nicht schämen; denn des du dich so gar groß schämst, das haben Andere auch schon getan und ist dem Beichtvater nichts Neues. Und wolltest du nicht lieber vor einem Priester zu Schanden werden, als vor der ganzen Stadt und vor allem Volk, das hie im Frankenland wohnt? Und doch wäre dies nur eine Landschande; wer aber am jüngsten Tag vor aller Welt zu Schanden werden wird, das ist eine Weltschande. Denn alle die Sünden, deren du dich schämst zu beichten, dafür musst du zu Weltschanden werden am jüngsten Tag – vor Juden und Heiden und Ketzern und Christenleuten, und Engeln und Heiligen und Teufeln, und halt vor aller Welt. Alle die Sünden, die kleinen und die großen, deren man nicht zu Beichte gekommen ist und nicht Buße darum empfangen hat, die stehen alle des Tages offen vor aller Welt, mit all` der Schande und mit all` dem Schimpf, recht wie du sie getan hast.

Das sechste Schloss, das ist Furcht der Buße. „Wehe, soll ich beichten, so muss ich alles das verloben, Tanzen und Unkeuschheit und Hoffart und unrecht Gut und andere viele Dinge, da mir wohl mit ist. Und das will ich recht in keiner Weise tun, da müsst ich ein Gefangener sein und in Zwang leben; ich will lieber ohne Beichte sein, denn ich komme doch noch davon!“ – Darüber will ich ein Mährlein sagen, das behaltet ihr leicht besser, denn die Predigt allesamt. Es war vor Zeiten ein Bischof, gar ein heiliger Mann, dem kam einmal ein reicher Mann zu Händen, der bat ihn, daß er seine Beichte hörte. Und da der Bischof hörte, daß der reiche Mann viel unrechten Guts hätte, sprach er zu ihm: „Nun geh` hin und gib einer armen Witwe zwei Malter deines Korns um Gottes willen.“ Er tat also und sagte es dem heiligen Herrn; dieser sprach nun: „Geh` und kauf die zwei Malter wieder von der Frau um dein Geld, dann lege die zwei Malter in einen besonderen Kasten und schließe fest zu.“ Der Mann kam wieder und sagte, daß er so getan. „Nun das ist gut; geh` jetzt schnell hin und sieh`, wie dein Almosen geraten.“ Und er geht hin und tut den Kasten auf. Da war kein Korn irgend so klein,, daß es nicht eine Natter oder Kröte geworden. Und diese fuhren gräulich untereinander und gegen ihn, als ob sie ihn hin wollten ziehen. Da schlug er den Kasten zu und sagte es dem Herrn. „Nun sieh`“, sprach der Herr, „das ist dein Almosen; wie glaubst du nun, daß dir geschehe mit dem unrechten Gut?“ „Herr!“ sprach er, „Gnade! Wie soll ich denn tun?“ Da sprach der Herr: „Willst du vor morgen aller deiner Gnaden ledig werden, so lege dich in den Kasten zu den Nattern und Würmern.“ „Nein, Herr; du sahst nicht, wie sie zappelten und zischten; ich wollte eher immer in der Hölle sein.“ „Nun sieh`“, sprach der gute Herr, „das ist dir doch besser, eine einzige Nacht leiden, denn immer und immer bei Würmern, die glühen wie die Zunder im Feuer.“ „Nun denn, ich will eher leiden, was ich leiden mag.“ Und er blieb ohne Buße von dieser Furcht und fuhr in die Hölle, darinnen er immer sein muss. Seht, wie es um die Furcht der Buße steht!

Das siebente Schloss heißt: der Zweifel, wenn der Mensch also in den Sünden veraltet, daß er bei sich denkt: Seiner möchte nimmermehr Rat werden, er habe zu viel und mancherlei getan. – Dasselbe Schloss ist viel schlimmer als jene allesamt. Denn wer verzweifelt, das ist eine der Sünden wider den heiligen Geist. Er spricht gleichsam: „Meiner Sünden ist mehr denn Gottes Erbarmung.“ Hätte er gedacht und gesagt: „Deiner Erbarmung ist mehr denn meiner Missetaten“, so hätte ihm Gott vergeben alle seine Sünden. Ihr sollt nicht verzweifeln; und hätte ein Mensch alle Sünden getan, die alle Menschen mit einander seit Adams Zeiten begingen: will er wahre Reue gewinnen und will ihm von Herzen leid sein, und hat er fest den Willen, daß er sie nimmermehr tun wolle – er wird am jüngsten Tag selig oder eher noch.

Also beirrt der Teufel des Menschen Sinne mit diesen Schlössern. Jedoch das Lamm, das die Marter hat erlitten um des Menschen Sünden, das kann aufschließen die Schlösser alle; es erleuchtet euch durch den heiligen Geist, daß euch der Teufel nicht mehr beirrt mit den sieben Dingen. Das Lamm, das die Marter litt um des Menschen Sünden, hat uns eine Handschrift gemacht, daß er unser nimmer vergessen mag. Jegliche Handschrift schreibt man auf Kalbfell oder auf Schaffell (Pergament); da schrieb der allmächtige Gott seine Handschrift auf seine eigenen Haut, darauf mancher bitterlicher Schlag geschah. Und also ward mit Geißeln und mit Schlägen auf seine Haut geschlagen und geschrieben, daß er für den Sünder gebüßt hat. Und da seine zarte Haut also überschrieben ward, daß er des Menschen Sünden gebüßt hätte, da ließ er sich hoch auf an das Kreuz hängen, daß wir die Handschrift immer ansehen und aller Welt anzuschauen wäre, und hingen da fünf Siegel dran, das sind seine heiligen fünf Wunden. Die Handschrift muss nur immer stete sein. Und davon sprach Jeremias: „Es wird eine Handschrift aufgehängt mit sieben Siegeln.“ Das war das Lamm, das die Marter da litt um der Sünder willen, und darum mag er des Sünders nimmer vergessen, und wir sollen auch diese Handschrift nimmermehr vergessen. Amen.“ –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 4 Oktober bis Dezember, 1872, S. 442 – S. 447

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