Wenn Gemeinden ohne katholische Seelsorger sind
III. Wie man sich zur Zeit der Krankheit und beim Herannahen des Todes verhalten soll.
1. Solltest du in eine ernstliche Krankheit fallen, dann erschrick nicht, sondern erhebe dein Herz gleich zu Gott, ohne dessen Willen kein Haar von unserm Haupt fällt. Was Gott tut, das ist wohlgetan. Krankheiten sind Gnaden, der Tod ist unser Freund, der uns zu Gott ins himmlische Vaterland führt. Ist nicht auch Jesus gestorben? Sind nicht Maria, die Heiligen, die auserwählten alle durch den Tod ins ewige Leben eingegangen?
2. Säume nicht mit dem Empfang der hl. Sakramente, wenn Gelegenheit dazu ist. Ist aber kein Priester zu haben, so setze ein unbegrenztes Vertrauen in die Barmherzigkeit Gottes; erblicke in Gott deinen gütigsten Vater, in Jesus deinen liebevollsten Erlöser, in Maria deine zärtlichste Mutter. Die heilige Beichte und Ölung muss in diesem Fall durch die vollkommene Reue, die heilige Wegzehrung durch die geistliche Kommunion ersetzt werden; der Sterbe-Ablass bleibt, wenn du solche Bedingungen erfüllt hast, für welche derselbe verliehen ist. Erwecke alsdann zuerst und vor Allem eine wahre Liebesreue (siehe: Litanei von der Liebesreue) über deine im ganzen Leben begangenen Sünden mit dem Verlangen nach dem hl. Bußsakrament, bitte um Verzeihung durch Jesu Blut und Kreuzestod: dadurch sicherst du dir die heiligmachende Gnade. Solche Reue kann, wie nachher zu zeigen, bloß in Gedanken und in kurzen herzlichen Seufzern erweckt werden. Hierauf erwecke in dir eine große Sehnsucht nach der heiligen Wegzehrung; bitte Jesum, er möge doch geistiger Weise zu dir kommen, da du ihn nicht wirklich empfangen kannst. Eine recht glühende geistliche Kommunion bringt oft größere Gnaden, als eine mit nur gewöhnlicher Andacht empfangene wirkliche Kommunion. Sodann bitte Gott noch um die Gnade des Sterbe-Ablasses, und um ihn zu gewinnen, opfere Gott dein Leben auf, erkläre dich bereit zu sterben, wenn es so sein heiligster Wille ist; nimm im Voraus alle Leiden des Todeskampfes wie aus Gottes Hand willig an als Buße für deine Sünden; rufe mit großem Vertrauen den heiligsten Namen Jesus mit dem Munde oder, wenn du es mit dem Munde nicht mehr kannst, doch mit dem Herzen an. Alsdann überlaß dich ganz der Barmherzigkeit Gottes: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!“
Die angedeuteten Übungen nebst Glaube, Hoffnung und Liebe sind als die wichtigsten sofort zu erwecken und im Verlauf der Krankheit öfters zu wiederholen. Die werden dir alsdann um so leichter sein, wenn du sie in gesunden Tagen fleißig verrichtest hast.
3. Hast du noch Verpflichtungen zu erfüllen, z. B. Aussöhnung, Rückerstattung, dann tue es gleich. Ordne auch alsbald deine zeitlichen Angelegenheiten, wenn solches noch nicht geschehen ist. Empfindest du Angst vor dem Tode, weil du deinen Ehegatten, deine Kinder, deine Angehörigen verlassen musst, dann habe Gottvertrauen; empfiehl sie dem himmlischen Vater, er wird für sie sorgen. Kommt dir eine Versuchung gegen den Glauben, dann sprich gleich: „Ich glaube Alles, was die heilige katholische Kirche lehrt, in diesem heiligen Glauben will ich leben und sterben!“ Befällt dich Kleinmut und Verzagtheit wegen der Menge deiner Sünden, dann denke an die unermessliche Barmherzigkeit Gottes: „So wahr ich lebe, spricht der Herr, ich will nicht den Tod des Sünders (d.i. seinen ewigen Tod), sondern daß er sich bekehre und lebe“. Bete darum voll Vertrauen: „Erbarme dich meiner, o Gott, nach deiner großen Barmherzigkeit; und nach der Menge deiner Erbarmungen tilge aus meine Missetaten!“ Blicke auf das Kreuz, sprich zu Jesus: „O du Lamm Gottes, welches du hinweg nimmst die Sünden der Welt, erbarme dich meiner, nimm auch meine Sünden hinweg!“ Rufe Maria an, die Mutter der Barmherzigkeit, die Zuflucht der Sünder: „Gedenke, o gütigste Jungfrau Maria, es sei noch nie erhört worden, daß Jemand, der zu dir seine Zuflucht nahm, verlassen worden sei! O Mutter, verlaß auch mich nicht!“
4. Bringe die Zeit deiner Krankheit nicht mit unnützen Gesprächen oder mit einer übertriebenen Sorgfalt für die Gesundheit des Leibes zu. Unterhalte dich mit Gott, sorge für deine Seele. Beschäftige dich meistens mit Übungen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, der herzlichsten Reue und des Vertrauens, der Geduld und Ergebung in Gottes heiligsten Willen; erwecke in dir ein großes Verlangen nach dem Himmel, indem du mit Paulus seufzest: „Ich verlange aufgelöst zu werden und bei Christo zu sein.“ Bete die Bußpsalmen, eine Litanei, den Rosenkranz; lies in einem geistlichen Buch oder laß dir daraus vorlesen, besonders vom Leiden Christi.
5. Kannst du dich wegen Schwäche oder Schmerzen nicht viel mit Beten und Lesen anstrengen, dann erhebe um so öfter dein Gemüt zu Gott durch kurze herzliche Seufzer und Stoßgebetlein. Sorge, daß du ein Kruzifix habest, wo möglich ein solches, welches für dich mit Sterbe-Ablass versehen ist. Nimm es in deine Hand, drücke es oft an deine Lippen, an dein Herz, wobei du z. B. sprechen kannst: „Jesus, mein Gott! Ich liebe dich über Alles (50 Tage Ablass). „Mein Jesus, Barmherzigkeit! (100 T. A.) – „Süßester Jesus, sei mir nicht Richter, sondern Erlöser!“ (50 T. A.) – Oder rufe wenigstens den Namen Jesus an. – Empfiehl dich in die hl. Wunden deines Heilandes, verbirg dich in seinem göttlichen Herzen, welches eine Zufluchtsstätte für die Sterbenden ist. Bereinige deine Leiden und deinen Tod mit Jesu Leiden und Jesu Tod als Sühnung für deine Sünden. „O Jesus dir leb` ich! O Jesus, dir sterb` ich!“ – „O Jesus, sei mir gnädig! O Jesus, sei mir barmherzig!“
Rufe Maria an, sie hat ein Mutterherz. „Süßes Herz Mariä, sei meine Rettung!“ (300 T. A.) Befiehl dich dem hl. Joseph, dem Patron der Sterbenden. „Jesus, Maria, Joseph! Euch schenke ich mein Herz und meine Seele. – Jesus, Maria, Joseph! Steht mir bei im letzten Todeskampfe. – Jesus, Maria, Joseph! Möge meine Seele mit euch in Frieden von hinnen scheiden.“ (100 T. A. Für jede dieser drei Anrufungen) – Bitte deinen hl. Schutzengel, deinen Namenspatron um ihren Beistand. (siehe dazu auch die Abendgebete)
Wenn die Kräfte dich ganz verlassen und du nicht mehr beten kannst, dann drücke das Kruzifix fest an dich und rufe wenigstens im Herzen die Namen Jesus und Maria an. Diese heiligsten Namen mögen als letzter Seufzer auf deinen Lippen schweben, das Kreuz sei dein Reisestab, die brennende Sterbekerze leuchte dir voran in die Ewigkeit als ein Zeichen, daß du den hl. Glauben, den du in der Taufe empfangen, treu bis ans Ende bewahrt hast!
O möchtest du im Tode mit Paulus sprechen können: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt!“ Dann wirst du auch wie er, die hinterlegte Krone der Gerechtigkeit empfangen. „Sei getreu bis in den Tod, spricht der Herr, und ich werde dir geben die Krone des Lebens!“ Geh. Off. 2. – „Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit dir, zu geben einem Jeden nach seinen Werken. Ja, ich komme bald! Amen, ja komm Herr Jesu!“ Das. 22. –
aus: Gemeinden ohne Seelsorger, Der Tod ohne Priester. Die vollkommene Reue. Ein Lehr- und Trostbüchlein für römisch-katholische Christen, Mit kirchlicher Approbation, 2. Auflage, 1874, S. 26-29