Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Herz Mariä
Herz Mariä, Titel eines kirchlichen Festes und mehrerer Erzbruderschaften. Gegenstand der kirchlichen Verehrung des Herzens Mariä ist den authentischen Dokumenten gemäß „das reinste Herz“ der Gottesmutter, also das wahre, lebendige Herz Mariens als natürliches Symbol ihres reinsten Strebens und besonders ihrer reinsten, glühendsten Liebe zu Gott und den Menschen. Zweck dieser Verehrung ist nicht nur, die Verehrung Mariens überhaupt zu befördern, sondern namentlich durch den Hinblick auf ihre Liebe, himmlische Schönheit und Herrlichkeit unser Vertrauen auf ihre Mittlerschaft zu vermehren und uns zur innigen, wirksamen Liebe und Nachahmung ihres Herzens zu führen.
Die Geschichte dieser Andacht gleicht in Vielem der Geschichte der Herz-Jesu-Verehrung. Wie hier finden wir auch dort vor Einführung ihrer jetzigen kirchlichen Form deutliche Spuren dieser Verehrung. Aber in ausgedehnterer Weise trat sie erst im 17. Jahrhundert auf. Vor Allem war es P. Eudes (gest. 1680), welcher die Andacht zu verbreiten suchte. Unter dem Titel der heiligsten Herzen Jesu und Mariä stiftete er verschiedene Bruderschaften, welche hauptsächlich Beförderung der Andacht zum heiligen Herzen Mariä bezweckten. Zur Verbreitung derselben trug sein Werk Le coeur admirable de la très-sacrée Mère de Dieu, Caen 1681, besonders bei.
Um die nämliche Zeit arbeitete an der Ausbreitung der Andacht P. Johannes Pinamonti SJ (gest. 1703) sowohl durch seine Predigten, wie durch sein Werk Il sacro cuore di Maria Vergine. Im Jahre 1669 wurde an Papst Klemens IX. die Bitte gestellt, das Fest zu Ehren des heiligen Herzens Mariä mit eigener Messe und eigenem Offizium zu bewilligen. Obige zwei Werke boten den Bittstellern die inneren Gründe für ihr Gesuch. Doch wurde durch Dekret der S.C.R. Vom 8. Juni 1669, dann wieder 1726 unter Benedikt XIII., bei welchem P. Gallifet die feierliche Bestätigung der Andacht zum heiligen Herzen Mariä, zugleich mit der vom heiligsten Herzen Jesu, als postulator causae zu erlangen suchte, diese Bitte noch nicht bewilligt, weil die Angemessenheit noch nicht genügend nachgewiesen worden. Dies hinderte aber nicht, daß der Papst immer von Neuem Sodalitäten unter obigem Titel errichten und mit Ablässen versehen ließ. Im Jahre 1765 gab es schon 100 solcher Bruderschaften an den verschiedensten Orten (Nilles, De rationibus fest. SS. Cord., ed. 5, I, 560).
Durch die 1765 erfolgte kirchliche Bestätigung der Herz-Jesu-Andacht erhielt auch die Andacht zum herzen Mariä eine bedeutende Stütze. Zu Ehren beider Herzen wurden Bilder angefertigt und zur öffentlichen Verehrung ausgestellt, Altäre an vielen Orten errichtet. Aber erst Pius VI. gestattete mehreren Ordensgenossenschaften und dem Klerus von Palermo die Feier des Festes. Pius VII. gewährte durch Dekret S.C.R. vom 31. August 1805 dem P. Salv. Bongi, General der Kongregation von der Mutter Gottes (gest. 1839), die Feier des Festes mit Tagzeiten und Messe (vom 5. August und den Lesungen der II. Nocturn vom fünften Tage der Oktav von Mariä Geburt) und versprach allen das nämliche Privileg, welche es vom heiligen Stuhl erbitten würden. Zuerst wurde das Fest am dritten Sonntag nach Pfingsten gefeiert, dann aber, auf Bitten der Kapuziner und Eremiten vom hl. Augustin 2. September 1807, am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt. Auch erhob Pius VII. (20. Dezember 1806) die Bruderschaft vom heiligen Herzen Mariä in Rom zu einer Erzbruderschaft, mit welcher andere Bruderschaften dieses Namens verbunden sein sollten. Pius IX. endlich gestattete das Fest als festum duplex majus mit eigener Messe und Offizium zu Ehren „des reinsten Herzens der seligen Jungfrau Maria“.
Die Erzbruderschaft des heiligen und unbefleckten Herzens Mariä zur Bekehrung der Sünder hat sehr zur Hebung dieser Andacht beigetragen. Am 3. Dezember 1836 entwarf Desgenettes, Pfarrer an der Kirche Unserer Frau von den Siegen (N. D. des Victoires) in Paris, den Plan zu dem Verein, am 10. Dezember bestätigte Erzbischof de Quelen seine Statuten, am 11. Dezember hielt Desgenettes die erste Versammlung, und Gott verband gleich anfangs so große Segnungen wahrer Bekehrung mit dem Verein, daß Gregor XVI. am 24. April 1838 denselben zur Erzbruderschaft erhob, mit dem Recht, überall Bruderschaften desselben Namens und Zweckes sich einzuverleiben und mit seinen Rechten und Ablässen zu versehen.
Der besondere Zweck der Erzbruderschaft ist, durch die Andacht zum Herzen Mariä die Bekehrung der Sünder von Gott zu erflehen, und die Annalen erzählen von den überreichen Erbarmungen, welche durch diese Andacht selbst den verstocktesten Sündern zu Teil wurden. Mitglied der Erzbruderschaft wird man dadurch, daß man sich entweder zu Paris in die Erzbruderschaft selbst oder sonst in die Bruderschaft, die an irgend einem Orte kanonisch errichtet und der Erzbruderschaft von U.L.F. von den Siegen einverleibt ist, aufnehmen und in ihre Liste einschreiben läßt. Andere ohne ihr Wissen und Wollen aufnehmen zu lassen, ist nicht erlaubt. Für die Aufnahme ist nichts zu errichten. Jedes Mitglied betet täglich ein Gegrüßet seist du Maria zu den Zwecken der Erzbruderschaft. Pius IX. begrüßte den Verein als „eine Eingebung des Himmels, als ein Werk Gottes, als eine Hilfsquelle der Kirche.“
Näheres über Entstehung, Zweck, Pflichten, Ablässe der Erzbruderschaft siehe im Manuel d`instructions et de prières à l`usage des membres de l`Archiconfrérie etc. par Desgenettes (deutsch übersetzt bei Benzinger, Einsiedeln); Der große Gebetsverein vom heiligen und unbefleckten Herzen Mariä, Paderborn (Schöningh) 1868. Über die bei der Aufnahme überreichte sog. „wundertätige Medaille“ s. Schmude, Das reinste Herz 244ff. (Vgl. Nilles SJ, De rationibus festorum SS. Cord. Jesu et puriss. Cordis Mariae, ed. 5, Oenip. 1885; Schmude SJ, Das reinste Herz der heiligen Jungfrau und Gottesmutter Maria, Wien 1875; Dr. Martin, Die Schönheit des Herzens Mariä, 2. Aufl., Mainz 1879; Hesping SJ, Das Herz Mariä in seiner Schönheit und Verehrung, Dülmen 1875) –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 5, 1888, Sp. 1927 – Sp. 1930